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Drop City

Drop City

Titel: Drop City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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beiden rangelten um eine bessere Position auf dem großen Baumstamm, der als eine Art Allzweckpier und Kanusteg diente. Mendocino Bill schrie durch das Sprotzen und Knattern des Motors: »Jetzt kommt schon, Teufel noch mal – man könnte ja meinen, ihr wärt zwei Sechsjährige, alle beide!«
    Dann schubste Jiminy sie, und sie schubste zurück, und auf einmal fuchtelte er mit den Armen und sah ganz klein und verlegen aus, und im nächsten Augenblick verlor er die Balance und landete tölpelhaft im Boot, was alle anderen in den Thirtymile plumpsen ließ. Die Bräute schossen gleich wieder aus dem Wasser wie die Raketen – weil es nämlich eiskalt war, kälter als irgendwer in Kalifornien sich je hätte vorstellen können –, und auch Mendocino Bill keuchte und prustete und kam fluchend hoch, mit pitschnassem Bart und einer deutlich sichtbaren Glatze, während der irre George Wasser trat wie ein menschlicher Quirl und auf den glitschigen, herumkollernden Steinen des Flußbetts Halt zu finden versuchte. Merry duckte sich vor dem Gespritze, ihre nackten Zehen gruben sich wie Finger in das Holz, als der Baumstamm schwankte und kippte, dann drehte sie der Szene einfach den Rücken, tat einen beherzten Sprung ans Ufer und stolzierte davon. Ohne Entschuldigung.
    Aber Jiminy. Als er aus dem Wasser kam, hielt er den Arm steif, und nach dem ersten Schock mußte er ihn sich von Reba verbinden lassen und von ihr hören, daß er wahrscheinlich nicht gebrochen war. Eine scheußliche Tortur, denn Reba konnte kaum einen Oberarmknochen vom Oberschenkelknochen unterscheiden, galt aber als die medizinische Koryphäe von Drop City, nur weil sie mal eine Krankenschwesternausbildung nach einem Jahr abgebrochen hatte. Aber sie jonglierte mit Fachausdrücken à la Spekulum oder Zungenspatel wie ein Profi herum. Wenn irgendwer mit irgendwas darniederlag, klappte sie gleich ihre kleine Arzttasche aus schwarzem Leder auf, die Pan eines Tages ein wenig durchstöbert hatte, als sie flußabwärts gefahren war – dies in der Hoffnung, etwas Interessantes zu finden, was sie nicht weiter vermissen würde, Morphium zum Beispiel. Oder ein ordentliches Barbiturat. Aber sie enthielt nur die Grundausstattung: Nadel und Faden für Wundnähte, Jod, Gaze, ein griffiges Rektalthermometer. Und deshalb war Jiminy kein Drückeberger, absolut nicht. Vermutlich hätte es niemanden überrascht, wenn sein Arm tatsächlich an etwa achtzehn Stellen gebrochen wäre, nachdem Reba mit ihrer Behandlung fertig war.
    Eigentlich sorgte sich Ronnie mehr um den Außenbordmotor: ob der mit vollgesoffenen Zündkerzen und Wasser in der Benzinleitung überhaupt starten würde, und was sich unternehmen ließe, wenn er es nicht tat. Jiminys Arm würde irgendwann verheilt sein, aber dieser Johnson-Außenborder war der Schlüssel zum Überleben von Drop City Nord, das mechanische Maultier, das ihnen jeden kleinsten Gegenstand den Fluß heraufbrachte. Trotzdem erhob er sich erst aus dem Sand, als das Boot wieder aufgerichtet war und alle die beiden Streithähne so gründlich ausgeschimpft hatten, wie dies unter den gegebenen Umständen möglich war, und dann kümmerte er sich nicht um die naß gewordenen Kabelstränge und den Starter, der nichts als ein krächzendes Husten produzierte, während Bill die Umstehenden zu Tode langweilte mit seinem Gequatsche über all die anderen Außenborder, die er gekannt und geliebt hatte, wozu Tom Krishna gleich ein passendes Zitat aus der Bhagavadgita einfiel. Nein, statt dessen schlenderte er hinter Merry her und wollte sie beruhigen und vielleicht ein klein wenig bei ihr landen , denn Star war ja jetzt auf ihrem Trip mit Marco, wohnte in einem Kuppelzelt unterhalb des halbfertigen Blockhauses, aus dem das Versammlungsgebäude von Drop City Nord werden sollte, Lydia war drüben in Boynton mit ein paar von den anderen, die dort im Bus schliefen und im Ort nach dem Rechten sahen, und bis auf die beiden gab es nur äußerst dürre Aussichten. Maya, ohnehin keine Schönheit, war von der Reispampediät ziemlich aufgeschwemmt, und eine Art Akne sprenkelte ihr Gesicht (Spülwasserekzem lautete der medizinische Fachbegriff dafür, als hätte sie die Töpfe und Pfannen mit dem Backenknochen gescheuert statt mit den Händen). Premstar stellte quasi Norms Eigentum dar, einstweilen jedenfalls, und Verbie und ihre Schwester waren nur etwas für den Notfall, soweit es Pan betraf. Wie ging doch gleich dieser Song: »Make an ugly woman your wife«? O nein.

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