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Drop City

Drop City

Titel: Drop City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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Sicher nicht. Nicht in Pans Vorstellung von dieser Welt.
    (Die übrigen Bräute von Drop City – Louise, Dunphy, Erika und Rain – waren einfach nicht sein Typ, weder vom Charakter noch von der Figur her, das waren Angehörige der humorlosen Schule: Kampfparolengesänge früh, mittags und abends, behaarte Beine, säuerlicher Geruch, maulfaul wie die Fische, es sei denn, das Thema Emanzipation kam aufs Tapet, dann legten sie gleich los wie Verbie. Außerdem waren sie alle vergeben, und die einzige aus dieser Truppe, die einigermaßen aussah – Erika –, lebte mit zwei Typen in einem Zelt, mit dem irren George und Geoffrey, und die drei vögelten einander in Kombinationen, die Pan vielleicht abstrakt ganz interessant gefunden hätte, aber wirklich nähern wollte man sich solchen Geschichten nicht.)
    Pan fand Merry hinter dem ursprünglichen Blockhaus, das Norms Onkel mit Beil, Schwedensäge und zwei schwieligen Händen selbst errichtet hatte. Sie saß breitbeinig auf dem Boden, ihr Haar ein Vorhang vor dem Gesicht. Der Streß war vorüber, bis auf Jiminy hatte es keine Schäden gegeben – und der hatte es sowieso verdient. Die abgerindeten Stämme des Versammlungsgebäudes glänzten in der Sonne, die Ziegen meckerten und zerrten an ihren Leinen. Er ließ sich neben ihr nieder und legte ihr den Arm um die Schultern. »Hey«, murmelte er.
    Feine blonde Härchen schimmerten auf ihren Schienbeinen. Sie roch nach Holzrauch, nach Reispampe, nach dem Fluß. »Jiminy kann manchmal ein echter Wichser sein«, sagte sie.
    Er hätte ihr gern beigepflichtet – so à la Na sicher ist das ein Wichser, also vergiß ihn und nimm mich –, aber er blieb schön still. Er zog sie näher an sich und streichelte ihr Haar. »Komm schon«, sagte er, »ist doch halb so wild – wir sind eben alle etwas gestreßt. Wenn erst mal die Häuser gebaut sind, sobald wir alles organisiert haben hier, meine ich, und ein bißchen Zeit finden, überhaupt Luft zu holen ...« Er redete Quatsch, und er wußte es, aber war dieser Quatsch nicht genau das, was in derartigen Umständen gefragt war – sollte er hier etwa logisch denken oder was?
    Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht und musterte ihn von der Seite. »Du kommst mir aber gar nicht gestreßt vor. Ich würde sogar sagen, im Gegenteil.«
    Und jetzt das Grinsen, och, na ja, und mag schon sein. »Liegt am roten Libanesen«, sagte er, »aber ich hab nicht genug für die ganze Bande, und du weißt ja, wie sie schon allein auf den Geruch abfahren – besonders Jiminy und auch Tom Krishna.« Er legte eine Pause ein, um diese unwiderlegbare Argumentation einsickern zu lassen, dann mogelte er die lässigste Anfrage der Welt in die Chance des Augenblicks: »Willst du vielleicht mal kurz mit mir in mein Zelt schlüpfen?«
    Das Zelt war orange wie ein Eis am Stiel, ein Ein-Personen-Unterschlupf, den irgendwer in einem der vollgestopften Schränke von Drop City aufbewahrt hatte. Pan hatte sich das Ding beim Ausladen des Busses angeeignet, weil er momentan nicht viel mehr Platz brauchte, so ohne feste Partnerin – und außerdem hatte er so ein wenig Privatsphäre und einen Ort für seine Sachen. Er hatte es zweihundert Meter vom Haupthaus aufgeschlagen, auf einer Sandbank im Fluß, und nein, er machte sich keine Sorgen wegen der Bären, ob Grizzlys oder andere, denn er schlief immer mit dem Jagdgewehr unter dem Kopfkissen, mit dem er damals in Kalifornien das Reh geschossen hatte, und der Winchester, dem Erbstück von Norms Onkel, ganz zu schweigen von der .44er Magnum, die er ständig im Hosenbund trug. Sollte so ein Bär doch den Kopf zum Zelt reinstecken. Sollte er doch.
    Es war warm. Merrys Hand klebte an seiner. Die halbe Sippe hockte jetzt im Blockhaus, saß herum und polkte sich in den Zehen, während irgendwer ein Kapitel aus Schlachthof 5 vorlas, der Rauch aus dem Ofen aufstieg und im großen Waschtopf das Wasser zum Geschirrspülen heiß wurde. Er und Merry hatten kurz hineingesehen, als sie an der offenen Tür vorbeigekommen waren – Köpfe und Schultern, krumme Rücken, verschlungene Arme, abstehende Füße –, dabei hatte er Marco entdeckt. Und Star. Natürlich war ihm das weitgehend schnurz, außerdem hatte er das Buch schon zweimal gelesen – und er wollte ohnehin lieber angeln. Oder vögeln. Im Idealfall jedenfalls.
    Er warf einen verstohlenen Seitenblick auf Merry. Ihre Miene war neutral, das Kinn leicht vorgeschoben, die Augen blinzelten in der Sonne. Ihr Haar schwang mit jedem

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