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Dreizehn bei Tisch

Dreizehn bei Tisch

Titel: Dreizehn bei Tisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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bestätigen, dass die gestrige Besucherin Lady Edgware war.«
    »Das bestätige ich Ihnen bereits zum dritten Mal. Ja, sie war es, Inspektor. Darüber kann gar kein Zweifel herrschen. Ich sah sie mit meinen eigenen Augen.«
    »Wo haben Sie sie gesehen, Mademoiselle?«
    »In der Halle. Sie wechselte ein paar Worte mit dem Butler, durchschritt dann die Halle und betrat die Bibliothek.«
    »Und wo standen Sie selbst?«
    »Ich schaute vom ersten Stock herunter.«
    »Mademoiselle, Sie sind absolut sicher, dass Sie sich nicht irren?«
    »Ja, das bin ich. Ich sah ihr Gesicht ganz deutlich.«
    »Und Sie ließen sich nicht durch eine Ähnlichkeit täuschen?«
    »Nein. Jane Wilkinsons Züge sind einzigartig. Sie war es – glauben Sie mir.«
    Japp warf Poirot einen Blick zu, der, in Worte gefasst, etwa besagt haben würde: »Na, da haben Sie es!«
    »Hatte Lord Edgware irgendwelche Feinde?«, fragte mein Freund.
    »Unsinn!«, entschied Miss Carroll.
    »Unsinn? Wieso, Mademoiselle?«
    »Feinde! Heutzutage haben die Leute keine Feinde. Zumindest bei uns in England nicht!«
    »Nichtsdestoweniger wurde Lord Edgware ermordet.«
    »Das tat seine Gattin.«
    »Eine Gattin ist kein Feind, eh?«
    »Ah, in unserer Gesellschaftsschicht ist das etwas Unerhörtes.«
    Nach Miss Carrolls Ansicht wurden Morde offenbar nur von betrunkenen Angehörigen der unteren Klassen verübt.
    »Wie viele Hausschlüssel sind vorhanden?«
    »Zwei«, erwiderte Miss Carroll prompt. »Lord Edgware pflegte den einen immer in der Tasche zu haben, während der andere in der Halle liegt. Einen dritten Schlüssel verlor liederlicherweise Captain Marsh seinerzeit.«
    »Verkehrt Captain Marsh viel im Haus?«
    »Bis vor drei Jahren lebte er mit uns zusammen.«
    »Und warum zog er fort?«
    »Ich weiß es nicht. Vermutlich vertrug er sich mit seinem Onkel nicht.«
    »Mademoiselle, sollten Sie über diesen Punkt nicht etwas mehr wissen?«, entgegnete Poirot freundlich.
    Sie warf ihm einen spitzen Blick zu.
    »Ich bin keine Plaudertasche, Monsieur Poirot.«
    »Trotzdem könnten Sie etwas zu den Gerüchten über einen Streit zwischen Onkel und Neffe sagen.«
    »So ernst war der Streit nicht. Lord Edgware hatte eben einen schwierigen Charakter.«
    »Ah, sogar Sie sagen das?«
    »Ich spreche nicht von mir, Monsieur Poirot; ich habe nie irgendwelche Schwierigkeiten mit Lord Edgware gehabt.«
    »Captain Marsh hingegen…«, wollte mein Freund sie zu weiteren Enthüllungen veranlassen.
    Miss Carroll zuckte die Achseln.
    »Ihm saß das Geld sehr locker in der Tasche; er geriet in Schulden. Aber der Grund, weshalb ihm Lord Edgware das Haus verbot, muss ein anderer gewesen sein. Mehr weiß ich nicht.«
    Ihr Mund schloss sich zu einem schmalen Strich. Augenscheinlich beabsichtigte sie, nichts mehr zu sagen.
    Das Zimmer, in dem wir uns unterhielten, lag im ersten Stock. Als wir es verließen, fasste Poirot meinen Arm.
    »Halt, Hastings. Seien Sie so nett, hier oben zu bleiben, Japp und mich zu beobachten, wenn wir in die Bibliothek gehen, und uns dorthin nachzukommen.«
    Schon lange habe ich es aufgegeben, Hercule Poirot mit Fragen zuzusetzen, die mit warum beginnen. Tu hübsch und brav nur deine Pflicht, und plage dich mit Fragen nicht! – Dieses Verslein schien man eigens für mich ersonnen zu haben. Darum blieb ich folgsam stehen und guckte über das Geländer.
    Zuerst gingen mein Freund und Japp zu der Haustür, die außerhalb meines Gesichtskreises lag. Dann tauchten sie wieder auf, mit langsamem Schritt die Halle durchquerend, und mein Auge haftete an ihren Rücken, bis sie in der Bibliothek verschwunden waren. Um die mir gestellte Aufgabe ganz gewissenhaft zu erledigen – auch wenn ich ihren Sinn nicht begriff –, wartete ich noch eine weitere Minute, ehe ich treppab lief und mich wieder zu ihnen gesellte.
    Lord Edgwares Leichnam hatte man natürlich schon entfernt. Die Vorhänge waren zugezogen, und Licht brannte. Poirot und Japp standen mitten im Zimmer und schauten umher.
    »Nichts hier!«, hörte ich den Inspektor gerade sagen. Und der kleine Belgier erwiderte mit einem Lächeln: »Freilich, weder die Zigarettenasche noch die Fußspur oder ein Damenhandschuh – und nicht einmal der leichte Hauch eines Parfüms. Nichts von dem, was in Detektivromanen zu finden ist.«
    Ich meldete, was ich oben an der Treppe beobachtet hatte.
    »Alles in Ordnung, Poirot. Wenn Sie vielleicht gedacht haben, dass der Butler oder sonst jemand vom Personal Ihnen nachspähte, so irren Sie

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