Drop City
konnte man Grundstücke weder kaufen, erbetteln noch stehlen, seit die Bundesregierung mit dem Gesetz über die Landansprüche der Ureinwohner angefangen hatte, und sobald man sich über die Stadtgrenze begab, stand man bereits auf bundeseigenem Land – und Wetzel Setzler, der nebenbei auch für die Forstbehörde den Heini vor Ort mimte, konnte bei diesem Thema ziemlich fuchsig werden. Außerdem würde ein Haufen Langhaariger in bunten Klamotten nicht gerade den wärmsten Empfang erhalten, ganz egal, auf wessen Eigentum sie sich breitmachen wollten, und dann hatten sie sich auch noch mit Joe Bosky eingelassen, dem übelsten Abschaum am gesamten Fluß, was ein absoluter Minuspunkt war – wie man die Sache auch betrachtete, es sah nicht gut für sie aus.
Der Neffe schlürfte sein Bier und grinste ihn an. Insekten umschwärmten die Dornenkrone seiner ungepflegten Frisur, und er wirkte so hilflos wie frisch aus dem Ei geschlüpft. »Also, was sagst du, Bruder?« wollte er wissen. »Bist du dabei?«
Sess sah kurz zu Pamela. Sie warf ihm einen Blick zu, der besagte: Brechen wir endlich auf, packen wir das Kanu , und sie hatte ja recht: sie mußten den Fluß hinauf, mußten Lachse fangen und einlegen, wenn sie im Winter Fisch essen wollten, es galt den Gemüsegarten zu pflegen, Holz zu sammeln, den Anbau zu errichten und mit einem Ofen auszustatten – und nicht zu vergessen die kleinen Tischchen. Trotzdem, rief sich Sess ins Gedächtnis, das hier war Roy Senders Fleisch und Blut, dieser Kerl mit Bart und Sandalen wie ein verlorener Prophet, und das mußte doch etwas bedeuten, und wenn’s nur Roy zuliebe wäre. Ehe er nachdenken konnte, hörte Sess seine eigene Stimme, in der das viele Bier und der süße Hippiewein auf ganz eigenen Strömungen unterwegs waren und ihm in den Ohren tönten: »Wieso campt ihr nicht bei meiner Baracke am Wasser?«
Teil V
DROP CITY NORD
Hey, Bungalow Bill,
What did you kill?
John Lennon/Paul McCartney:
»The Continuing Story of Bungalow Bill«
22
So wie Jiminy herumhumpelte, den Arm in einer verschmutzten Schlinge, sah er aus, als wäre ein Baum auf ihn herabgestürzt, aber es war kein Baum gewesen, und die Schlinge bestand aus zwei zerschlissenen Baumwollstreifen, die früher mal als Ärmel eines College-Sweatshirts gedient hatten, denn wer brauchte schon Ärmel, wenn die Sonne vierundzwanzig Stunden am Tag schien? War der Arm gebrochen? Nein. Bist du sicher? Aber klar doch, Alter, logisch – ich würd’s wissen , wenn er gebrochen wäre. Also, was ist dann dein Problem? Eine Zerrung, nichts weiter, Mann. Nur eine Zerrung.
Nicht daß Pan ihn als Drückeberger bezeichnet hätte, obwohl jeder andere halbwegs arbeitsfähige Freak in Rufweite längst sechstausend Bäume pro Tag fällte und Alfredo seine Befehle über den ganzen Platz bellte wie das bescheuerte Arschgesicht von Rektor, dessen Allüren sie in der Grundschule hatten erdulden müssen, während Norm, der entspannte Norm, alle siebenunddreißig Sekunden Energieausbrüche hatte wie ein Vulkan. Wenn sich Jiminy den Arm oder die Schulter oder den Ellenbogen oder was auch immer gezerrt hatte und wenn außerdem unter dem zerfetzten Rand seiner abgeschnittenen Jeans ein gewaltiger blauer Fleck prangte, dann war das ganz verständlich. Vor allem weil Ronnie dabeigewesen war, als es passierte.
Man hatte gerade die abendliche Pampe zu sich genommen (Naturreis mit Dosenerbsen und hie und da einem fettigen Stück Lachs aus dem Thirtymile, und Gott sei gedankt für die scharfe Barbecuesauce aus der Familienflasche), und ein paar Leute spielten mit dem Aluminiumboot herum, das Norms Onkel zurückgelassen hatte, als er nach Seattle abgedampft war. (Das war übrigens so seltsam, daß es keiner so recht kapieren wollte: er hatte alles zurückgelassen, von seinen Stiefeln und den sauber gefalteten, aber mit Pisseflecken verunzierten Altmänner-Unterhosen über die Sammlung von Pornomagazinen bis zum Winchester-Jagdgewehr Kaliber 30/30 und der Smith&Wesson-Pistole in dem abgeschabten Halfter aus Leder, das von einem Haken an der Wand baumelte, dabei hatte Norm doch steif und fest behauptet, sein Onkel sei ein alter Mann mit Prostatakarzinom, der nicht die geringste Absicht habe zurückzukommen. Nie wieder. Sogar den Ofen hatte er zum Anzünden bereit hinterlassen, voller Papier, Kleinholz und mit Streichhölzern daneben. Warum würde jemand so etwas tun? Warum hatte er all dieses wertvolle Zeug hiergelassen, einschließlich der beiden
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