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Dreizehn Stunden

Titel: Dreizehn Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Leidenschaft und Begeisterung. Verwundert hörte er ihr zu. Sie hatte einen Traum. Er hatte nichts. Nur ein, zwei Fantasien,
     wie man sie für sich behielt und wie man sie sich vorstellte, wenn man abends allein vor sich hinklampfte. Zum Beispiel träumte
     er davon, den Sänger Theuns Jordaan mit Handschellen |51| an ein Mikrofon zu fesseln und ihn zu zwingen,
Hexvallei
zu singen, aber nicht als Teil eines Medleys, sondern von vorne bis hinten. Und Anton L’Amour an der Leadgitarre und er selbst
     am Bass, und dann würde er aufdrehen, und sie würden es richtig krachen lassen. Oder er stellte sich vor, Schalk Joubert zu
     fragen, wie er es schaffte, Bass zu spielen, als wäre das Ding an sein Gehirn angeschlossen.
    Oder er träumte davon, eines Tages seine eigene Viererband zu haben. Und den Urblues zu spielen, Robert Johnson und John Lee
     Hooker, oder den alten, ehrlichen Rock’n Roll – Berry, Domino, Ricky Nelson, den frühen Elvis …
    Aber er sagte nichts, sondern hörte ihr nur zu. Gegen zehn Uhr stand Bella auf, um zur Toilette zu gehen, und als sie zurückkehrte,
     war er gerade auf dem Weg vom Spülbecken zurück zum Sofa. Er wollte fragen: »Noch eine Tasse Kaffee?«, doch sie standen nah
     beieinander, und Bella sah ihn nicht an, aber ihr Mund war zu einem leichten, wissenden Lächeln verzogen, als vermutete sie,
     was nun geschehen würde, und ließe es gern geschehen. Da küsste er sie.
    Als Bennie Griessel in der hellen Sommersonne des Dienstagmorgens im Verkehr festsaß, erinnerte er sich daran, dass anfangs
     noch keine Begierde im Spiel war. Vielmehr war es nur die Fortsetzung ihres Gesprächs gewesen. Es war Trost, Sehnsucht, Zusammensein,
     wie Lize Beekmans Musik. Zwei Menschen, die Berührung brauchten.
    Sie küssten sich lange, schmiegten sich aneinander und hielten sich in den Armen, und wieder staunte er, wie schlank sie war.
     Auf einmal trat sie zurück und setzte sich auf das Sofa. Er dachte, sie wolle ihm zu verstehen geben, dass es genug sei. Aber
     dann nahm sie ihre Brille ab und legte sie vorsichtig beiseite, auf den Fußboden. Sie blickte ihn an, ihre Augen plötzlich
     wehrlos und tiefbraun. Er setzte sich zu ihr, sie küssten sich wieder, und seine nächste Erinnerung war, wie sie sich aufrichtete,
     um ihren BH aufzuhaken und ihm mit einem gewissen Stolz ihre schönen Brüste darzubieten.
    Dort in seinem Dienstwagen dachte er daran, wie sich ihr Körper angefühlt hatte, weich und warm und einladend. Und er |52| erinnerte sich an die langsame Intensität. Wie er in ihr war, da auf dem Sofa, wie er sich abgestützt und sie angesehen hatte
     und er in ihren Augen dieselbe große Dankbarkeit gelesen hatte, die er im Inneren empfunden hatte. Dankbarkeit, weil sie da
     war, und weil das, was gerade geschah, schön und langsam und sanft war.
    Und er dachte: Verdammt, was soll falsch daran sein?
    Das Handy klingelte und brachte ihn zurück in die Realität. Bestimmt Dekker, der fragen wollte, wo er blieb. Aber das Display
     sagte:
ANNA
. Es versetzte ihm einen Stich.
     
    Der Sturz rettete ihr das Leben.
    Instinktiv hatte sie über die steilen Treppen die Straße verlassen. Die Stufen führten den Berghang hinauf, zwischen hohen,
     mit Kletterpflanzen bewachsenen Mauern hindurch. Dann ging es über einen schmalen, gewundenen Fußweg weiter bergan. Plötzlich
     ragte der Tafelberg wie ein Koloss über ihr auf. Der Hang war abschüssig, und der Weg führte zwischen Felsen, Fynbos und offenen
     Flächen entlang, so dass sie beklommen feststellen musste, dass sie wohl einen Fehler begangen hatte. Sie würden sie sehen,
     sie würden sie am Hang einholen, sie würden sie zu Boden werfen, festhalten und ihr die Kehle durchschneiden, wie sie es bei
     Erin getan hatten.
    Sie zwang sich den Berg hinauf. Sie sah sich nicht um. Die Steigung fraß an ihren Oberschenkeln, ihren Knien, ein schleichendes
     Gift, das sie lähmte. Dann sah sie rechts oberhalb die Seilbahnstation. Die Sonne fiel blitzend auf Autoscheiben, und sie
     erkannte klitzekleine menschliche Gestalten, so nah und doch so schrecklich weit weg. Wenn sie es nur bis dahin schaffen könnte!
     Nein, es war zu steil und die Entfernung zu groß, sie würde die Station niemals erreichen.
    Der Weg gabelte sich. Sie schlug die linke Abzweigung ein und rannte weiter. Vierzig Schritte, dann fiel der Weg abrupt ab,
     hinunter zu einem steinigen Felsbach, der hoch oben am Berg entsprang. Sie war nicht darauf vorbereitet. Mit einem Fuß

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