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Dreizehn bei Tisch

Dreizehn bei Tisch

Titel: Dreizehn bei Tisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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so weit, dass sie davon redet, ihn umbringen zu wollen. Nicht nur Sie und ich haben dies gehört. Ein Kellner hörte es, die Haushälterin wird es wohl verschiedentlich gehört haben, ferner Martin Bryan und wahrscheinlich auch Carlotta Adams. Rechnen Sie nun noch jene hinzu, denen es diese Leute weitergesagt haben. Ferner wurde an jenem Abend darüber gesprochen, wie unübertrefflich Carlotta Adams ihre berühmte Kollegin nachzuahmen verstünde. Wer aber hatte einen Grund, Lord Edgware zu töten? Seine Frau.
    Nehmen wir nun einmal an, dass noch jemand anders Lord Edgware aus dem Weg räumen wollte. Welch herrlichen Sündenbock beschert ihm da das Schicksal! An dem Tag, als Jane Wilkinson verkündet, dass sie wegen einer heftigen Migräne den Abend ungestört für sich bleiben wolle, wird der Plan in die Tat umgesetzt.
    Lady Edgware muss gesehen werden, wie sie das Haus in Regent Gate betritt. Eh bien, sie wird gesehen. Sie enthüllt sogar dem Butler gegenüber ihre Identität. Ah, c’est un peu trop, ça! Selbst ein Blinder müsste da Argwohn schöpfen.
    Und ein anderer Punkt – zugegeben, ein sehr winziger Punkt. Die Frau, die gestern Abend bei Lord Edgware eindrang, war schwarz gekleidet. Jane Wilkinson aber trägt niemals Schwarz, wie wir aus ihrem eigenen Mund vernommen haben. Wenn nun jene geheimnisvolle Besucherin nicht Jane Wilkinson war, sondern eine Frau, die vorgab, Jane Wilkinson zu sein – hat jene Frau dann Lord Edgware getötet?
    Oder stahl sich eine dritte Person ins Haus und vollbrachte die Tat? Erschien sie vor oder nach dem Besuch der vermeintlichen Lady Edgware? Wie erklärte die Frau überhaupt Lord Edgware ihre Gegenwart? Den Butler, der sie nicht genügend kannte, und die Sekretärin, die sie nicht aus nächster Nähe sah, vermochte sie irrezuführen; sie durfte aber wohl kaum hoffen, dass ihr dies auch bei dem Lord gelingen würde. Oder hat sie etwa in der Bibliothek nur noch eine Leiche angetroffen? Ist Lord Edgware bereits vor ihrer Ankunft getötet worden – etwa zwischen neun und zehn?«
    »Halt, Poirot!«, schrie ich. »Mir brummt schon der Kopf!«
    »Nein, nein, mein Freund. Wir zählen nur die Möglichkeiten auf. Das gleicht dem Anprobieren von Kleidern. Passt dies hier? Nein, es schlägt Falten an der Schulter. Dies vielleicht? Ja, das passt besser. Wieder ein anderes ist zu kurz. Und so fort bis wir die genaue Passform treffen: die Wahrheit.«
    »Wem trauen Sie ein solch teuflisches Vorgehen zu?«
    »Langsam, mon ami, so schnell lässt sich das nicht sagen. Man muss weiter schürfen, wer wohl Interesse an Lord Edgwares Tod hat. Da ist naturgemäß der Neffe, der ihn beerbt. Und trotz Miss Carrolls entschiedener Erklärung muss man auch mit Feinden rechnen. Haben Sie bei unserer Unterredung mit Lord Edgware nicht den Eindruck gewonnen, dass er ein Mann war, der sich sehr leicht Feinde gemacht haben dürfte?«
    »Ja, unbedingt.«
    »Eins steht jedenfalls fest: dass der Mörder sich sehr sicher gefühlt hat. Bedenken Sie, Hastings, dass Jane Wilkinson ohne ihre Sinnesänderung in allerletzter Minute kein Alibi hätte. Der Beweis, dass sie sich aus ihren Räumen im Hotel Savoy nicht entfernte, würde schwierig, wenn nicht unmöglich gewesen sein. Man hätte sie verhaftet – und wahrscheinlich verurteilt.«
    Mir rann ein eisiger Schauer über den Rücken.
    »Aber etwas verursacht mir Kopfzerbrechen«, fuhr mein Freund fort. »Der Wunsch, sie zu belasten, ist klar erkennbar – doch wie steht es mit dem telefonischen Anruf? Warum verlangte sie jemand zu sprechen, der – nachdem er sich von ihrer Anwesenheit vergewissert hatte – unverzüglich einhängte? Das geschah gegen halb zehn, mithin vor dem Mord. Der Anruf kann doch nur aus wohlmeinender Absicht erfolgt und nicht vom Mörder ausgegangen sein, der alle Fäden gesponnen hatte, um Jane zu beschuldigen. Wer also rief an?«
    Ich schüttelte den Kopf, völlig verwirrt.
    »Vielleicht war es ein bloßer Zufall«, wagte ich einzuwerfen, »ein zufälliges Zusammentreffen.«
    »Nein, nein. Alles und jedes kann nicht ein einfaches Zusammentreffen gewesen sein. Sechs Monate zuvor wurde ein Brief unterschlagen. Weshalb?« Er seufzte. »Oh, es sind noch viele Punkte zu klären! Erinnern Sie sich nur an jene Geschichte, die Martin Bryan uns erzählte…«
    »Mein lieber Poirot, die hat gewiss nichts mit diesem Mordfall zu schaffen.«
    »Sie sind blind, Hastings, blind und vorsätzlich begriffsstutzig. Sie hat damit zu schaffen, und wenn wir

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