Dringernder Verdacht
mit ihm?«
»Wir kommen prima aus. Ich sehe ihn so
gut wie nie.«
»Sie haben auch bei dem Mordprozess
ausgesagt, nicht wahr?«
»Ganz allgemein. Sie brauchten mich, um
zu demonstrieren, was für ein skrupelloser Schweinehund er ist. Haben Sie die
Protokolle gelesen?«
»Ich bin noch dabei, den ganzen Papierkram
durchzugehen. Ich bin erst am Sonntagabend mit der Sache betraut worden. Ich
muss noch eine Menge aufarbeiten. Es würde mir sehr helfen, wenn Sie mir
vielleicht aus Ihrer Sicht kurz die Fakten darstellen könnten.«
»Fakten. Hmm, mal sehen. Ich habe David
bei einer Party kennen gelernt... ja, das war auf den Monat genau vor neun
Jahren. Macht sich das nicht gut? Ich habe mich in ihn verliebt, und sechs
Wochen später haben wir geheiratet. Wir waren etwa zwei Jahre verheiratet, als
ihm eine Stelle in Peter Weidmanns Firma angeboten wurde. Natürlich waren wir
begeistert.«
Ich unterbrach sie. »Wie kam das zu
Stande?«
Ȇber einen Freund von einem Freund.
Wir wohnten damals in Los Angeles und wollten gern dort weg. David hörte, dass
Peter jemanden suchte, und bewarb sich. Wir waren gerade zwei Monate in Santa
Teresa, als Isabelle in den Laden eintrat. David konnte sie anfangs gar nicht
leiden. Ich hielt sie für enorm gescheit und begabt. Ich war diejenige, die es
betrieben hat, dass wir uns anfreundeten. Ziemlich bald wurde sie Peters
Augenstern. Er war sozusagen ihr Mentor. Es hätte David nichts gebracht, mit
ihr zu konkurrieren, da sie doch alle renommeeträchtigen Projekte zugeschanzt
bekam. Ich habe David empfohlen, sich privat und beruflich gut mit ihr zu stellen.
Man kann sagen, ich habe die Beziehung überhaupt erst initiiert.«
»Wie haben Sie herausgefunden, dass die
beiden ein Verhältnis hatten?«
»Simone ist irgendeine Bemerkung
herausgerutscht. Ich weiß nicht mehr, was es war, aber auf einmal fügte sich alles
zusammen. Ich hatte schon seit längerer Zeit gemerkt, dass David sich mir
gegenüber distanzierte. Und es war allgemein bekannt, dass Isabelle und Kenneth
Probleme hatten. Ich habe nur ein Weilchen gebraucht, um zwei und zwei
zusammenzuzählen. Liebe macht blind, Sie wissen ja. Ich habe ihn zur Rede
gestellt, ich dumme Gans. Heute wünschte ich, ich hätte den Mund gehalten.«
»Wieso das?«
»Ich habe ihn erst recht in die Sache
reingetrieben. Die Beziehung lief nicht lange gut. Wenn ich so schlau gewesen
wäre, das Ganze zu ignorieren, wäre es vielleicht einfach von selbst im Sand
verlaufen.«
»Glauben Sie, er hat sie umgebracht?«
»Es muss jemand gewesen sein, der sie
ziemlich gut kannte.« Die Sprechanlage summte abrupt los. Sie drückte auf den
Knopf. »Ja, Doktor?«
Der Doktor klang, als riefe er aus
einer öffentlichen Telefonzelle an. »Ich möchte Mrs. Russo untersuchen. Könnten
Sie bitte reinkommen?«
Sie sagte »Ja, Sir« zu ihm und dann zu
mir: »Ich muss gehen. Wenn sonst noch was ist, muss es warten.«
Sie hielt mir die Tür auf, und ich ging
hinaus.
Sie war im Nu verschwunden, und ich
musste selbst nach draußen finden. Ich ging zu meinem Auto zurück und setzte
mich hinein. Als Erstes fischte ich in den Tiefen meiner ledernen Umhängetasche
nach meiner Geldbörse. Ich nahm das ganze Papiergeld heraus und ordnete die
Scheine sorgfältig so, dass sie alle mit der gleichen Seite zu mir lagen, die
Einer vorn und ein Zwanziger hinten als Schlusslicht.
Ich fuhr zurück zur Kanzlei und parkte
meinen Wagen auf Lonnies Platz. Dann erklomm ich, immer zwei Stufen auf einmal
nehmend, die Treppe zum dritten Stock. Wenn Ida Ruth erstaunt war, mich schon
wieder zu sehen, ließ sie es sich nicht anmerken. Ich schloss mein Büro auf und
begann, die Akten durchzugehen, die zwar inzwischen etwas besser geordnet
waren, aber immer noch überall herumlagen. Ich fand den Ordner, den ich suchte,
und nahm ihn mit an meinen Schreibtisch, wo ich das Licht anknipste und mich
auf meinem Drehstuhl niederließ.
Was ich herauszog, waren die Fotokopien
der sechs Jahre alten Zeitungsseiten, die ich gemacht hatte, ehe ich losgezogen
war, um die Barneysche Nachbarschaft abzuklappern. Ja, da war ausführlich die
Rede von den schweren Regenfällen, die über fast ganz Kalifornien
niedergegangen waren. Und es wurde auch erwähnt, dass Einsatztrupps der
Stadtwerke Überstunden machen mussten, um der vielen geborstenen Wasserrohre
Herr zu werden. Die Wetterverhältnisse hatten auch eine kleine Verbrechenswelle
mit sich gebracht — Kriminelle, die wohl infolge des atmosphärischen
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