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Dreizehn bei Tisch

Dreizehn bei Tisch

Titel: Dreizehn bei Tisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Genüge, um mir beizustimmen, dass es eine durchaus ehrbare, solide Stadt ist, Monsieur Poirot. Und außerdem ist Carlotta nie das leichtsinnige Mädchen gewesen, das Ihnen im Augenblick wohl vorschwebt.«
    »Natürlich, Mademoiselle. Nun noch etwas Wichtiges: Gab es in Miss Adams’ Leben irgendeinen Mann, für den sie sich besonders interessierte?«
    »Darauf heißt die Antwort nein«, sagte Jenny langsam. »Solange ich Carlotta kenne, ging sie auf in ihrer Arbeit und in der Liebe zu ihrer jüngeren Schwester. Die Idee, dass sie das Familienoberhaupt sei, auf dessen Schultern Verantwortung und Pflichten ruhten, beherrschte sie fortwährend. Also, streng genommen muss ich Ihnen antworten: nein. Ist Ihnen mit bloßen Vermutungen gedient, Monsieur Poirot? Dann will ich Ihnen gestehen, dass ich in letzter Zeit manchmal stutzte, weil sie mir im Wesen etwas verändert vorkam. Nicht eigentlich verträumt – eher zerstreut. Ach, ich kann das nicht mit dürren Worten erklären. Es ist eben das, was eine andere Frau rein gefühlsmäßig empfindet – und es mag auch sein, dass ich mich täuschte.«
    Poirot nickte.
    »Ich danke Ihnen, Mademoiselle. Ah… nun muss ich Sie mit noch einer Frage belästigen. Gab es unter Miss Adams’ Freunden eine Person, deren Name mit D beginnt?«
    »D?«, sprach Miss Driver ihm nach. »D? Tut mir leid. Da fällt mir niemand ein.«

11
     
    I ch glaube nicht, dass Poirot eine andere Antwort auf seine Frage erwartet hatte, dennoch schüttelte er traurig den Kopf und starrte geistesabwesend vor sich hin.
    Jenny Driver, die Ellbogen auf die Tischplatte gestützt, gönnte ihm Zeit, aber nach einer Weile sagte sie: »Bekomme ich nun auch etwas zu hören?«
    »Mademoiselle, erst einmal möchte ich Ihnen mein Kompliment aussprechen für die kluge und verständige Beantwortung meiner Fragen. Wenn Sie mich nun fragen, ob Sie etwas zu hören bekommen, so muss ich erwidern: leider nicht sehr viel. Einige wenige nackte Tatsachen will ich Ihnen aber erzählen.«
    Er schwieg und fuhr nach ein paar Sekunden im Ton eines sachlichen Berichterstatters fort:
    »Gestern Abend wurde Lord Edgware in seiner Bibliothek ermordet. Um zehn erschien eine Dame, von der ich vermute, dass es Ihre Freundin gewesen ist, verlangte Lord Edgware zu sprechen und stellte sich selbst als Lady Edgware vor. Sie trug eine goldhaarige Perücke und war mittels raffinierter Toilettenkünste bis zum Verwechseln Lady Edgware ähnlich, deren Bühnenname, wie Sie wissen werden, Jane Wilkinson ist. Miss Adams – sofern sie es war – blieb nur kurze Zeit; schon knapp zehn Minuten nach zehn verließ sie das Haus in Regent Gate wieder, kehrte aber erst nach Mitternacht heim, wo sie sich, nach dem Einnehmen einer Überdosis Veronal, schlafen legte. Jetzt wird Ihnen vielleicht Sinn und Zweck meiner vielen Fragen klar, Mademoiselle.«
    Jenny atmete tief ein.
    »Ja«, sagte sie. »Und ich glaube, dass Sie mit Ihrer Vermutung das Richtige getroffen haben. Ich meine, dass die abendliche Besucherin Carlotta gewesen ist. Denn erstens kaufte sie sich gestern bei mir einen Hut, und zweitens hob sie ausdrücklich hervor, dass sie einen brauche, der die linke Seite ihres Gesichtes schütze.«
    Hier muss ich ein paar erklärende Worte einschalten, da ich nicht weiß, wann dieses Buch gelesen werden wird. Ich habe während meines Lebens mancherlei Hutmoden gesehen – die Glocke, die das Gesicht der Trägerin so restlos beschattete, dass man bei dem Versuch, eine Freundin zu erkennen, in Verzweiflung geriet. Den nach vorn geneigten Hut, den Hut, der verwegen auf der Spitze einer ausladenden Frisur schwebte, das Barett, die Toque und manche andere Spielarten. In diesem Juni glich der Hut einem umgekehrten Suppenteller, klebte über einem Ohr und gab die andere Seite des Gesichts und des Haares preis.
    »Gewöhnlich werden diese Hüte auf der rechten Kopfhälfte getragen, nicht?«, warf mein in Modesachen ziemlich beschlagener Freund hin, worauf die Modistin bestätigend nickte.
    »Immerhin führen wir stets auch etliche Formen für die linke Seite«, erläuterte sie. »Weil es nämlich Damen gibt, die ihr rechtes Profil hübscher finden als das linke oder die den Scheitel immer links tragen. Haben Sie denn irgendeine Vermutung, weshalb Carlotta entgegen ihrer sonstigen Haartracht die linke Gesichtshälfte zu verbergen wünschte?«
    Ich entsann mich sofort, dass die Tür von Lord Edgwares Haus nach links aufging, sodass der Butler jeden Eintretenden von

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