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Dringernder Verdacht

Dringernder Verdacht

Titel: Dringernder Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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schüttelte den Kopf. »Foss hat es
mir nicht erlaubt. Er wollte nicht, dass die Anklage mich auseinander nimmt,
und das war ja ganz geschickt so. Er meinte, es wäre >kontraproduktiv<,
wenn ich in den Zeugenstand träte. Wahrscheinlich dachte er, ich würde einen
schlechten Eindruck auf die Geschworenen machen.«
    »Warum erzählen Sie mir das alles?«
    »Um die Sache abzubiegen, ehe es zum
Prozess kommt. Die Uhr tickt. Die Zeit ist knapp. Ich denke, es ist meine
einzige Chance, dafür zu sorgen, dass Lonnie Kingman weiß, welche Karten wir in
der Hand halten. Vielleicht kann er mit Voigt reden und ihn dazu bringen, die
Klage zurückzuziehen.«
    »Dann soll Herb Foss mit Lonnie reden!
Dazu sind Anwälte doch da.«
    »Ich habe ihn ja darum gebeten. Aber
der Kerl verschaukelt mich nur. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es Zeit
ist, ihn einfach zu umgehen.«
    »Heißt das, Sie wollen mir verraten,
was Ihre Verteidigung in der Hinterhand hat?«
    »Ganz recht.«
    »Sind Sie lebensmüde?«
    »Ich habe Ihnen ja gesagt, ich bin
verzweifelt. Ich stehe das nicht noch einmal durch. Sie brauchen sich ja nicht
auf mein Wort zu verlassen. Prüfen Sie die Fakten selbst nach«, sagte er.
»Also, wollen Sie mich anhören oder nicht?«
    Das Einzige, was ich wollte, war, meine
Stirn gegen das Steuerrad zu schlagen, bis sie blutete. Vielleicht würde mir ja
der Schmerz helfen, wieder klar zu denken. Aber ich muss gestehen, er hatte
mich am Haken. Zumindest wäre es für Lonnie von großem Vorteil, Herb Foss’
Strategie zu kennen, oder nicht? »Herrgott, meinetwegen. Schießen Sie los«,
sagte ich.
     
     
     

11
     
    »Hören Sie, ich weiß, es glaubt mir
keiner, dass ich joggen war, als Isabelle umgebracht wurde, aber ich kann Ihnen
genau sagen, wo ich gewesen bin. Um ein Uhr vierzig war ich an der Süd-Abfahrt
eins-null-eins San Vicente, etwa acht Meilen von ihrem Haus entfernt. Wenn Iz
zwischen ein und zwei Uhr erschossen wurde, kann ich unmöglich den Mord
begangen und trotzdem zu der Zeit dort an der Kreuzung gewesen sein. Ich meine,
ich jogge zwar seit Jahren und bin ziemlich gut in Form, aber so gut dann doch
nicht.«
    »Wieso wissen Sie die Uhrzeit so
genau?«
    »Ich bin auf Zeit gelaufen. Das mache
ich trainingshalber. Und ich will Ihnen sagen, wer noch dort war: Tippy
Parsons, Rhes Tochter. Sie fuhr einen kleinen Transporter und war sichtlich
durchgedreht. Sie kam die Ausfahrt runtergebrettert und bog links ab, in den
San Vicente.«
    »Hat sie Sie gesehen?«
    »Ich weiß nicht, ob sie es gemerkt hat,
aber sie hätte mich beinahe überfahren, als sie aus der Ausfahrt kam. Ich habe
auf die Uhr geguckt, weil ich wusste, dass meine Zeit beim Teufel war, und das
hat mich geärgert.«
    »Hat Sie irgendjemand gesehen?«
    »Jawohl. Ein Mann, der an einer
kaputten Rohrleitung gearbeitet hat. Ein ganzer Reparaturtrupp war dort
draußen. Sie erinnern sich vielleicht nicht mehr, aber in dem Jahr hatten wir
über Weihnachten schwere Unwetter. Weil der Boden nichts mehr aufnehmen konnte,
wurde das Erdreich weggespült, und diese alten Rohre haben sich überall in
Wohlgefallen aufgelöst.«
    »Sie sagten, Ihr Alibi sei nicht
hundertprozentig wasserdicht. Was soll das heißen?«
    Er lächelte leise. »Wenn man tot ist
oder hinter Gittern sitzt, dann ist das wasserdicht. Ein Fuchs wie
Kingman findet doch immer eine Möglichkeit, die Tatsachen zu verdrehen. Ich
kann nur sagen: Ich war meilenweit weg, und ich habe einen Zeugen. Und zwar
einen ehrlichen, rechtschaffenen Mann, nicht so ein Stück Dreck wie dieser
dahergelaufene McIntyre.«
    »Und was ist mit Tippy? Meines Wissens
hat sie nie ein Wort darüber verloren. Warum haben Sie sie nicht zur Rede
gestellt?«
    »Wozu zum Teufel? Ich dachte, wenn sie
mich gesehen hätte, hätte sie wohl inzwischen etwas gesagt. Und selbst wenn sie
mich bemerkt hat, stünde doch mein Wort gegen ihres. Sie war damals sechzehn
und völlig durch den Wind. Vielleicht hatte sie gerade mit ihrem Freund Schluss
gemacht, oder ihre Katze war gestorben. Entscheidend ist doch wohl nur eines:
Ich war meilenweit weg, als Isabelle umgebracht wurde. Ich wusste gar nicht,
was passiert war, bis ich eine Stunde später wieder an ihrem Haus vorbeikam. Da
stand alles voller Polizeiautos, und alles war hell erleuchtet.«
    »Und die Leute von dem Reparaturtrupp?
Werden die Ihre Aussage bestätigen?«
    »Ich wüsste nicht, wieso nicht. Der
eine hat ja schon ausgesagt. Ein gewisser Angeloni. Er steht auf der
Zeugenliste,

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