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Dreizehn Stunden

Titel: Dreizehn Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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ab.
    »Jetzt muss ich Ihnen nur noch schnell diese CDs auf die Hände drücken. Sie sind klebrig, aber dann war es das auch schon.«
     Er brach das Siegel an der Schachtel des Fingerabdrucksets auf und nahm die runden Metallscheiben heraus. Griessel sah, dass
     Alexandra Barnards Hände zitterten. Noch immer versteckte sie ihr Gesicht hinter den strähnigen Haaren.
    Er und Dekker setzten sich auf einen Stuhl. Dekker schlug sein Notizbuch auf.
    Jimmy arbeitete schnell und sicher, erst die rechte, dann die linke Hand. »Das hätten wir, danke, Mevrou.« Er warf den Fahndern
     einen Blick zu, der besagte: »Die ist interessant!« Dann packte er zusammen.
    »Mevrou Barnard …«, begann Dekker.
    Tinkie Kellerman schüttelte leicht den Kopf, als wolle sie andeuten, die Verdächtige sei nicht sehr gesprächig. Jimmy verdrehte
     die Augen und verließ das Zimmer.
    »Mevrou Barnard!«, wiederholte Dekker, diesmal mit lauterer, sachlicherer Stimme.
    »Ich habe es nicht getan«, sagte sie, ohne sich zu bewegen. Ihre Stimme war überraschend tief.
    »Mevrou Barnard, Sie haben das Recht auf einen Anwalt. Sie haben das Recht zu schweigen. Sollten Sie sich jedoch dafür entscheiden,
     unsere Fragen zu beantworten, kann jede Ihrer Aussagen vor Gericht verwendet werden.«
    »Ich habe es nicht getan.«
    »Möchten Sie einen Anwalt benachrichtigen?«
    »Nein«, sagte sie. Dann hob sie langsam den Kopf und strich sich die Haare aus dem Gesicht. Ihre blauen Augen waren blutunterlaufen,
     ihre Haut hatte eine ungesunde Farbe. Griessel sah die ebenmäßigen Gesichtszüge, die Reste vergangener Schönheit |63| unter den Spuren der Ausschweifungen, und dachte, dass er sie kannte, dass er sie schon einmal gesehen hatte, aber er konnte
     sie nicht auf Anhieb einordnen. Sie sah Dekker an, dann Griessel, und alles, was aus ihrem Gesichtsausdruck sprach, war tiefe
     Müdigkeit. Sie streckte eine Hand aus und nahm ein Päckchen Zigaretten und ein Feuerzeug von einem Tischchen neben ihr. Sie
     hatte Schwierigkeiten, das Päckchen zu öffnen und eine Zigarette herauszuholen.
    »Mevrou Barnard, ich bin Inspekteur Fransman Dekker. Das ist Inspekteur Bennie Griessel. Sind Sie bereit, uns einige Fragen
     zu beantworten?«
    Seine Stimme war lauter als nötig, als rede er mit einer Schwerhörigen.
    Sie nickte andeutungsweise und zündete sich die Zigarette an. Dann inhalierte sie tief, als solle der Rauch ihr Kraft geben.
    »Bei dem Toten handelt es sich um Ihren Mann, Meneer Adam Barnard?«
    Sie nickte.
    »Wie lautete sein voller Name?«
    »Adam Johannes.«
    »Alter?«
    »Zweiundfünfzig.«
    Dekker machte sich Notizen. »Beruf?«
    Sie richtete ihre müden Augen auf Dekker. »AfriSound.«
    »Verzeihung?«
    »AfriSound. Er war der Eigentümer.«
    »AfriSound?«
    »Ja, ein Musiklabel.«
    »Und ihm gehörte die Firma?«
    Sie nickte.
    »Wie lautet Ihr voller Name?«
    »Alexandra Barnard.«
    »Alter?«
    »Hundertfünfzig.«
    Dekker sah sie nur an und hielt den Stift bereit.
    »Sechsundvierzig.«
    »Beruf?«
    |64| Sie schnaubte nur verächtlich und strich sich erneut die Haare aus dem Gesicht. Die Haushälterin hatte recht. Griessel erkannte
     es sofort: die zitternden Hände, die Augen, die typische Hautfarbe und die Spuren der Verwüstung im Gesicht. Trotzdem erinnerte
     sie ihn an jemand vollkommen anderen. Er grübelte, woher er sie nur kannte.
    »Verzeihung?«, fragte Dekker.
    Woher kenne ich sie? fragte sich Griessel. Woher?
    »Ich gehe keinem Beruf nach.«
    »Hausfrau«, sagte Dekker und schrieb es auf.
    Wieder gab sie diesen abschätzigen Laut von sich.
    »Mevrou Barnard, können Sie uns erzählen, was letzte Nacht geschehen ist?«
    Die Frau ließ sich langsam in ihrem großen Sessel zurücksinken, legte einen Ellenbogen auf die Lehne und stützte den Kopf
     in die Hand. »Nein.«
    »Verzeihung?«
    »Ich weiß nicht, wie lange ich noch der Versuchung widerstehen kann, Ihnen zu antworten: Ich verzeihe Ihnen.«
    Dekkers Wangenmuskeln arbeiteten, als knirsche er mit den Zähnen. Alexandra atmete tief durch, langsam und gezielt, als bereite
     sie sich auf eine schwierige Aufgabe vor. »Ich bin Alkoholikerin. Ich trinke. Ab elf Uhr morgens. Gegen sechs Uhr abends bin
     ich dann gottlob meistens sternhagelvoll. Und ab halb neun kann ich mich an nicht mehr viel erinnern.« In diesem Augenblick,
     vielleicht, weil ihre tiefe, volle Stimme irgendwo in seinem Kopf einen Widerhall erzeugte, erinnerte sich Bennie Griessel
     daran, wer sie war. Ein Wort lag ihm auf

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