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Drop City

Drop City

Titel: Drop City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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denn das hier war nicht richtig, absolut nicht – aber als er endlich auf die Füße gekommen war, wurde ihm bewußt, daß jeder einzelne im Raum ihn mit Blicken betrachtete, in denen nicht der kleinste brüderliche oder auch nur menschliche Funke lag.
    Am Morgen, der aus dem Himmel herabfuhr wie eine russische Rakete, die auf sein Gehirn zielte, schlug Pan im harten hohen Gras die Augen auf, und die goldenen Samenkolben beugten sich traurig über ihn, als wäre er schon tot und verwest. Offenbar lag er auf dem Rücken in der Nähe des hinteren Hauses, und das war eine widerliche kleine Überraschung, wenn man die Schlangen bedachte, ob Klapper- oder sonstwelche. Seine Haare waren mit Erde und Pflanzenresten völlig verfilzt, und als er seinen Hinterkopf betastete, fühlte er dort eine harte Stelle, so als wäre irgendeine lebenswichtige Flüssigkeit – das heißt Blut – aus ihm herausgequollen und zu einem klebrigen Klumpen geronnen. Er fühlte sich mies auf jede erdenkliche Art. Vor allem aber war er durstig, und er sah sich aufstehen und zum Rasen hinüberwanken, um sich mit dem Schlauch abzuduschen, dann weiter in den Pool, wo das getrocknete Blut – anscheinend hatte er auch eine Platzwunde quer über den Backenknochen – sich auflöste und im Wasser rings um ihn zu einer mattbraunen Wolke von verschlissenem zellulärem Material zerstob.
    Es mußte etwa zwölf sein oder vielleicht kurz danach, weil sich alles auf dem Rasen und um den Pool versammelte und mit Blechnäpfen voller Mittagspampe hantierte, glänzende Augen, wehendes Haar, die Farben ihrer Sarongs und T-Shirts und der sonnenbraunen Haut schimmerten bunt, als wäre jeder einzelne eine Glühbirne, die fröhlich vor sich hin brannte. Ein paar Leute sprachen ihn an – »Harte Nacht gehabt, was?« – und lachten und schubsten ihn freundschaftlich, als er sich zum Gartenschlauch beugte und sich das silbrige Naß in einem langen, glitzernden Bogen in den Mund und wieder hinaus fließen ließ. Er kapierte einfach nicht, was ihm Schlimmes passiert war oder was davon am schlimmsten wog – der Kater, der Drogenentzug oder der Blutverlust, und hatte er sich etwa geprügelt, oder was? Er wollte sich konzentrieren, versuchte das Bild dieses Mädchens auf dem Fußboden des hinteren Hauses vor sich zu sehen, aber das einzige, was ihm dazu einfiel, war ein Spruch, den er schon tausendmal verwendet hatte, zwei knappe Worte, die nichts und niemandem gerecht wurden: freie Liebe .
    Rebas Kinder waren auch da, ein schöner Tag zum Draußenessen, im Versammlungszimmer/Speisesaal gab es ohnehin nicht genug Stühle, und sie jagten einander schon wieder rings um den Pool, die Backen voller Maispampe und Blumenkohl, nackt und braungebrannt und übersät mit Schrammen, blauen Flecken, Ausschlägen und Dreck. Ronnie ließ den Schlauch sinken und ging auf den Pool zu wie ein Zombie. Dann war er drin, umfangen von Grün, seine Glieder bewegten sich im Auftrag des autonomen Nervensystems, anspannen und strecken, anspannen und strecken, bis er am anderen Ende des Pools mit dem Kopf gegen die Fliesen knallte und sich wassertriefend auf den Beckenrand wuchtete.
    Aber jetzt sprang noch jemand ins Wasser, klatschend und kreischend, die beiden Hunde kläfften hinterher, und es war Lydia – war das Lydia? –, und er fand, er sollte sich langsam das Wasser aus den Haaren schütteln und einen Teller Reispampe holen, einfach nur, um etwas im Magen zu haben, als er Alfredo bemerkte, der ihn aus einiger Entfernung ansah. Alfredo fixierte ihn, ein armseliger kleiner Blick, der Mund wie ein Kaugummiklumpen unter einer Schulbank, und Ronnie erwiderte sein Starren. Er würde sich keinen Scheiß mehr gefallen lassen. Er hatte ebensoviel Recht, hierzusein, wie jeder andere – LADJEAH , oder? –, und er hatte nicht vor, sich bei Alfredo oder Norm Sender oder sonstwem zu entschuldigen. Dann spürte er eine Hand auf seinem Knie, und es war Lydia, mit schwimmenden Brüsten und angeklatschtem Haar. »Wo bist du denn gewesen?« fragte sie. »Wir haben gestern abend überall nach dir gesucht.« Das Wasser schwappte, Libellen surrten herum. Und dann: »Hast du gehört, was passiert ist?«
    Nein, hatte er nicht.
    Sie blinzelte sich das Wasser aus den Augen, packte sein Bein, und er spürte, wie er unter den nassen Falten seiner abgeschnittenen Jeans einen Ständer bekam. »Ein Mädchen ist vergewaltigt worden.«
    »Vergewaltigt? Was meinst du mit vergewaltigt ?«
    »Ach, die war von zu Hause

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