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Dringernder Verdacht

Dringernder Verdacht

Titel: Dringernder Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Pillen. Sie rauchte ihre zwei, drei Joints am Tag.
Eine Zeit lang hat sie Trips eingeworfen.«
    »Wie hat sie da noch gearbeitet? Mich
würde das fix und fertig machen.«
    »Es hat ihr nichts ausgemacht. Außerdem
konnte sie sich das ganze Zeug locker leisten, was in gewisser Weise ein
Unglück war. Sie brauchte nie wirklich zu arbeiten, weil wir Geld geerbt
hatten. Zum Glück hat sie nie mit Kokain angefangen. Sonst hätte sie jeden Cent
durchgebracht.«
    »War es für Sie nicht sehr schwer, dass
sie so unbeherrscht war?«
    »Das war für uns alle schwer. Ich war
immer die Solide — mütterlich, verantwortungsbewusst. Zumal wir ja noch sehr
jung waren, als unsere Eltern starben. Isabelle heiratete, aber ich fühlte mich
immer noch als ihre Mutter. Ich habe sie grenzenlos bewundert, aber sie war
schwierig. Sie konnte keine dauerhaften Beziehungen eingehen. Sie hatte im
täglichen Leben wenig zu geben. Sie war sehr egozentrisch. Immer nur >ich,
ich, ich<.«
    »Narzisstisch«, steuerte ich bei.
    »Ja, aber ich will auch nicht, dass ein
falscher Eindruck entsteht. Sie hatte auch wundervolle Eigenschaften. Sie war
warmherzig und witzig und enorm intelligent. Sie war lustig. Sie genoss ihr
Leben. Sie wusste sich zu amüsieren. In dieser Hinsicht habe ich eine Menge von
ihr gelernt.«
    »Erzählen Sie mir von David Barney.«
    »David. Das ist ein harter Brocken«,
sagte sie. Dann hielt sie einen Moment inne. »Ich will versuchen, fair zu sein.
Ich würde sagen, er ist ein gut aussehender Mann. Charmant. Oberflächlich. Er
und seine Frau sind aus Los Angeles hierher gezogen, als er in Peters Firma
anfing.«
    »Er war verheiratet?«
    »Nicht lange.«
    »Was ist aus seiner Ex-Frau geworden?«
    »Laura? Die lebt immer noch irgendwo
hier. Nachdem David sie sitzen gelassen hatte, musste sie arbeiten, wie alle
anderen Ex-Gattinnen in dieser Stadt. Du lieber Gott, die Frauen werden doch
heutzutage im Scheidungsfall übers Ohr gehauen. Für jeden Mann, der behauptet,
dass er von einer Frau »ausgenommen« wurde, zeige ich ihnen auf der Stelle
sechs, acht, zehn Frauen, die finanziell >geleimt< wurden. Laura
jedenfalls mit Sicherheit.«
    »Erzählen Sie weiter.«
    »Tja, also, David war ein Snob. Er
hatte genauso wenig Lust, sich seine Brötchen zu verdienen, wie Isabelle. Nur,
dass ihr die Arbeit als solche Spaß machte, und das war ja auch kein Wunder.
Ich meine, sie war plötzlich berühmt, und sie genoss es in vollen Zügen. Er
drängte sie, die Firma zu verkaufen, solange sie lief, bevor der Zenit
überschritten wäre. Er hatte so einen blödsinnigen Plan im Kopf, irgendetwas
mit Fertighäusern und Franchise-Firmen. Ich weiß nicht genau, was es war, aber
sie fand es grässlich. Inzwischen war sie sowieso enttäuscht von dieser Ehe.
Sie fühlte sich unterdrückt und erstickt. Sie wollte da raus.«
    »Im Scheidungsfall hätte die Firma doch
wohl als gemeinsames Eigentum gegolten?«
    »Sicher. Sie wäre aufgeteilt worden,
und er hätte dumm dagestanden. Wozu brauchte sie ihn denn? Sie hätte leicht ein
halbes Dutzend Männer gefunden, die ihn hätten ersetzen können, aber er
umgekehrt nicht. Ohne sie war er aufgeschmissen. Aber wenn sie starb, würde die Firma ganz an ihn fallen... so gut wie ganz. Isabelles Teil sollte
zwar Shelby erben, aber von einer Vierjährigen hatte David ja nichts zu
befürchten. An dem Punkt hatte Isabelle bereits so viele Rohentwürfe
gezeichnet, dass er sich ein bequemes Leben machen konnte. Außerdem hat er wohl
auf ihre Lebensversicherung spekuliert. Auch davon geht natürlich ein Teil an
Shelby, aber er streicht immer noch ein hübsches Sümmchen ein.«
    »Wenn er gewinnt«, sagte ich. »Wo steht
das Haus, das er bei ihrer Trennung gemietet hat?«
    Sie wedelte mit der Hand in Richtung
Meer. »Vorn an der Ausfahrt links, dann eine halbe Meile weiter. Ein großes,
weißes Monstrum, eins dieser modernen Dinger aus Glas und Beton. Es ist so
hässlich — Sie können es gar nicht verfehlen.«
    »Kann man hinlaufen?«
    »Sogar hinkriechen, wenn es sein muss.«
    »Waren Sie hier in Ihrem Häuschen, als
sie umgebracht wurde?«
    »Ja, das schon, aber ich habe keinen
Schuss gehört. Sie hatte mich vorher noch angerufen, um mich vorzuwarnen, dass
die Seegers später kommen würden. Sie hatten ja Bescheid gesagt, dass sie eine
Panne hatten, und sie wollte nicht, dass ich mir Sorgen machte, wenn ich noch
Licht bei ihr sah. Wir haben ein Weilchen geschwatzt, und sie klang ganz
munter. Sie war zu jener Zeit ja

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