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Driver

Driver

Titel: Driver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Sallis
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ausstieg, sich umsah und mit einem Schlüssel in der Hand beiläufig zu dem parkenden Auto hinüberschlenderte.
    Cook öffnete die Fahrertür, glitt hinein. Kurz darauf stieg er wieder aus, ging zum Heck und öffnete den Kofferraum. Sein Oberkörper verschwand hinter der Klappe.
    »Die Schrotflinte taugt nicht mehr besonders viel«, sagte Driver.
    Cook knallte mit dem Kopf gegen den Kofferraumdeckel, als er versuchte, sich gleichzeitig aufzurichten und umzudrehen.
    »Tut mir leid. Blanche ist in keinem viel besseren Zustand. Aber ich dachte mir, ein paar Requisiten könnten dich vielleicht in eine leicht nostalgische Stimmung versetzen, dir helfen, dich zu erinnern, was genau abgegangen ist. Damit du’s mir erzählen kannst.«
    Cooks Hand hob sich zu dem Ring an seinem rechten Ohr. Driver fing sie auf halbem Weg ab und schlug mit einem Knöchel auf einen Punkt unmittelbar oberhalb des Handgelenks, wo ein Nervenzentrum lag, das sofort sämtliche Sinneseindrücke abschaltete und einkommende Nachrichten schredderte. Diesen Trick hatte er bei Drehpausen auf dem Set von einem Stuntman aufgeschnappt, mit dem er mal bei einem Jackie-Chan-Film zusammengearbeitet hatte. Und dann, wie bei einem Tanzschritt, schob er den rechten Fuß vor, der linke glitt seitlich weg, eine Drehung auf den Absätzen, und schon hatte er Cook im Würgegriff. Das hatte ihm auch der Stuntman beigebracht.
    »He, entspann dich. Der Typ, von dem ich das gelernt hab, hat gesagt, der Griff ist kurzfristig absolut sicher«, sagte er. »Nach vier Minuten lässt das Gehirn die Jalousien runter, aber bis dahin …«
    Er lockerte den Griff und ließ Cook zu Boden fallen. Die Zunge ragte aus seinem Mund, und er schien nicht mehr zu atmen. Der Gerichtsmediziner würde die Hautfarbe blau nennen, aber eigentlich war sie grau. Das Gesicht war mit den winzigen Sternen geplatzter Äderchen überzogen.
    »Ist natürlich möglich, dass ich’s nicht ganz richtig verstanden hab. Immerhin schon lange her.«
    Ein stechender Schmerz schoss durch Drivers Arm, als er Cooks Brieftasche herausfischte. War nichts Brauchbares darin.
    Dann der Wagen.
    Im Handschuhfach des Crown Vic fand er einen ganzen Packen Tankquittungen, alle aus dem Innenstadtbereich, Seventh Street, McDowell, Central. Vier oder fünf Seiten handschriftlicher Wegbeschreibungen, das meiste unleserlich, zu verschiedenen Orten in Phoenix und Umgebung. Ein halbes abgerissenes Ticket von einem Laden namens Paco Paco, ein Streichholzheftchen von Philthy Phil’s, einem »Cabaret für Herren«. Eine Straßenkarte von Arizona. Und ein ganzes Bündel Coupons, das von überkreuzten Gummibändern zusammengehalten wurde.
     
     

17
    Die ersten paar Drinks des Tages genehmigte er sich immer außerhalb seiner Wohnung. Es gab zwei Alternativen, Rosie’s oben an der Main Street, ein weiter Weg ohne Auto, oder The Rusty Nail direkt an der Ecke. Er besaß ein Auto, aber der Führerschein hatte sich schon vor Jahren verabschiedet, und er ging nicht gern unnötige Risiken ein. Das Rosie’s war eine Arbeiterkneipe und machte um sechs Uhr morgens auf. Wenn man dort einen Bourbon oder Whisky bestellte, musste der Barkeeper nicht erst fragen, welche Sorte, es gab von jedem nur eine Flasche. Auch Fenster gab es keine, der Laden war eine Höhle. The Rusty Nail war im Grunde ein Strip-Schuppen, geöffnet ab neun. Bis ungefähr drei Uhr, wenn langsam die Mädchen eintrudelten und die Kundschaft sich änderte (ein paar Mal war er überrascht worden), wurde es von Mechanikern einer nahe gelegenen Lkw-Werkstatt und Metzgern des fleischverarbeitenden Betriebs direkt gegenüber bevölkert, von denen viele blutverschmierte Schürzen trugen. Deshalb gab er damals meistens Rosie’s den Vorzug, zumindest an den Tagen, an denen seine Beine nicht zu wackelig waren oder sein Zittern zu stark.
    Die frühmorgendlichen Trinker waren ohne Ausnahme Stammgäste, aber niemand sagte ein Wort. An den meisten Tagen wurde die Tür mit einem Stuhl offen gehalten, und wenn jemand hereinkam, drehten sich alle Köpfe in diese Richtung, und gelegentlich nickte der eine oder andere stumm zur Begrüßung, bevor er sich wieder seinem Glas widmete. Noch bevor er die Theke erreichte, hatte Benny ihm für gewöhnlich bereits einen Doppelten eingeschenkt. Hab dich gestern vermisst, sagte er vielleicht noch. Die ersten paar Drinks servierte Benny in einem Highball-Glas – bis die Hände wieder ruhig wurden. An diesem Morgen war er später dran als

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