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Drop City

Drop City

Titel: Drop City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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Charley, Charley Horse, so wie der Muskelkater, wie sonst? – stampfte und schnaubte vor Aufregung, weil irgendein durchgeknallter Typ aus Daly City, sein Name fiel Ronnie momentan nicht ein, seit längerem versuchte, es dazu zu bringen, über einen von der Sonne verkrumpelten Oleanderbusch am Ende des Rasens zu springen, aber das war alles in Ordnung, es bedeutete nichts. Ronnie sog die Eindrücke in sich auf und fühlte sich großmütig. Er war Pan. Er war stoned. Die Sonne stand am Himmel, und die Erde war ein guter Ort, ein ausgeflippter Ort, ein Ort, der von einer höheren Macht zur sinnlichen Erweckung und spirituellen Erbauung aller Brüder und Schwestern entworfen war.
    Bis zum Abend hielt das Gefühl an. Die Nacht brodelte und gärte aus den dunklen Schatten heran, die sich am Fuß der Bäume und in den Sträuchern rund um den Hügel zusammenballten. Er fühlte sich inzwischen ein bißchen – na ja, ein bißchen hippelig . Es hatte am Nachmittag eine Phase gegeben, in der er die Dinge etwas aus dem Ruder laufen ließ: eine zweite Pille Meskalin, ein Fläschchen Rotwein und noch ein paar Züge von irgendwas, was irgendwer nach dem Abendessen geraucht hatte, aber er hatte das Abendessen verpaßt, oder nicht? Essen. Riesige Töpfe voller Pamp, Frauen mit Hängetitten, alles natürlich und gesund. Der Swimmingpool glänzte im schwindenden Licht wie Öl, wie Blut. Er hatte keinen Hunger.
    Plötzlich bekam er das dringende Bedürfnis, bei Star zu sein, sich einfach irgendwo mit ihr hinzusetzen und über zu Hause zu reden, über die kleinen Alltagsdinge und Erinnerungen, die sie die ganze lange Fahrt über die flache Ödnis des Mittelwestens, durch die Rockies und weiter nach Kalifornien bei Laune gehalten hatten – Mr. Boscovich, ihren Biolehrer in der Zehnten, und wie er es dauernd mit dem Wort Material gehabt hatte, zum Beispiel diese Zellen bestehen aus zellulärem Material , oder die Art, wie die Bücher in der Schulbibliothek nach Seife und verbranntem Laub gerochen hatten, oder wie eines Nachmittags Robert Stellner, der sonst so absolut straight wie keiner sonst war, auf einmal den Kopf in eine Tüte mit Flugzeugmodellkleber steckte und sich auf der Jungentoilette vor dem Spiegel mit einem Taschenmesser die geheimnisvolle Botschaft Yahweh in die Brust geritzt hatte, lauter so Sachen –, aber Star hockte oben auf dem Baum bei diesem neuen Typ, und das nagte an ihm, doch wirklich, scheiß auf den Schmus von freier Liebe und der Kerista-Gesellschaft. Er erhob sich abrupt vom Steinboden, aber das war etwas viel für ihn, also setzte er sich wieder. Der Boden war noch warm, und dabei fiel ihm die Klapperschlange ein, die irgend jemand hier draußen vor zwei Tagen am Abend gesehen hatte. »Die suchen dort die Wärme«, so hatte Norm das erklärt, »damit muß man hier klarkommen. Natürlich kann man sie auch töten, abhäuten und aufessen, aber dann hat man ein Leben lang ein schlechtes Schlangenkarma, und im nächsten Leben vielleicht auch noch, also willst du das wirklich?«
    Aus dem großen Haus drangen Gelächter, Unterhaltungen, Musik, alles zu einem Gemurmel verschmolzen, das auf ihn eine Art Sog ausübte, so als spielte sich dort das wahre Leben ab, das einzige Leben, und das hier draußen, die Natur und diese knisternde Finsternis, wäre für Verlierer – für Verlierer und für Schlangen. Lydia war da drin und Merry und Verbie und alle anderen. Vielleicht sollte er aufstehen und reingehen, schon wegen der menschlichen Wärme und Gemeinschaft, denn genau darum ging’s ja auf Drop City, um die Gemeinschaft, vielleicht eine Runde Karten spielen oder Monopoly – doch dann fraß sich das Bild von Alfredo in sein Hirn, und er überlegte, daß er lieber doch nicht reinging.
    Alfredo war eins der Gründungsmitglieder der Kommune, gehörte zu Norm Senders innerstem Kreis, so ein säuerlich in die Gegend blickender Asketentyp, achtundzwanzig, neunundzwanzig, Rebas Macker. Er quatschte ständig was über natürliche Geburt und wie Reba damals die Nachgeburt gekocht und jedem ein Stück davon zu essen gegeben hatte, oder daß Che und Sunshine draußen im Freien geboren worden waren, unter dem Mond und den Sternen, aber trotzdem war er ein verkniffener Arsch, und vor zwei Tagen hatte Ronnie mit ihm Streit bekommen, anläßlich einer äußerst scharf formulierten Kritik über den freiwilligen Einsatz beim Abwaschen oder beim Wegbringen des Mülls oder beim Graben eines neuen Klärfelds, weil die vielen Leute die

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