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Dreizehn Stunden

Titel: Dreizehn Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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sein können.
    »Ist das dein Anbieter?« Sie hatte ein Menü geöffnet. Der Mauszeiger blinkte auf einem Icon.
    »Ja.«
    »Kann ich dir einen Shortcut auf den Desktop setzen?«
    Er brauchte eine Weile, bis er begriff, was sie meinte.
    »Ja, gern.«
    Sie klickte hier, guckte da, dachte nach und sagte schließlich: »Sieht ganz so aus, als hättest du versehentlich etwas an
     deiner Anwahlnummer geändert. Da fehlt eine Zahl.«
    »Ach ja?«
    |49| »Ja, das muss es sein. Hast du die Nummer irgendwo?«
    »Ich glaube schon.« Aus dem Schrank holte er einen Packen mit Dokumenten, Handbüchern und Gebrauchsanweisungen, den er dort
     in einer Plastiktüte aufbewahrte, und wühlte darin herum.
    »Hier«, sagte er und deutete auf die Zahl.
    »Okay. Siehst du, die Acht fehlt, die hast du sicher versehentlich gelöscht, das passiert öfter.« Sie gab die Zahl ein, und
     nach einem weiteren Mausklick begann das Modem zu klingeln und zu summen.
    »Verdammt noch mal!«, hatte er mit aufrichtiger Bewunderung gesagt. Sie hatte gelacht – mit ihrem schönen Mund. Dann fragte
     er, ob sie eine Tasse Kaffee wolle. Oder Rooibostee, den trank Carla immer. »Etwas anderes habe ich nicht.«
    »Ein Kaffee würde jetzt guttun.«
    Als er den Wasserkocher einschaltete, stellte sie fest: »Du bist bei der Kripo.«
    Er fragte: »Was hat Tannie Charmaine dir erzählt?« Dann unterhielten sie sich eine Weile; vielleicht nur, weil sie beide allein
     waren an einem Montagabend. Er hatte weiß Gott keine Absichten gehabt, als er ihr den Kaffee in die Sitzecke brachte. Nein,
     er war sich dessen bewusst, dass er alt genug war, um ihr Vater zu sein – trotz ihres verführerischen Mundes, trotz der Brüste,
     die ihm inzwischen auch aufgefallen waren und die, wie ihr Gesicht, zu einer fülligeren Frau gepasst hätten, und trotz ihrer
     makellosen weißen Haut.
    Ein höfliches, etwas unbeholfenes Gespräch war es; zwei Fremde, die an einem Montagabend das Bedürfnis nach Kommunikation
     verspürten.
    Zwei Tassen Kaffee mit Zucker und Kaffeeweißer später beging er den entscheidenden Fehler. Ohne nachzudenken, griff er nach
     der obersten CD auf dem Viererstapel und schob sie in das Laufwerk des Laptops, denn eine Anlage besaß er nicht, nur noch
     einen Discman mit Kopfhörern.
    Da fragte sie erstaunt: »Du magst Lize Beekman?«, und er antwortete in einem Anflug von Offenheit: »Ja, sehr.« Etwas veränderte
     sich in ihrem Blick, als sähe sie ihn plötzlich mit anderen Augen.
    |50| Er hatte die CD gekauft, nachdem er das Beekman-Stück
My Suikerbos
im Radio gehört hatte. Die Stimme der Sängerin hatte etwas, ein gewisses Mitgefühl, oder besser: eine Sensibilität – oder
     war es nur das Melancholische der Melodie? Er wusste es nicht genau. Er mochte das Arrangement, die feine Instrumentalisierung,
     und deshalb suchte er nach der CD und hörte sie sich auf seinem Discman an, ursprünglich mit der Absicht, sich die Bassgitarrennoten
     einzuprägen. Doch dann faszinierten ihn auch die Texte, wenn auch in Verbindung mit den Melodien und der Stimme der Sängerin.
     Die Musik machte ihn fröhlich, und sie machte ihn traurig. Er wusste nicht mehr, wann Musik zuletzt solche Gefühle in ihm
     ausgelöst hatte. Als sehne er sich nach irgendetwas, an was er sich nicht recht erinnern konnte. Und als Bella van Breda ihn
     fragte, ob er Lize Beekman mochte, konnte er es zum ersten Mal jemand anderem gegenüber zugeben. Deswegen hatte er so spontan
     geantwortet: »Ja, sehr.« Aus tiefstem Herzen.
    Irgendwann sagte Bella: »Ich wünschte, ich könnte auch so singen.« Er wusste, was sie meinte, denn ihm war es genauso ergangen.
     Er hatte dieselbe Sehnsucht verspürt, mit so großer Klugheit und Einsicht und … Gelassenheit die verschiedenen Facetten des
     Lebens zu besingen, die guten wie die schlechten, mit solch zarten, klangvollen Melodien. Wobei Gelassenheit noch nie seine
     Stärke gewesen war. Überdruss, ja, den kannte er, schon sein Leben lang, ohne zu wissen warum. Einen permanenten, unterschwelligen
     Überdruss an allem, vor allem an sich selbst.
    Also sagte er: »Ich auch«, und nach einem längeren Schweigen entspann sich schließlich eine angeregte Unterhaltung. Sie erzählte
     ihm ihre Lebensgeschichte, er erzählte ihr von seiner Arbeit, die alten Angebergeschichten von bizarren Verhaftungen, widerspenstigen
     Zeugen und exzentrischen Kollegen. Bella sagte, sie wolle sich eines Tages selbstständig machen. Dabei funkelten ihre Augen
     vor

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