Dreizehn Stunden
»Halt!«
Der Erste der beiden, weiß, eiskalt, zielstrebig, sah ihn kaum an, als er ihn mit beiden Fäusten gegen die Brust boxte, dass
er rückwärts taumelte und mit dem Rücken gegen die Theke neben der Tür fiel. Und schon waren sie an ihm vorbei und hinaus
auf der Straße.
Er rappelte sich auf und sah, wie die Männer für einen Augenblick unentschlossen auf dem Bürgersteig stehen blieben.
»Ich rufe die Polizei!«, rief er und rieb sich mit der rechten Hand den schmerzenden Rücken. Sie reagierten nicht, blickten
die Bo-Oranjestraat hinunter, sagten etwas zueinander, rannten zu dem Land Rover und sprangen hinein.
Der junge Mann kehrte an die Theke zurück, griff nach dem Telefon und wählte die Notrufnummer. Er sah, wie der Land Rover |131| mit quietschenden Reifen um die Ecke Belmont-/Bo-Oranjestraat raste, so dass der Fahrer eines alten grünen VW Golfs heftig
auf die Bremse treten musste. Ihm fiel ein, dass er sich das Nummernschild merken sollte. Er knallte das Telefon hin, rannte
hinaus und ein Stück die Straße hinunter. Es war eine CA-Nummer, so viel konnte er erkennen, 416 und dann vier weitere Zahlen,
aber das Fahrzeug war schon zu weit weg. Er kehrte um und rannte zurück zur Theke.
Am Hang des Duiwelspieks klingelte Barrys Telefon. Er griff danach. »Ja?«
»Wo ist sie hin, Barry?«
»Die Upper Orange runter. Was ist passiert?«
»Wo ist sie jetzt, verdammt?«
»Ich weiß nicht, ich dachte, ihr hättet sie im Blick.«
»Du hast sie gar nicht beobachtet? Idiot!«
»Natürlich habe ich sie beobachtet, aber ich kann von hier oben aus auch nicht alles sehen.«
»Verdammt! Sie ist also die Upper Orange runter?«
»Ja, ich habe sie ungefähr sechzig Meter weit gesehen, dann wurde sie von Bäumen verdeckt.«
»Scheiße! Du bleibst auf dem Posten, verstanden? Lass die verdammte Straße nicht aus den Augen!«
Bill Anderson saß in seinem Arbeitszimmer, die Ellbogen auf den alten Schreibtisch gestützt, das Telefon am Ohr. Er rief bei
seinem Anwalt an und musste es lange klingeln lassen. Hinter ihm stand seine Frau Jess. Sie weinte leise, die Arme schützend
um den Oberkörper geschlungen.
»Nimmt er nicht ab?«, fragte sie.
»Es ist zwei Uhr nachts. Sogar Anwälte schlafen um diese Zeit.«
Eine bekannte Stimme meldete sich, offensichtlich schlaftrunken. »Conelly.«
»Mike, ich bin’s, Tom. Es tut mir wirklich leid, dich mitten in der Nacht wecken zu müssen, aber es geht um Rachel. Und Erin.«
»Dann braucht es dir überhaupt nicht leid zu tun.«
|132| Vier Beamte der SAPS taten Dienst in der Wache am Caledonplein – ein Kaptein, ein Sersant und zwei Konstabels. Der Konstabel,
der den Anruf aus dem Carlucci’s Quality Food Store entgegennahm, wusste nichts von Vusi Ndabenis Bulletin und dem Leeukop-Zwischenfall.
Er machte sich Notizen, während der junge Mann die Ereignisse im Restaurant beschrieb und ging dann hinüber zu dem Kollegen
in der Leitstelle. Sie nahmen Kontakt zu den Streifenwagen der Dienststelle auf. Der Sersant am Funk wusste, dass sich momentan
alle in der Nähe des Parlaments aufhielten, wo am Vormittag eine Demonstration stattfand. Er gab die wichtigsten Einzelheiten
über den Vorfall durch und fragte, ob eine der Streifen mal nach dem Rechten sehen könne. Ein Chor von Freiwilligen antwortete,
denn die Demo war klein, friedlich und langweilig. Der Sersant beauftragte die Streife, die sich der Bo-Oranjestraat am nächsten
befand. Der Konstabel kehrte an den langen Schalter der Wache zurück.
Er kontrollierte, ob er alle Daten und Fakten des Anrufs korrekt protokolliert hatte.
|133| 14
Sie saßen in einem Café an der Ecke Kortmark-/Breestraat, fünf Polizisten an einem Vierertisch, Cloete ein bisschen schräg
am Rand, außerhalb des Schattens, den der rote Sonnenschirm spendete. Gedämpft sprach er in das Handy am Ohr. Eine Zigarette
zwischen den Fingern, bat er irgendeinen hartnäckigen Journalisten um Geduld. Die anderen hatte alle die Ellbogen auf den
Tisch gestützt und steckten die Köpfe zusammen.
John Afrikas tief gefurchte Stirn bewies, dass er augenblicklich schwer an seiner Verantwortung zu tragen hatte. »Jetzt bist
du am Zug, Bennie«, sagte er.
Griessel hatte es kommen sehen, denn so kam es immer. Die Vorgesetzten waren zu allem bereit, außer Entscheidungen zu treffen.
»Kommissaris, zu diesem Zeitpunkt der Ermittlungen ist es entscheidend, dass wir alle verfügbaren Kräfte so effektiv wie
Weitere Kostenlose Bücher