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Drop City

Drop City

Titel: Drop City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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Schritt, wehte leicht in die Höhe, legte sich wieder, wehte wieder auf. Sie schlang die Finger in seine Hand. Er sah die Hunde, zwei herumflitzende Feuerbälle, die sich in einem Sonnenfleck auf der Veranda um einen Knochen balgten, und hörte Rebas Gören irgendwo am Fluß herumkreischen, wo Mendocino Bill und Tom Krishna immer noch versuchten, den Motor Mores zu lehren, der zwar sprotzte und fauchte, aber nicht wieder zum Leben erwachen wollte. Niemand blickte auf, als er Merry das Ufer entlang zu seinem Zelt führte, das etwas windschief vor der gezackten Baumlinie aufragte.
    Im Innern war es eng, so daß sie nur im Yogasitz Platz hatten, ihre Knie berührten sich, die Hände lagen untätig im Schoß. Pan kam sofort zur Sache, drehte sich in der Hüfte, um Pfeife, Streichhölzer, Alufolie, Haschisch und eine Rasierklinge hervorzukramen, alles sauber verstaut in einer Plastiktüte im vorderen Fach seines Rucksacks. Merry bemerkte: »Ich liebe das Plätschern des Flusses«, nur um ein bißchen Unterhaltung zu machen, denn Unterhaltung füllte die Leere, wenn einem jemand etwas zum Kiffen machte, und Ronnie gab eine vorhersehbare Antwort, etwa »Ja, kommt echt gut«, dann hielt er ihr die Pfeife hin und riß ein Streichholz an. Er sah, wie ihre Lippen sich beim Inhalieren um das Mundstück schlossen, sah den Feuerschein in den Ringen an ihren Fingern aufblitzen. Sie waren in einem Kokon, verborgen vor der Außenwelt, die Zeltbahn flackerte auf wie ein Blitzlicht. Oder eine Wurst. Genau, das war es: »Ich hab das Gefühl, wir wären im Innern einer großen italienischen Wurst, weißt du, so eine scharfe Mortadella«, sagte er, nahm einen Zug und hielt ihr die Pfeife gleich wieder hin, schließlich war sie es, die einen Rückstand aufzuholen hatte ...
    Ihre Augen tränten. Sie traten hervor, ein paar Äderchen platzten, ihre Wangen blähten sich vor Anstrengung, den Rauch bei sich zu behalten, der immer kostbar war, aber niemals so sehr wie hier draußen. Dann hustete sie, hustete sich die Lunge aus dem Leib und hatte Spucketropfen auf den Lippen, und er hustete ebenfalls. »Das wirkt immer«, keuchte sie mit gepreßter Piepsstimme, die auch Maya hätte gehören können, »ich glaube nämlich – also, das ist jedenfalls meine Theorie –, daß man vom Husten genauso high wird wie vom Dope selbst.«
    Pan lächelte. Er stimmte ihr zu. Wie recht sie doch hatte. Er hustete in die Hand. Nach einem Moment legte er ihr die Hände auf die Oberschenkel und schob sie versuchsweise mit sanftem Reiben hin und her. »Jetzt wäre ein bißchen Musik super«, sagte er, um den Augenblick weiterzubefördern, und dabei dachte er an Lydia, die im Bus in Boynton saß und jede Platte spielen konnte, die sie wollte, aber diesen Gedanken verbannte er gleich wieder. »Aber weißt du, irgendwie ist es auch gar nicht übel, daß wir hier keine haben, weil wir so unsere Ohren wieder für die Umwelt sensibilisieren können, auf die Elche, die Karibus, die Wölfe – übrigens, hast du gestern nacht die Wölfe gehört?«
    Sie hielt die Augen geschlossen. Sie murmelte irgend etwas – ja, nein, vielleicht –, und dann klappte sie die Augen wieder auf, legte die Hände auf seine und führte sie an ihren Oberschenkeln entlang. Eine Weile blickten sie beide auf ihre vier Hände, die sich gegen die festen Längsnähte ihrer Jeans preßten, und irgendwann beugte sie sich vor und küßte ihn. Er hörte das Rauschen des Flusses in seinen sensibilisierten Ohren, spürte das Blut in den Schläfen pochen. Und dann zog er sich das T-Shirt über den Kopf, fummelte an seinem Gürtel herum, an der schweren Pistole, die an seinem Oberschenkel hing wie bei einem Westernheld im Fernsehen, wie bei Matt Dillon oder Johnny Yuma – ja, er war ein Cowboy, klang das nicht super? –, und sie streckte die Beine aus, wobei der grellorangefarbene Zeltstoff ein komisches Geräusch von sich gab, und streifte sich in einer einzigen Bewegung Jeans und Unterhose bis zu den Knien hinunter. Seine Hand lag sofort auf ihr, ihre Lippen trafen sich wieder, und dann –
    Und dann rief Jiminy ihren Namen – »Merry! Merry?« –, seine nassen Dingostiefel knirschten im Kies der Sandbank. »Bist du hier irgendwo? Merry?«
    Pan erstarrte. Genau wie sie. Jiminy konnte sie nicht sehen, niemand konnte das. Das Zelt war nicht aus halb durchsichtigem grellorangefarbenem Nylonstoff – es war aus Stahl, aus bleiummanteltem Stahl, mit fünfzehn Zentimeter dickem Beton obendrüber. Pan

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