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Dreizehn bei Tisch

Dreizehn bei Tisch

Titel: Dreizehn bei Tisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Nebenzimmer hereingekommen war, würdigte Poirot kaum eines Blicks.
    »Man pflegt einmal getroffene Verabredungen nicht in letzter Minute rückgängig zu machen, gnädige Frau. Sie tun das ohnehin viel zu gern, und immer verzeihen es die Leute selbst Ihnen nicht; sie werden mürrisch und verstimmt.«
    Jane nahm den Hut, den sie bei unserem Eintritt probiert hatte, und setzte ihn sich wieder auf das gewellte Haar.
    »Ich hasse Schwarz«, jammerte sie. »Aber als züchtige Witwe habe ich keine Wahl. Scheusale sind diese Hüte insgesamt. Ruf die andere Modistin an, Ellis. Ich kann doch nicht als Vogelscheuche herumlaufen!«
    Und während sie ihre Befehle erteilte, stahlen mein Freund und ich uns leise aus der Tür.

7
     
    E ine Stunde später ließ sich Inspektor Japp wieder bei uns blicken. Er warf seinen Hut auf den Tisch und verfluchte sich und seinen Beruf.
    »Haben Sie Nachforschungen angestellt?«, fragte mein Freund teilnahmsvoll.
    Japp nickte düster.
    »Sofern nicht fünfzehn Personen lügen, kommt sie als Täterin nicht infrage.« Er lachte grimmig auf. »Und dabei schien es anfänglich klipp und klar zu sein, dass niemand als sie Lord Edgware getötet haben konnte. Sie ist die einzige Person, die Grund dazu hatte.«
    »Das dünkt mich ein wenig vorschnell geurteilt. Mais continuez.«
    »Ja, ich glaubte an eine abgekartete Sache, Monsieur Poirot. Dies Theatervolk hält ja wie Pech und Schwefel zusammen, wenn es einen der ihrigen zu schützen gilt. Aber so liegen die Verhältnisse hier nicht. Die Gäste Sir Montague Corners waren alle große Tiere; keiner von ihnen unterhielt mit Jane Wilkinson freundschaftliche Beziehungen, einige lernten sie erst gestern Abend kennen. Ihr Zeugnis ist unabhängig und glaubwürdig. Dann klammerte ich mich immer noch an die Hoffnung, dass sie eine halbe Stunde heimlich weggeschlichen sein könnte – Vorwände hätte sie schon gefunden: die Nase zu pudern, die Lippen zu malen… Aber nein – sie stand tatsächlich nur vom Tisch auf, um einen Telefonanruf entgegenzunehmen, wobei der Butler sie begleitete, neben ihr wartete und so Zeuge der gewechselten Worte wurde. Und der Mann bestätigt bis in die kleinsten Einzelheiten die Darstellung Lady Edgwares.«
    »Wer hat angerufen – ein Mann oder eine Frau?«
    »Wenn ich nicht irre, eine Frau.«
    »Sonderbar!«
    »Kümmern wir uns nicht um Nebensächlichkeiten!«, sagte Japp ungeduldig. »Also der ganze Abend verlief genau so, wie sie ihn uns geschildert hat. Um Viertel vor neun erschien sie, blieb bis halb zwölf und fuhr eine Viertelstunde später vor dem Savoy vor. Ich habe den Chauffeur darüber befragt, und nicht nur er, sondern auch die Angestellten des Hotels geben die gleichen Zeiten an.«
    »Eh bien, das ist doch überzeugend genug.«
    »Aber die beiden in Regent Gate? Es handelt sich nicht nur um den Butler. Auch Lord Edgwares Sekretärin hat sie gesehen. Beide schwören bei allem, was ihnen heilig ist, dass es Lady Edgware gewesen sei, die um zehn Uhr das Haus betrat.«
    »Wie lange bekleidet der Butler sein Amt schon?«
    »Sechs Monate. Übrigens ein hübscher Bursche.«
    »Auffallend hübsch. Wenn er aber erst sechs Monate dort dient, kann er Lady Edgware nicht erkannt haben, weil er sie zuvor nie gesehen hat.«
    »Er kennt sie von den Bildern in den Illustrierten. Und die Sekretärin kennt sie auf jeden Fall, da sie ihren Posten bereits fünf oder sechs Jahre innehat.«
    »Ah, mein lieber Japp, würden Sie es mir verargen, wenn ich die Sekretärin einmal sprechen möchte?«
    »Nicht im Geringsten. Warum wollen Sie nicht auf der Stelle mit mir kommen?«
    »Mit Vergnügen, mon ami. Ihre Einladung bezieht sich doch hoffentlich auch auf Hastings?«
    Japps Mund verzog sich zu einem breiten Lachen.
    »Natürlich. Wohin der Herr geht, dorthin folgt ihm der Hund«, erwiderte er, und ich fand, dass seine Bemerkung sich nicht durch allzu großen Takt auszeichnete.
    »Das Ganze erinnert mich an den Elisabeth-Canning-Fall«, fuhr der Inspektor fort. »Entsinnen Sie sich, wie auf jeder Seite wenigstens sechzig beschworen, dass sie die Zigeunerin Mary Squires an zwei ganz verschiedenen Orten Englands gesehen hätten? Darunter Zeugen mit einwandfrei gutem Leumund. Und das Frauenzimmer hatte solch eine scheußliche Fratze, dass es kaum eine Doppelgängerin von ihr gegeben haben kann. Nie ist jenes Geheimnis geklärt worden. Und hier in unserem Fall? Da sind eine ganze Schar Leute bereit zu beschwören, dass ein und dieselbe Frau

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