Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Dreizehn Stunden

Titel: Dreizehn Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
Vom Netzwerk:
Griessel.
    »Ich weiß«, antwortete Dekker.
     
    |60| Der Videoüberwachungsraum der Metro-Polizei war äußerst beeindruckend. Es gab zwanzig flackernde Bildschirme, ein ganzes Regal
     mit Videorecordern und ein Schaltpult, das dem eines Spaceshuttles glich. Kripo-Inspekteur Vusi Ndabeni blickte auf einen
     Monitor, der das körnige Bild kleiner, rennender Gestalten in der Langstraat zeigte. Neun Sekunden Material, jetzt in Zeitlupe,
     sieben schattenhafte Menschen in einem verzweifelten Wettlauf von links nach rechts über den Bildschirm. Das Mädchen floh
     vor den anderen. Sie war nur durch den dunklen Buckel des Rucksacks zu erkennen. Hier, zwischen Leeuwen- und Pepperstraat
     hatte sie nur drei Schritte Vorsprung vor dem schnellsten Verfolger. Sie flüchtete mit großen Sprüngen. Weitere fünf Leute
     waren sechzehn, siebzehn Meter hinter ihr. In der letzten Szene, ehe sie vom Bildschirm verschwand, erkannte Vusi, wie sie
     ansatzweise den Kopf drehte, als wolle sie überprüfen, wie nahe sie waren.
    »Das ist das Beste, was ihr habt?«
    Der Operator war ein Weißer, ein eulenhafter kleiner Mann mit einer großen runden Harry-Potter-Brille. Er zuckte nur mit den
     Schultern.
    »Können Sie das vergrößern?«
    »Nicht so richtig«, antwortete der Mann mit näselnder Stimme. »Ich kann ein bisschen mit der Helligkeit und dem Kontrast spielen,
     aber bei einer Vergrößerung wird das Bild nur körnig und unscharf. Die Pixel werden nicht mehr.«
    »Können wir es bitte versuchen?«
    Die Eule schob und drehte an Reglern und Knöpfen. »Wunder dürfen Sie nicht erwarten.« Die Gestalten auf dem Bildschirm liefen
     langsam rückwärts und erstarrten. Dann tippte der Mann kurz auf eine Tastatur, und am oberen Bildschirmrand erschienen Histogramme
     und Tabellen.
    »Wen wollen Sie deutlicher sehen?«
    »Die Leute, die das Mädchen verfolgen.«
    Der Operator wählte mit der Maus zwei der fünf Gestalten im Hintergrund aus, und plötzlich füllten sie den ganzen Bildschirm.
     Wieder gab er etwas auf der Tastatur ein, und das Bild wurde heller, die Schatten hingegen wurden grauer. »Ich kann es |61| nur noch mal mit einem Hochpassfilter versuchen«, sagte er. Das Bild wurde schärfer, aber nicht einer der beiden Verfolger
     war erkennbar.
    »Man kann auf jeden Fall sehen, dass es Kerle sind, und der Vorderste ist schwarz«, sagte die Eule.
    Vusi starrte den Monitor unverwandt an. Das würde ihm nicht weiterhelfen.
    »Und man kann erkennen, dass es keine alten Männer sind.«
    »Können Sie das für mich ausdrucken?«
    »In Ordnung.«
    »Hat nur die eine Kamera sie aufgenommen?«
    »Meine Schicht ist um acht Uhr zu Ende. Dann werde ich sehen, ob ich irgendwo anders noch etwas finden kann. Sie müssen aus
     der Richtung Groentemark oder Kerkstraat gekommen sein. Aber es kann eine Weile dauern. In diesem Sektor gibt es sechzehn
     Kameras, obwohl nicht mehr alle funktionieren.«
    »Danke«, sagte Vusi Ndabeni. Eines war ihm schleierhaft: Wenn einer der Verfolger schon hier an der Pepperstraat nur noch
     drei Schritte hinter ihr gewesen war – warum hatte er sie nicht schon vor der Kirche erwischt? Bis dahin waren es noch fünfhundert
     Meter, vielleicht noch mehr. War er ausgerutscht? Gefallen? Oder hatte er absichtlich gewartet, bis sie einen stillen Winkel
     erreicht hatten?
    »Ich hätte noch eine Bitte, wenn es Ihnen nicht zu viel ist.«
    »Ach was, das gehört schließlich zu meiner Arbeit.«
    »Könnten Sie die beiden, die vorneweg laufen, für mich vergrößern?«
     
    Griessel betrat hinter Dekker das Wohnzimmer. Es war ein großer Raum mit ausladenden Sofas und breiten Sesseln rund um einen
     enormen Esstisch, geschmackvoll, alt, fachmännisch restauriert. Die zarte Tinkie Kellerman vom Sozialen Dienst der SAPS saß
     aufrecht in einem großen Lehnstuhl, der sie zu einer Zwergin machte. Sie wurde immer dann gerufen, wenn eine Frau zum Opfer
     eines Verbrechens geworden war oder als Täterin verdächtigt wurde, denn sie galt als besonders einfühlsam. Nun jedoch runzelte
     sie irritiert die Stirn.
    |62| »Kommen Sie, Mevrou, ich befreie Sie mal von den Tüten«, sagte Jimmy jovial zu Alexandra Barnard, die in einem zu großen weißen
     Morgenmantel vornübergeneigt auf der Kante eines voluminösen Viersitzersofas saß, die Ellenbogen auf den Knien. Sie ließ den
     Kopf hängen. Ungewaschene graublonde Haare verbargen ihr Gesicht. Ohne aufzublicken, streckte sie die Hände aus. Jimmy nahm
     ihr die Papiertüten

Weitere Kostenlose Bücher