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Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Titel: Drowning - Tödliches Element (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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Eingang, schlage mit dem Kopf gegen Holz. Er kommt. Ich kann ihn nicht aufhalten.
    Im letzten Moment zucke ich und schließe die Augen, erwarte das Knirschen, wenn er mit mir zusammenkracht … Doch ich spüre nichts als einen eiskalten Luftzug, der durch mich hindurchschneidet, meine Knochen durchdringt.
    »O Gott!«
    Ich öffne die Augen und er ist weg.
    Ich schaue die ganze Straße entlang. Niemand ist da. Alles leer, der Teer glänzt unter der Straßenbeleuchtung.
    »Rob!«, brülle ich. »Ich muss es wissen!«
    Doch er ist weg. Plötzlich gibt die Tür nach, an der ich lehne, und ein Typ steht da mit einem Schürhaken, den er wie ein Schwert in der Faust hält. Er ist alt, ein alter Mann mit kariertem Hemd, das er in den erstaunlich hoch sitzenden Bund gestopft hat, der von ledernen Hosenträgern oben gehalten wird. Mit Pantoffeln an den Füßen.
    »Verschwinde«, sagt er. »Hau ab.« Dann bricht er ab. »Ach du bist es, Carl.«
    Der Mann senkt den Schürhaken. Er kennt mich. Woher? Ich zerbreche mir den Kopf. Wo ist die Verbindung? Der Lack der Tür ist nicht nass – das Vordach hat sie geschützt –, doch sie glänzt von der Straßenbeleuchtung. Wieso erinnere ich mich an den starken, öligen Geruch von Lackfarbe?
    »Wie geht’s deiner Mum? Das Schlimmste, was einer Mutter passieren kann, ist ein Kind zu verlieren.«
    Die Luft, die aus der offenen Tür dringt, ist warm und stickig. Ich zittere.
    »Was ist denn mit deinem Gesicht passiert, Junge?«
    »Ein paar Typen sind über mich hergefallen«, sage ich und höre, wie er seufzt.
    »Streit?«, sagt er. »Meinst du nicht, deine arme Mutter hat im Moment schon genug Probleme?«
    Ich sehe ihn an und er seufzt wieder.
    »Komm schon rein, Junge. Da gehört unbedingt Desinfektionsmittel drauf.« Er nickt zu meinem Gesicht hin. Ich hebe die Hand und sauge die Luft ein, als meine Finger eine Schürfwunde berühren, von der ich nichts wusste.
    »Nein, nein, ich mach das zu Hause. Alles klar.«
    »Komm schon. Das bin ich dir schuldig nach der Arbeit, die du im Sommer für mich gemacht hast. Ist echt gut geworden, die Haustür.«
    »Ich hab was?«
    »Hä«, kichert er. »Ich dachte, ich hätte ein schwaches Gedächtnis. Ich bin Harry, weißt du nicht mehr? Die Schule hat dich geschickt. Dich und deine Kumpel. Kommunale Unterstützung oder so ähnlich – keine Ahnung, wie das heißt –, aber du warst echt eine Hilfe für mich. Ich kann einfach manches nicht mehr, verstehst du?«
    Ich bringe es nicht zusammen, aber weit weg ist die Erinnerung auch nicht. Ich bleibe im Eingang stehen, während er sich umdreht und hineingeht.
    Gegenüber der Haustür im Flur sehe ich zwei Reihen Garderobenhaken. Eine Hundeleine und ein Halsband hängen an der unteren Reihe. Meine Hände fassen nach vorn, nehmen das Halsband vom Haken und bewegen es zwischen den Fingern. Und meine Erinnerung taumelt zurück zu einer dunklen Nacht, zu einem Bungalow. Wir glaubten, dass niemand zu Hause sei.
    Wir müssen nicht einmal einbrechen – die Hintertür ist nicht abgeschlossen. Rob geht vor mir her. Ich höre ein Bellen.
    »Winston?« Eine Frauenstimme.
    »Komm, nichts wie raus hier, Rob! Lass uns abhauen!«
    Es war hier. Das hier war der Bungalow. Der Hund, der gebellt hat – das hier war sein Halsband.
    »Mach die Tür hinter dir zu«, sagt Harry und kommt aus der Küche zurück. Als er mich mit der Leine in den Händen sieht, bleibt er stehen. »Häng sie bitte wieder zurück«, sagt er und es liegt etwas in seiner Stimme, das mich tun lässt, was er sagt. Blitzschnell.
    »Tut … tut mir leid.«
    Er betrachtet mich weiter und ich fange an zu schwitzen. Ich spüre, wie ein Bekenntnis versucht, sich an die Oberfläche zu drängen.
    »Ich … ich …«
    »Schon gut, mein Junge«, sagt er. »Rühr sie einfach nicht wieder an, das ist alles. Sie gehört dir nicht. Hast du das Buch noch, das ich dir geschenkt habe?«
    »Buch?«
    » Von Mäusen und Menschen , oder? Es ist wirklich gut. Ich hab es geliebt, als ich so alt war wie du.«
    Ich atme aus. Dann war er es also. Plötzlich flackert die Erinnerung wieder auf, dass ich schon einmal hier war, das Buch im Regal gesehen und es in die Hand genommen habe, weil wir es gerade in der Schule durchnahmen. Ich erzählte ihm, dass mir jemand mein Exemplar geklaut hatte, und er meinte: »Du kannst das da haben. Ich brauch es nicht mehr.«
    Ich konnte nicht glauben, dass mir jemand einfach so etwas schenkte.
    »Ja«, sage ich. »Ich hab’s noch.

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