Dreizehn Stunden
müden Glieder.
Aber wenn man Angst hat, wenn einem die Verfolger dicht auf den Fersen sind …
Gedankenverloren legte Kaleni eine Hand auf den weißen Holzzaun des einstöckigen viktorianischen Hauses links von ihr und
hielt nach den rennenden Idioten in Uniform Ausschau. Ja, da kamen sie zurück, gemächlich und ins Gespräch vertieft.
Einen Häuserblock weiter befand sich das Molteno-Staubecken. Aber es war über vierzig Sekunden vom Carlucci’s entfernt, vorausgesetzt,
dass Rachel Anderson genauso schnell wie zwei ausgeruhte, durchtrainierte Konstabels laufen konnte. Nein, hier an der Ecke
war sie abgebogen. Es sei denn …
Kaleni blickte das viktorianische Haus an, musterte den Zaun. Es war das einzige Haus in diesem Teil der Bo-Oranjestraat ohne
hohe Mauern und Zäune – die einzige andere Möglichkeit.
Dann sah sie genau vor ihrer Nase das umgewühlte Blumenbeet, |189| in dem ein breiter Streifen der Bodendecker weggerissen worden war. Sie nahm die Sonnenbrille ab und blickte genauer hin.
Sie entdeckte die Handabdrücke und die Fußspuren jenseits des Zaunes, drei, ehe der Rasen anfing. Sie schätzte den Abstand
zwischen der Hecke und den Spuren im Blumenbeet. Ob jemand über den Zaun springen und dort landen konnte?
Sie setzte sich in Bewegung, suchte das Gartentor, fand es und trabte hin – eine bizarre, eilige Gestalt mit einer Handtasche
über der Schulter, einer Pistole an der Hüfte und einer Sonnenbrille in der Hand.
»Ich bin ihr nicht weiß genug«, verkündete Fransman Dekker, sobald Griessel das Gespräch mit Vusi beendet hatte.
»Was?«, fragte Griessel, in Gedanken noch bei dem Telefonat. »Entschuldige, Fransman, ich habe noch vier Nachrichten auf der
Mailbox.« Erneut hielt er den Apparat ans Ohr. »Melinda?«, fragte er.
Dekker, in sarkastischem Falsett: »Ich kann nicht mit einem Mann reden!«
»Ich bin gleich fertig.« Griessel hörte die Nachrichten ab. »John Afrika hat angerufen.«
Dekker ging zwei Schritte den Flur entlang, kehrte wieder zurück. »Dabei geht es nur darum, dass ich ein Hotnot bin! Die heilige
Gospelsängerin, meine Scheiße!«, sagte er kopfschüttelnd.
»Noch mal John Afrika.« Auch Griessel schüttelte den Kopf.
»Die vorbildliche Christin!«, fuhr Dekker fort.
»Ich soll den Kommissaris zurückrufen«, erklärte Griessel bedauernd. »Das Mädchen … Sie hat ihren Vater angerufen. In Amerika
… Kommissaris, ich bin’s, Bennie.«
Dekker stellte sich vor die Tür des Studios, legte eine Handfläche darauf, lehnte sich dagegen und ließ den Kopf hängen.
Griessel sagte: »Ja, Kommissaris«, und »Gut, Kommissaris.« Schließlich: »Ich komme, bin gleich da.« Er unterbrach die Verbindung.
»Sie will nicht mir dir reden, weil du farbig bist?«, fragte er Dekker.
»Sie hat es nicht so gesagt, aber so gemeint.«
|190| »Die kann mich mal. Soll sie doch ihren Anwalt anrufen und auf einer Kollegin bestehen. Ganz, wie sie will.«
»Sag du es ihr.«
»Genau das werde ich tun«, antwortete Griessel.
In nächsten Moment fiel der Strom aus.
|191| 20
Vusi Ndabeni war ruhelos. Er trank den letzten Rest des Tees aus, stellte die Tasse auf das Tablett, schob es weg. Wie lange
dauerte es denn noch, bis die ersten Leute eintrafen, bis es Petr gelang, seine Leute wachzurütteln und hierher zu bewegen?
Und was unternahm Mbali Kaleni wegen des Zwischenfalls im Restaurant? Überall passierten aufregende Dinge, nur bei ihm geschah
rein gar nichts.
Er nahm sich vor, noch etwa zehn Minuten zu warten. Wenn bis dahin niemand aufgetaucht war …
Dann war der große Raum plötzlich dunkel, und es wurde unheilverkündend still, denn auch die Klimaanlage fiel aus.
Schon wieder ein Stromausfall. Der gestrige hatte drei Stunden gedauert.
Es war stockdunkel, er konnte nichts erkennen.
Jetzt wollte er nur noch hier raus. Er tastete nach seinem Handy, drückte eine Taste, um das Display zu aktivieren, drehte
es so, dass das Licht auf den Tisch fiel, griff nach seinem Notizbuch und seinem Stift und stand auf. Vorsichtig schlängelte
er sich zwischen den Tischen und Stühlen hindurch, ging dann hinaus in den Flur. Ein schmaler gelber Lichtstreifen fiel unter
der Tür von Galina Federovas Büro hindurch. Er ging hin, sah, dass sie lediglich eine Kerze angezündet hatte, und beobachtete,
wie sie eine zweite in den Hals einer leeren Bierflasche zwängte.
»Hi«, sagte er.
Sie erschrak, sagte etwas, was wie »boch« klang, und ließ fast
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