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Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Titel: Drowning - Tödliches Element (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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Werde ich verrückt? Ich muss an ihm vorbei, um zum Eingang zu kommen, das macht mir Angst.
    Das Haus in der Mitte der Reihe ist dunkel, bis auf ein Licht irgendwo hinter dem Milchglas der Haustür. Das Licht wird von den polierten Fliesen der Treppenstufe gespiegelt. Die Vorhänge sind aufgezogen. Vielleicht ist ja niemand zu Hause.
    Ich frage mich, wie ich an Rob vorbeikommen soll, als er plötzlich anfängt zu husten. Er beugt sich nach vorn, Wasser strömt aus seinem Mund. Real oder nicht real, ich will ihm nicht näher kommen, als unbedingt nötig. Ich nutze die Chance und springe über die niedrige Mauer in den Vorgarten.
    Der Boden ist nass und glitschig unter den Füßen, der Regen trommelt noch immer herab. Ich stehe am Fenster und schaue hinein. Licht aus dem Flur scheint sanft in das Wohnzimmer, wirft einen leichten Schimmer auf zwei große Sofas und einen gekachelten Kamin mit Vasen und Zierrat auf dem Sims. Das Haus liegt nur knapp eineinhalb Kilometer von meinem Zuhause entfernt, und doch ist es meilenweit weg von unserer beschissenen Wohnung … Verdammt, was hat denn bloß Neisha von Rob gewollt? Warum gibt sich eine wie sie mit Leuten wie uns ab?
    Zuerst glaube ich, dass niemand im Zimmer ist, doch dann erkenne ich, dass die Jacke auf einem Sofa Hände, einen Kopf und auch Haare hat. Es ist Neisha, die da zu einer Kugel zusammengerollt liegt, die Knie eng an die Brust gezogen. Das Gesicht ist auf die Hände gebettet, die Handballen sind aneinander gelegt, als ob sie beten würde. Ihre Augen sind geschlossen und es kommt mir falsch vor, sie anzusehen … aber ich kann nicht aufhören. Sie ist wunderschön.
    Man kann deutlich erkennen, wie unruhig sie sogar noch im Schlaf ist. Ihr Gesicht zuckt. Ich beuge mich dichter ans Fenster, mein Fuß knickt von der Rasenkante ins Blumenbeet, ich strauchle. Ich strecke die Hände aus, um mich zu fangen, doch sie klatschen gegen die Scheibe. Ich verfluche meine schreckliche Tollpatschigkeit.
    Neisha hält die Luft an und springt auf. Sie schlägt sich die Hand vor den Mund, versucht einen Schrei zu unterdrücken und weicht zurück, dann dreht sie sich um und rennt aus dem Zimmer. Ich lehne mich gegen das Glas, um mich aufzurichten, und trete zurück auf den Rasen. Meine Füße sinken in den nassen, weichen Boden ein. Ich schaue zur Hausfront, dann gehe ich zur Tür hoch. Das Vordach schützt ein bisschen vor dem Regen. Ich gehe in die Hocke und spähe durch den Briefkasten. Sie ist nicht da.
    »Neisha!«, rufe ich. »Neisha, bitte, sprich mit mir.«
    Nichts.
    »Neisha. Ich wollte dich nicht erschrecken. Mach auf, bitte. Ich muss mit dir reden.«
    Ich schaue noch einmal durch den Briefkasten. Am Ende des Flurs ist eine Tür. Neishas Hand umklammert den Rahmen. Mehr kann ich von ihr nicht sehen. Nur ihre Finger, die sich um den hölzernen Türholm krümmen.
    Ich drehe den Kopf zur Seite, damit ich mit einem Auge durch den Spalt schauen und trotzdem noch hineinrufen kann. Hinter mir höre ich das schwache Geräusch einer Flüssigkeit, die auf den Gehweg klatscht. Mein Bruder, der sich die Seele aus dem Leib kotzt. Es ist nicht real, sage ich mir. Es ist nur das Klatschen des Regens … aber ich weiß, wenn ich mich umdrehe, wird er da stehen und etwas Fauliges wird aus ihm herausströmen.
    »Neisha, ich weiß, dass du da bist. Komm schon, bitte, rede mit mir! Du musst auch die Tür nicht öffnen, wenn du nicht willst.«
    Brich die Tür mit Gewalt auf, Cee. Schlag sie ein.
    Seine Stimme ist nur ein Flüstern, doch sie macht mir Angst. Ich kann mich nicht umschauen. O Gott, Neisha, bitte, mach doch die Tür auf. Lass mich rein. Hol mich aus diesem Albtraum, der mir hierher gefolgt ist. Rette mich, rette mich aus meinem eigenen Wahnsinn.
    Rob stöhnt jetzt leise und jedes Geräusch dreht das Schuldgefühl in mir höher. Habe ich ihm das angetan? War tatsächlich ich es, der ihn umgebracht hat? Ich bin so aufgewühlt, dass mir selber ganz schlecht wird, so wie vorhin in der Küche. In mir drin wächst der Druck.
    Endlich höre ich Neishas Stimme, sie klingt zittrig und leise.
    »Geh, Carl. Sonst ruf ich die Polizei.«
    Sie versteckt sich noch immer. Ihre körperlose Stimme hallt über den Flur.
    »Nein, warte! Ich will mich entschuldigen«, rufe ich. »Es tut mir so furchtbar leid.«
    »Entschuldigen reicht nicht«, antwortet sie. »Entschuldigung ist bloß ein Wort.«
    Sie klingt verbittert.
    »Aber ich meine es ernst«, sage ich. »Ich weiß, dass ich ihn nicht

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