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Dreizehn Stunden

Titel: Dreizehn Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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hinter seinem Rücken »Checker« nannten, eine Anspielung
     auf seinen fehlenden Sinn für Humor und seinen flammenden Ehrgeiz. Auf den Fluren der Provinzialen Sondereinheit wurde am
     liebsten über junge Aufsteiger getratscht. Griessel war das Gerücht zu Ohren gekommen, Dekker sei das Kind eines französischen
     Rugbyspielers. Seine Mutter, eine junge und lebenslustige Farbige aus dem armen Atlantis, habe damals in den siebziger Jahren
     im Koeberg-Kernkraftwerk als Reinmachefrau gearbeitet. Es hieß, der Rugbyspieler sei schon älter gewesen und sein Ruhm längst
     verblasst. Er sei Pressesprecher bei dem französischen Konsortium gewesen, das Koeberg gebaut und betrieben hatte. Nachdem
     sie sich nur einmal begegnet waren, sei der Rugbyspieler in sein Heimatland zurückgekehrt, |58| ohne von seinem Nachwuchs erfahren zu haben. Dekkers Mutter habe sich den Namen des Erzeugers nicht gemerkt, daher habe sie
     ihren Sohn einfach »Fransman« taufen lassen.
    Wie viel davon der Wahrheit entsprach, konnte Griessel nicht wissen. Aber die gallische Nase, der Körperbau und die glatten
     – jetzt raspelkurz geschnittenen – schwarzen Haare seines Vaters waren unverkennbar. Die kaffeebraune Haut hatte er von seiner
     Mutter geerbt.
    Er betrat hinter Dekker die Bibliothek des Hauses. Dick und Doof waren bereits beschäftigt. Sie blickten auf, als die Ermittler
     hereinkamen.
    »Wir müssen aufhören, uns so oft zu treffen, Bennie, die Leute reden schon«, sagte Jimmy.
    Ein alter Witz, aber Griessel grinste trotzdem und blickte dann das Opfer an, das links von ihm lag: schwarze Anzughose, weißes
     Hemd ohne Krawatte, ein Schuh fehlte, zwei Schusswunden in der Brust. Adam Barnard war groß und kräftig. Seine schwarzen Haare
     fielen ihm im Stil der siebziger Jahre über die Ohren und den Kragen, mit eleganten weißen Strähnen an den Schläfen. Im Tod
     waren seine Augen weit geöffnet, so dass er ein wenig erstaunt aussah.
    Abwartend verschränkte Dekker die Arme. Dick und Doof musterten ihn schweigend.
    Griessel näherte sich vorsichtig dem Tatort und betrachtete dabei ganz genau die Bücherregale, die Perserteppiche und die
     Gemälde sowie die Flasche und das Glas neben dem Stuhl auf der rechten Seite des Raumes. Die Schusswaffe lag jetzt in einer
     durchsichtigen Plastiktüte für Beweisstücke auf dem Boden, wo die Spurensicherung mit einem weißen Kreidekreis ihre ursprüngliche
     Lage gekennzeichnet hatte. »Sie befand sich auf dieser Seite?«, fragte er Dekker.
    »Ja.«
    »Das Orakel bei der Arbeit«, spottete Dick.
    »Halt die Klappe, Arnold«, sagte Griessel. »Ist mit der Pistole geschossen worden?«
    »Ja, erst vor kurzem«, antwortete Arnold.
    »Aber nicht hier.«
    »Bingo«, sagte Arnold.
    |59| »Ich habe dir gesagt, es würde ihm sofort auffallen«, sagte Jimmy.
    »Stimmt«, antwortete Dekker. Er klang enttäuscht. »Das da ist eine automatische Pistole. Aus dem Magazin fehlen drei Patronen,
     aber hier liegen keine Patronenhülsen. Es ist auch kein Blut auf dem Fußboden, und es befinden sich keine Einschusslöcher
     in den Wänden oder den Bücherregalen. Außerdem fehlt der Schuh. Ich habe das ganze Haus abgesucht, und Jimmy hat im Garten
     nachgesehen. Sie hat ihn nicht hier erschossen. Wir werden das Auto an der Straße auf Spuren untersuchen müssen.«
    »Wo ist sie?«
    »Im Wohnzimmer, mit Tinkie Kellerman vom Sozialen Dienst.«
    »Klopf, klopf«, sagte jemand an der Tür. Es war der langhaarige Fotograf.
    »Komm rein«, sagte Dekker. »Du bist spät dran.«
    »Weil ich erst noch diese verdammten Ausdrucke machen musste für …« Er sah Griessel. Seine Haltung veränderte sich. »Vusi
     hat seine Fotos, Bennie.«
    »Danke.«
    »Jimmy, habt ihr sie schon auf galvanische Hautreaktionen getestet?«, fragte Dekker.
    »Noch nicht. Aber ich habe ihre Hände in Papier eingepackt. Das hat ihr nicht gefallen.«
    »Könntet ihr das schnell erledigen? Ich kann nicht mit ihr reden, wenn sie Papiertüten um die Hände hat.«
    »Wenn sie die Pistole angefasst hat, werden wir galvanische Hautreaktionen feststellen. Ich frage mich allerdings, ob du viel
     damit anfangen kannst.«
    »Das lass mal meine Sorge sein, Jimmy.«
    »Ich meine ja nur. Schmauchspuren sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Die Anwälte werden immer gerissener.« Jimmy
     holte eine kleine Schachtel mit der Aufschrift
SEM Examination
aus seiner Tasche. Er ging zur Treppe, die beiden Fahnder folgten ihm.
    »Gute Arbeit, Fransman«, sagte

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