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Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Titel: Drowning - Tödliches Element (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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einen Durchgang abbiege, höre ich nur noch meinen Atem und das Wummern meines Herzens.
    Die drei Kerle bemerke ich erst, als es schon zu spät ist. Als ich ihren Alk-Gesichtern gegenüberstehe.
    Sie sind älter und stärker als ich, tragen neue Jogginganzüge und Nikes. Sie stehen breitbeinig nebeneinander, die Arme verschränkt, und blockieren den Weg.
    Ich kenne sie nicht, aber es ist offensichtlich, dass sie mich kennen … und nicht mögen.
    Der Durchgang ist schmal, mit hohen Holzzäunen auf beiden Seiten. Er ist nur so breit, dass zwei Leute gerade so eben aneinander vorbeikommen, ohne im Wirrwarr aus Nesseln, Brombeergestrüpp und Abfall zu landen. Ich habe keine Chance.
    Ich schaue nach hinten, aber das ist mein zweiter Fehler – ich hätte entweder sofort losschlagen müssen oder gleich zurücklaufen sollen, so schnell ich konnte. Jetzt werde ich zur Seite gestoßen, in die stacheligen Büsche gedrängt. Nadelspitze Dornen reißen an Kleidern und Haut. Sie haben mich geschlagen.
    Ich ringe nach Luft. Gerate in Panik.
    Einer von ihnen, ein übler Typ mit zur Hälfte geschorenem Kopf, drückt meine Brust weiter nach hinten. »Allein? Haha, dumme Frage. Hey, wenigstens einer von euch ist tot. Spart uns die Hälfte der Arbeit.«
    Ich rechne mir aus, dass ich es schaffen könnte, ihm in die Eier zu treten, aber dann blieben immer noch die beiden anderen. Drei gegen einen geht nie gut aus.
    Inzwischen hat es wieder angefangen zu regnen und eine weitere Welle der Panik bricht über mich herein – diese neuerdings automatische Reaktion auf Wasser.
    Noch einen Stoß gegen die Brust und ich ächze, als mein Rücken den Zaun berührt. Halbglatze schnieft laut und wendet den Kopf nach links und rechts.
    »Irgendwas stinkt hier ganz eklig«, sagt er. »Wie oft muss ich dir noch sagen, du sollst meinen Grund und Boden nicht besudeln, du Arschloch? Ich hab dir gesagt, ich bring dich um, wenn ich dich hier noch mal sehe.«
    Er hebt die Hand, richtet sie gegen mich und ich spüre etwas Kaltes am Hals, etwas Scharfes, das in die Haut dringt. Scheiße, der Kerl hat ein Messer. Klar hab ich auch eins, aber wenn ich es ziehe, wird jemand verletzt. Es könnte ein Blutbad geben. Ich hoffe immer noch, dass ich mich irgendwie rauswinden kann.
    Hinter mir scheint sich etwas aus dem Nieselregen zu schälen. Etwas Bleiches, Schimmerndes. Es lenkt mich ab, doch ich muss mich konzentrieren, muss mich clever anstellen, wenn ich hier heil rauskommen will.
    »Hör zu«, keuche ich. »Ich will keinen Ärger. Lass mich einfach gehen, okay?«
    »Darüber hättest du nachdenken sollen, bevor du deinen Scheißfuß auf meinen Grund gesetzt hast.«
    »Tut mir leid«, antworte ich. »Ich hab im See eine übergebraten bekommen und bin erst seit gestern aus dem Krankenhaus raus. Ich weiß nicht mal, wer du bist.«
    Der Regen wird stärker und das Etwas nimmt Gestalt an. Ein Gesicht mit dunklen, sehr dunklen Augen. Schwarze Höhlen, ein dunkler Fleck anstelle eines Mundes. Obwohl ich ein Messer am Hals habe, muss ich das Gesicht anstarren, seine Form in mich aufnehmen.
    Das Gesicht – verzerrt, verschwommen, fremd – ist das Gesicht von diesem Schulfoto, das Gesicht von der Titelseite der Zeitung.
    Rob. Mein Bruder. Er ist gar nicht tot. Er ist hier …
    »Du hörst mir ja nicht mal zu, du kleiner Arschwichser.«
    Plötzlich löst sich der Druck am Hals und ich denke, er weicht zurück, er hat gesehen, was ich sehe, aber im nächsten Moment merke ich, er ist nur zurückgetreten, um seinen Kumpel die Drecksarbeit machen zu lassen. Der erste Schlag in den Magen krümmt mich nach vorn, ein zweiter Schlag erwischt mich im Nacken. Ich sacke zu Boden, vollkommen hilflos. Als mir die drei ihre Füße in den Leib rammen, schrammt meine Wange über die nassen Steine. Mein Körper zuckt bei jedem Tritt gegen den Bauch, den Rücken, den Hals, den Kopf. Ich versuche, mich steif zu machen, doch ich kann mich nicht schützen, kann nur hoffen, dass sie mir nicht das Messer in den Körper rammen. Ich schließe die Augen und rolle mich so eng zusammen, wie es nur geht.
    Ich weiß nicht, ob sie glauben, ich habe genug abbekommen, oder ob ihnen einfach nur langweilig wird, aber irgendwann hört das Treten auf. Ich höre sie weggehen, ihre Schritte werden leiser und verschwinden schließlich. Ich bleibe noch eine Weile zusammengerollt auf dem nassen Boden liegen, der Regen fällt auf die eine Seite von meinem Gesicht und dringt allmählich in meine Sachen.

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