Dreizehn Stunden
Sie«, sagte sie und deutete mit dem Finger
auf die beiden. »Kommen Sie her!«
Unsicher grinsend kamen sie auf sie zu. Sie erklärte ihnen, sie sollten durch die Hintertür des Restaurants hinausgehen bis
zu der Holztür, deren Riegel noch von außen vorgeschoben war.
»Aber nichts anfassen!«
»Nein, Inspector.«
»Wenn ich sage ›los‹, rennen Sie zurück durch das Restaurant und zur Eingangstür raus bis zu mir. Fragen Sie den Mann mit
der Schürze, wo genau das Mädchen entlanggelaufen ist, und folgen Sie demselben Weg. Verstanden?«
»Ja, Inspector!«
»Okay.
Ngokushesha
!
«
Kaleni lief außen herum bis zur Holztür. Dort wartete sie, bis sie die Schritte der Konstabels jenseits der Tür hörte.
»Sind Sie jetzt direkt vor der Tür?«
»Ja.«
»Fassen Sie nichts an!« Sie sah auf die Uhr und wartete, bis sich der Sekundenzeiger der Zwölf-Uhr-Marke näherte.
»Fertig?«
»Ja.«
»Wenn ich sage: ›Los!‹ …« Kaleni begann zu zählen, von fünf bis eins, und brüllte: »Los!« Sie hörte sie losrennen; ihre Schritte
hallten von den Mauern des Restaurants wider. Sie sah zu, wie der Sekundenzeiger vorrückte, fünf, zehn, fünfzehn, zwanzig,
und dann kamen die beiden Konstabels um die Ecke. Innerhalb von vierundzwanzig Sekunden hatten sie Kaleni erreicht.
|187| »Okay, und jetzt möchte ich, dass Sie von dieser Tür aus starten und die Straße hinunterrennen, so schnell Sie können.«
Sie sahen Kaleni an, außer Atem, aber einsatzbereit. Sie liefen los.
»Nein, halt!«
Sie drehten um und kehrten zu ihr zurück. Nun lächelten sie nicht mehr.
»Ich bestimme, wann es losgeht!«, herrschte Kaleni sie an, die Augen auf das Ziffernblatt ihrer Uhr geheftet. Wieder wartete
sie, bis die Zwölf-Uhr-Marke erreicht war, zählte herunter und schrie: »Los!« Die Männer sprinteten los. Mbali Kaleni behielt
sie und ihre Uhr fest im Blick. Der junge Mann hatte ausgesagt, die Angreifer hätten ihn zur Seite gestoßen. Man konnte also
noch ein, zwei Sekunden dazurechnen. Vielleicht waren sie nach draußen gerannt, nicht sicher, in welche Richtung sie verschwunden
war, und sie hatten innegehalten und sich umgesehen, erst in der Bo-Oranjestraat, dann rechts in der Belmontstraat. Noch zwei,
drei Sekunden dazu.
Sie merkte sich, bis wohin die Konstabels nach vierundzwanzig Sekunden gekommen waren, dann rief sie ihnen zu: »Okay!« Aber
sie waren schon zu weit weg, sie rannten immer weiter, zwei blaue Uniformen mit Vollgas das lange Gefälle hinunter.
»Hey!«, versuchte sie es noch einmal, aber vergebens.
»
Isidomu«
, murmelte sie und ging schließlich selbst die Straße hinunter, die Augen auf die Dreißigsekundenmarke gerichtet.
Rachel Anderson hatte die Sirenen der Streifenwagen gehört, die die Straße hinaufjagten, gerade einmal zwanzig Meter von der
Stelle entfernt, an der sie in den dornigen Bougainvilleen lag. Sie wusste, dass sie ihretwegen kamen, denn der Mann im Restaurant
hatte sicherlich die Polizei gerufen. Außerdem hörte sie, wie das Geheule etwas weiter oben in der Straße erstarb.
Sie blieb einfach liegen. Die Dornen hatte sie inzwischen alle herausgezogen, und nur die Wunden brannten noch. Ihr Atem ging
wieder normal, und ihr Schweiß war in der Kühle des Schattens getrocknet. Sie würden sie nicht sehen können, selbst wenn |188| sie auf der Straße vorbeiliefen, ja, nicht einmal, wenn sie den Garten betraten.
Rachel würde warten, bis sie die Suche abbrachen. Bis sie wieder verschwanden. Dann würde sie über ihre nächsten Schritte
entscheiden.
Mbali Kaleni ging bis an die Ecke Bo-Oranje-/Alexandrastraat – mehr oder weniger die Stelle, die die Kollegen nach vierundzwanzig
Sekunden erreicht hatten. Langsam überquerte sie die Straße bis zum gegenüberliegenden Bürgersteig.
Das Mädchen musste hier links abgebogen sein, in die Alexandrastraat. Deswegen hatten die beiden Männer sie aus den Augen
verloren.
Aber irgendetwas stimmte nicht.
Sie starrte die bergauf führende Alexandrastraat entlang. Ein müdes Mädchen – heute Morgen in aller Frühe, noch vor sechs,
hatte sie jemand oben auf dem Leeukop gesehen, um kurz nach zehn befand sie sich hier unten in Oranjezicht. Sie war in weiten
Bögen gelaufen, aber sie befand sich auf dem Weg nach unten, in die Stadt. Und dann sollte sie an dieser Stelle eine Straße
eingeschlagen haben, die sie von ihrem Ziel wegführte? Noch dazu ging es hier steil bergan – die Hölle für ihre
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