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Drop City

Drop City

Titel: Drop City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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weggerannt – vierzehn, erst vierzehn Jahre alt –, und Norm flippt total aus deswegen, rennt in der Küche rum und erzählt was von den Bullen – die Bullen kommen, die Bullen kommen! und versteckt das Dope, und räumt diese Scheiße hier auf, tut dies und tut das, und Alfredo redet ihm exakt alles nach. Sie wollen Lester rausschmeißen. Und Sky Dog und die anderen auch.«
    Ronnie dachte darüber nach, das Wasser schwappte um seine Beine, Lydias Brüste klatschten ihm gegen die Knöchel, und ihre Hand schlängelte sich seinen Oberschenkel hinauf. Seine normale Reaktion auf die Geschichte wäre so was wie »Finster, ey« oder »Scheißtrip«, doch dieser schwerwiegende Augenblick hing völlig in der Schwebe, und sein Kopf war noch nicht klar, nicht mal annähernd, deshalb starrte er nur auf die weißen Schemen ihrer Beine hinunter, die rhythmisch Wasser traten.
    »Wie man so hört, haben sie ihr zu kiffen gegeben und sind dann über sie hergefallen, und es waren auch nicht bloß Lester und Sky Dog. Das waren alle.« Sie verstummte, weiter wassertretend, ein langsamer, fließender Rhythmus ihrer Beine. Che warf irgend etwas – ein angekohltes Frisbee – nach seiner Schwester, und sie stieß einen Schrei aus, dann bellten die Hunde los, und Reba, die am anderen Ende des Pools saß, hatte einen Lachkrampf, haa-haa, haa-haa, haa-haa. Lydias Hand war kalt. Sie packte ihn fester. »Irgendwer hat gesagt, du bist auch dort gewesen«, begann sie leise und ließ den Satz verklingen.
    Er war dabeigewesen. Klar doch. Und er hatte sich mit ein paar von ihnen angelegt, oder nicht? Sicher, sicher doch. So mußte es gewesen sein. Denn ganz egal, wie stoned er war oder wie absichtlich primitiv die Sache sich entwickelt hatte, er würde bei so was doch bestimmt nicht einfach zusehen ... Und bei dem Gedanken daran, dem Gedanken an diesen billigen kleinen Acid-Moment im hinteren Haus, an die vielen null und nichtigen Gesichter, die ihn anstarrten, das Wumm-Wumm- Flapp der Stereoanlage und dieses Mädel mit den dünnen strampelnden Beinen, fühlte er sich innerlich so schwarz und leer, daß er am liebsten nie von zu Hause weggegangen wäre. Was sollte er sagen? Wie konnte er es erklären?
    »Ja«, sagte er, »ja. Ich war dort.«
    Lydia schien das eine Zeitlang zu überdenken, ihre Augen glitzerten wie Planeten im unerforschten Universum ihres Gesichts. Sie war eine große Frau, breite Schultern und breite Hüften, insgesamt wuchtig, schwarzes Haar und leicht wulstige Lippen, in ihren Lidern klebten Krümelchen von Lidschatten wie angeschwemmtes Strandgut. Ihre Beine traten immer noch Wasser. Sie packte seinen Oberschenkel noch fester. Dann blinzelte sie, um die Augen trocken zu bekommen, und lächelte ihn zaghaft an: »Möchtest du mich auch vergewaltigen?«

4
    Die Versammlung hatte Alfredo einberufen, für acht Uhr, als das Geschirr vom Abendessen abgewaschen oder zumindest eingeweicht war und alle sich faul und zufrieden fühlten, sechs Bleche mit Shitkeksen kühlten auf dem Küchentisch aus, und für danach stand ein Film in Aussicht (ein Charlie Chaplin, den Star noch nicht gesehen hatte – spielte in Alaska, war das möglich?). Ein paar hatten sich für den Anlaß extra herausgeputzt, vor allem Verbie, denn eine Versammlung war ja im Grunde der beste Anlaß für eine Party, wenn schon alle Brüder und Schwestern aus ihren Hütten und Jurten und den hintersten Schlafkammern und entferntesten Stellen im wilden weiten Wald zusammengekommen waren, und wieso auch nicht? dachte sich Star, wieso nicht? Feiern wir ’ne Party. Wenn man sich’s recht überlegte, war ja sogar Kartoffelschälen für den vegetarischen Eintopf eine Art Party. Jedenfalls war es keine Arbeit, nicht im herkömmlichen Sinne, nicht wenn man dabei von den Brüdern und Schwestern umgeben war und einen keiner mit einer Stechuhr überwachte.
    Gegen halb acht stolzierte Verbie herein, in einem limonengrünen Cape über einer rosa Rüschenbluse, das Gesicht in der Farbe der gesprungenen Tonfliesen angemalt, die Norm eines Morgens, bevor irgend jemand aufgewacht war, auf der Westseite des Hauses aufgeschichtet hatte. Jiminy stand neben ihr, in Zylinder und Frack mit nichts darunter außer einem Donald-Duck-Slip, irgendein Neuankömmling schlug die Bongos, pat-a-pat-pat , die Hunde und sogar die Ziegen waren in höchster Unruhe, dann kam Maya hereingerauscht in einem Hochzeitskleid aus dem Secondhandshop, das aussah, als wären die Motten noch nicht ganz damit

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