Drowning - Tödliches Element (German Edition)
das Wasser zerrt an mir. Rob und Neisha sind verschwunden. Ich kann sie weder hören noch sehen. Ich trete im Wasser, wende den Kopf nach links und nach rechts, versuche durch diese unerbittliche Wasserwand irgendetwas zu erkennen. Jedes Mal, wenn ich Luft hole, bekomme ich Wasser in den Mund. Es läuft mir in die Kehle. Ich spucke es aus, atme wieder ein und es passiert das Gleiche.
Ich will nicht im Regen sein. Ich will nicht nass werden. Die Panik ist geradezu körperlich. Ich habe einen Kloß im Hals und mein Herz rast. Ich schwitze, meine Beine zittern. Ich muss hier weg. Ich muss irgendetwas finden, wo ich mich unterstellen kann.
Ich hebe die Zeitung auf und stecke sie in meine Jacke. Dann renne ich los. Der Regen prasselt wie wild herab. Vor mir springt jemand in einen Ladeneingang. Ein anderer huscht über die Hauptstraße, mitten in der Nacht. Ich bin fast da – ein großes Vordach überspannt die Doppeltür eines Discounters. Auf einmal bin ich nicht sicher, ob ich mich zu einem Fremden unter das Dach stellen soll, doch der Regen, der mir auf den Schädel trommelt, überzeugt mich. Wasser in Augen, Nase und Mund. Wasser presst mir die Kehle hinab. Ich muss unbedingt trocken werden.
Ich schlüpfe in den Eingang. Er ist leer. Sie müssen in den Laden gegangen sein, aber drinnen brennt kein Licht. Ich sehe keine Bewegung. Ich schaudere leicht. Irgendwas stimmt nicht. Mein Gesicht, meine Haare und meine Hände sind nass. Langsam wird mir kalt.
Ich schaue hinaus auf die Straße. Es schüttet jetzt, der Regen schlägt prasselnd aufs Pflaster, springt wieder hoch. Ich schließe die Augen und irgendwie weiß ich, dass ich das Geräusch früher liebte, dieses Trommeln gegen das Fenster, wenn ich gesund und munter zu Hause saß. Jetzt aber lässt es in meinem Kopf Alarmglocken läuten, es zerrt mit nervösen, hektischen Fingern an meinem Magen. Ein Wassertropfen rinnt mir aus den Haaren seitlich übers Gesicht.
Cee, du Arschloch.
Die Stimme ist ganz nah und bedrohlich. Gleich neben mir. Sie flüstert mir ins Ohr. Ich öffne die Augen und schaue mich um. Wer hat das gesagt? Wer ist da?
Ich bin allein, vor mir die leere Straße, hinter mir stabiles Glas und ein dunkler Laden. Ich schaudere wieder. Ich drehe durch. Sehe Dinge, höre Dinge, Dinge, die gar nicht da sind. Der Regen macht keine Anstalten nachzulassen. Ich entscheide mich trotzdem zu gehen, durch den Regen nach Hause zu laufen. Es ist nicht weit.
Ich schlage den Kragen hoch und breche auf, sprinte den Bürgersteig entlang. Der Regen bildet kleine Flüsse in den Rinnsteinen. Wasser läuft mir in den Nacken, zwischen den Schultern hinab. Meine Füße schlagen aufs Pflaster, klatschen in die Pfützen. Ich höre Schritte von hinten, werfe einen Blick zurück, doch da ist niemand. Die Hauptstraße gehört mir, nur mir und dem Regen. Ich muss mich wohl selbst hören. Das Geräusch meiner eigenen Füße hallt von den Häusern auf beiden Seiten der Straße zurück.
Das Wasser trifft auf die Kopfhaut und in mein Gesicht. Es tropft und rinnt und sickert nach unten. Es fühlt sich an wie etwas Lebendiges zwischen mir und meiner Kleidung. Etwas, das über die Haut kriecht. Ich schreie auf.
Ein Blitz und ich sehe in einem Sekundenbruchteil die ganze Hauptstraße in unnatürlicher Helle. Ein paar Sekunden später bricht das tiefe Grollen des Donners los.
Ich schlittere um die Ecke in einen Weg bei den Bungalows, verliere den Halt und rutsche ins Gras. Ein Fuß knickt nach außen, ich stürze ungünstig, verrenke das Bein, das ich mir vorhin schon verletzt habe, und fluche im Stürzen. Ich strecke die Hände aus, um mich abzufangen, doch sie gleiten nach vorn weg. Ich lande mit dem Gesicht im Schlamm. Und jetzt rieche ich ihn – nasser Schlamm in den Nasenflügeln, und der Regen trommelt auf Rücken und Schädel. Alles ist wieder da. Ich ertrinke.
Ich drehe den Kopf und sehe Robs Gesicht. Weiß, leblos, überzogen von Schlamm. Und der Reißverschluss fährt hoch, über seinen Kopf hinweg.
Ich stolpere auf die Füße. Er ist nicht da, natürlich nicht. Niemand ist da, niemand ist so dumm, sich mitten in der Nacht von einem Unwetter heimsuchen zu lassen. In fünf Minuten könnte ich zu Hause sein, aber der Regen peitscht jetzt herab. Das Gewitter ist direkt über mir, es knallt ohrenbetäubend, als wollte es den Himmel auseinanderreißen.
Ich springe unter das Vordach des erstbesten Bungalows, lehne mich gegen die blau lackierte Tür. Ich will mir den Regen
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