Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dreizehn bei Tisch

Dreizehn bei Tisch

Titel: Dreizehn bei Tisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
er noch immer wie eine Bildsäule auf demselben Fleck verharrte, »wollen wir nicht lieber weitergehen? Die Leute starren schon.«
    »Eh? Ach so, weitergehen – nun meinetwegen, obwohl es mich nicht im Mindesten belästigt, wenn die Leute starren. Es beeinträchtigt auch meine Gedankenarbeit nicht.«
    »Poirot, man beginnt schon zu lächeln.«
    »Was tut’s?«
    Ich stimmte hierin nicht mit ihm überein. Von jeher habe ich eine Abscheu davor gehabt, aufzufallen. Aber das einzige, was Poirot aus dem Gleichgewicht wirft, ist die Möglichkeit, dass sein berühmter Schnurrbart leiden könnte.
    »Wir wollen ein Taxi nehmen«, raffte mein Freund sich endlich auf. Und gleich darauf gab er einem Chauffeur Anweisung, uns in die Moffat Street zu fahren.
    Der Hutsalon Geneviève gehörte zu jenen Geschäftsunternehmen, bei denen ein Glaskasten neben der Haustür einen unauffälligen Hut und einen Schal zeigt, während der eigentliche Betrieb im ersten Stock liegt, zu dem man durch ein muffiges Treppenhaus gelangt.
    Als wir die ausgetretenen Stufen hochgestiegen waren, befanden wir uns vor einer Tür mit der Aufschrift »Geneviève« und der Aufforderung »Herein, ohne anzuklopfen«. Wir betraten einen mit Hüten gefüllten kleinen Raum, und eine hübsche Blondine fragte uns nach unseren Wünschen.
    »Miss Driver?«
    »Ich weiß nicht, ob Madame Sie empfangen kann. Worum handelt es sich bitte?«
    »Sagen Sie Miss Driver, dass ein Freund von Miss Adams sie sprechen möchte.«
    Aber die blonde Schönheit brauchte diesen Auftrag nicht auszuführen. Ein schwarzer Samtvorhang geriet in heftige Schwingungen, und eine quecksilbrige Dame mit flammend rotem Haar tauchte hinter ihm auf.
    »Was höre ich da?«
    »Sind Sie Miss Driver?«
    »Ja. Was ist mit Carlotta?«
    »Sie wissen von dem traurigen Vorfall noch nichts?«
    »Trauriger Vorfall? Nun sprechen Sie doch endlich!«
    »Miss Adams schlief infolge einer Überdosis Veronal gestern Nacht für immer ein.«
    »Wie…?« Die junge Frau riss entsetzt die Augen auf. »Tot? Carlotta tot, die noch gestern Abend so voller Leben war?«
    »Es tut mir leid, dass ich eine solch schmerzliche Nachricht überbringen muss, Mademoiselle«, entgegnete Poirot. »Sehen Sie, es ist gerade ein Uhr. Warum leisten Sie nicht mir und meinem Freund Gesellschaft beim Lunch? Ich möchte Ihnen nämlich verschiedene Fragen vorlegen.«
    Die junge Dame betrachtete ihn prüfend vom Scheitel bis zur Sohle. Sie war sicher ein kampflustiges Wesen, und irgendwie erinnerte sie mich an einen aufgeweckten Foxterrier.
    »Wer sind Sie denn eigentlich?«, fragte sie unverblümt.
    »Mein Name ist Hercule Poirot, und dies ist mein Freund Captain Hastings.«
    Ich verbeugte mich.
    Ihre Blicke wanderten zwischen uns beiden hin und her.
    »Ich habe von Ihnen gehört. Gut, ich werde mitkommen.« Dann rief sie der Blondine zu: »Dorothy, Mrs Lester will wegen des Rose-Descartes-Modellhutes, den wir für sie machen, vorbeikommen. Bitte, probieren Sie die verschiedenen Federn aus. Bis bald. Ich bleibe nicht allzu lange fort.«
    Sie riss einen kleinen schwarzen Hut vom Ständer, drückte ihn sich schief auf das eine Ohr, puderte energisch ihre Nase und blickte dann Poirot an.
    »Fertig!«
    Fünf Minuten später saßen wir in einem ruhigen Restaurant in der Dover Street, und jeder von uns hatte einen Cocktail vor sich.
    »So, und nun heraus mit der Sprache«, sagte Jenny Driver. »Worin hat sich Carlotta verwickeln lassen?«
    »Sie hat sich also in etwas verwickeln lassen, Mademoiselle?«
    »Wer fragt hier nun eigentlich, Sie oder ich, Monsieur Poirot?«
    »Wenn es Ihnen recht ist – ich, Mademoiselle«, gab mein Freund lächelnd zur Antwort. »Nicht wahr, Sie waren eine gute Freundin von Miss Adams?«
    »Richtig.«
    »Eh bien, dann bitte ich Sie, Mademoiselle, meine feierliche Versicherung entgegenzunehmen, dass alles, was ich tue, im Interesse Ihrer toten Freundin geschieht. Glauben Sie mir das?«
    Pause. Jenny Driver spielte mit dem Fuß ihres Glases.
    »Ja, ich glaube Ihnen«, erklärte sie endlich. »Also, was wollen Sie von mir wissen?«
    »Stimmt es, dass Ihre Freundin gestern mit Ihnen zu Mittag aß?«
    »Ja.«
    »Sprach sie von ihren Plänen für gestern Abend?«
    »Um ganz genau zu sein, Monsieur Poirot: Sie erwähnte nicht ausdrücklich gestern Abend. Allerdings erwähnte sie etwas, das möglicherweise das ist, nach dem Sie suchen. Aber bedenken Sie wohl – sie sprach zu mir vertraulich.«
    »Selbstverständlich.«
    »Stört

Weitere Kostenlose Bücher