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Dringernder Verdacht

Dringernder Verdacht

Titel: Dringernder Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Sie
haben ein kleines Vermögen dafür hingelegt. Als die Ehe zerbrach, fiel es im
Zuge der Güteraufteilung ihr zu. Sie ließ es als ihr Alleineigentum eintragen,
als sie David heiratete. Außerdem hat sie auf einem Ehevertrag bestanden.«
    »Klingt sehr geschäftsmäßig. Hat sie
das bei den anderen auch so gemacht?«
    »Das brauchte sie nicht. Die ersten
beiden hatten Geld. Kenneth war ihr zweiter Mann. Bei David war es anders.
Jeder hat sie gewarnt, er sei hinter ihrem Geld her. Ich glaube, der Ehevertrag
sollte der Beweis dafür sein, dass das nicht stimmte. Ein Witz.«
    »Also hat er überhaupt keinen Anspruch
auf dieses Haus?«
    Simone schüttelte den Kopf. »Sie hat
ihr Testament noch einmal geändert und ihm den lebenslangen Nießbrauch
eingeräumt. Wenn er stirbt — was hoffentlich bald der Fall sein wird fällt es
an seine Tochter Shelby. Das kleine Häuschen gehört mir — solange ich lebe
natürlich nur. Wenn ich sterbe, fällt es in die Erbmasse zurück.«
    »Und da haben Sie keine Angst?«
    »Vor David? Nicht die geringste. Er ist
einmal mit einem Mord davongekommen, aber der Mann ist ja nicht dumm. Er braucht
doch weiter nichts zu tun als abzuwarten. Wenn er den Zivilprozess gewinnt,
gehört doch alles ihm, oder nicht?«
    »Sieht so aus.«
    »Vielleicht kommt er ja so rein wie
eine Rose aus der ganzen Sache heraus. Warum in aller Welt sollte er das aufs
Spiel setzen? Wenn mir etwas zustößt, ist er doch der Erste, den sie unter die
Lupe nehmen.«
    »Und wenn er verliert?«
    »Ich vermute, dass er sich dann sofort
in die Schweiz absetzen würde. Wahrscheinlich schafft er längst Geld beiseite.
Er ist zu klug, um noch einen Mord zu begehen. Was würde ihm das nützen?«
    »Aber wieso hat Isabelle das alles so
arrangiert? Das heißt doch, das Schicksal herauszufordern. Soweit ich es
verstehe, hat sie mit dem Ehevertrag und dem Testament geradezu den Kopf in die
Schlinge gesteckt.«
    »Sie hat diesen Mann geliebt. Sie
wollte, dass für ihn gesorgt ist. Aber sie war auch realistisch. Er war ihr
dritter Mann, und sie wollte nicht ausgenommen werden. Sehen Sie es doch mal
von ihrem Standpunkt aus. Wenn Sie jemanden heiraten, denken Sie doch nicht,
dass er Sie umbringen könnte. Sonst würden Sie ihn doch nie heiraten.«
Ihr Blick wanderte zu ihrer Armbanduhr. »O je, fast eins. Ich weiß nicht, wie’s
Ihnen geht, aber ich sterbe vor Hunger. Haben Sie schon zu Mittag gegessen?«
    »Kümmern Sie sich nicht um mich«, sagte
ich. »Ich halte Sie bestimmt nicht mehr lange auf. Ich werde mir auf dem
Rückweg ins Büro irgendwo ein paar Bissen genehmigen.«
    »Aber es ist wirklich kein Problem.
Bitte essen Sie doch mit mir. Ich mache nur Sandwiches. Ich würde mich freuen.«
    Die Einladung klang aufrichtig, und ich
lächelte. »Tja, dann nehme ich gern an.«
     
     
     

5
     
    Sie ging auf die andere Seite in ihre
Mini-Küche und begann, Lebensmittel aus dem Mini-Kühlschrank zu nehmen.
    »Kann ich was helfen?«
    »Nein, danke. Für zwei Leute ist gar
kein Platz zum Hantieren. Die Männer sind immer froh darüber, es sei denn,
Kochen ist ihre große Leidenschaft. In dem Fall übernehmen sie das Regiment,
und ich setze mich dort drüben hin, wo Sie jetzt sitzen.«
    Ich drehte mich auf meinem Hocker um
und musterte den Raum in meinem Rücken. »Tolles Haus«, bemerkte ich.
    Sie errötete geschmeichelt. »Gefällt’s
Ihnen? Isabelles Entwurf... der Start ihrer Karriere.«
    »Sie war Architektin? Das wusste ich
gar nicht.«
    »Na ja, eigentlich nicht, aber sie hat
sich als Architektin betätigt. Sehen Sie sich ruhig um. Es sind nur
fünfunddreißig Quadratmeter.«
    »Mehr nicht? Sieht größer aus.« Ich
trat hinaus auf die Eingangsveranda, um das Verhältnis von Grundriss und
Innenraum zu studieren. Da die Fenster weit offen standen, konnte ich mich
bequem weiter mit Simone unterhalten, während ich um das Häuschen herumging. Es
wirkte wie eine Miniatur, ein kleines Spielhaus für Erwachsene. Es schien für
allen Komfort gesorgt, ohne überflüssigen Luxus oder Platzverschwendung. Sogar ein
kleiner Kaminabzug war da. Ich steckte den Kopf zum Fenster herein und sah den
Mini-Kamin. Viele Flächen, darunter die Kaminplatte, die Fensterbänke und die
Arbeitsplatten in der Küche, waren mit handgemalten, blauweißen Blumen-Kacheln
gefliest. »Wirklich wunderschön.«
    Simone lächelte mich an.
    Ich zog den Kopf wieder aus dem Fenster
und umrundete den Garten. Jedes Sonnenfleckchen war mit Kräutern bepflanzt.

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