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Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Titel: Drowning - Tödliches Element (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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niedergelassen hat, fängt er an zu erzählen.
    »Ich war nur kurz raus, um Verdauungstabletten zu holen. Sie … Iris fühlte sich ein bisschen unwohl. Ich war nicht lange weg, zwanzig Minuten vielleicht. Die Apotheke hatte geschlossen, deshalb bin ich zu Nachbarn rüber.
    Ich hab sie dann in der Küche gefunden. Iris und den Hund, beide … beide … du weißt schon. Der Arzt meinte, es wär ein Herzinfarkt gewesen. Deshalb hätte sie sich wohl auch vorher schon unwohl gefühlt. Er ging davon aus, dass sie den armen alten Winston gefunden haben muss, und das war’s dann. War einfach zu viel für sie – wär vielleicht sowieso passiert. Natürliche Ursache. Aber irgendwas stört mich dabei, irgendwas stimmt nicht.«
    Bis jetzt hat er das Foto auf dem Kaminsims angesehen, aber nun dreht er sich um und beugt sich in seinem Sessel zu mir herüber.
    »Ihre Kette war weg. Iris hat sie immer getragen. Ein Silberamulett an einer Kette. Sie trägt sie auch auf dem Foto da. Es war die, die ich ihr zu unserem ersten Hochzeitstag geschenkt habe – am 22. Juli 1963 – sie hat sie sich umgehängt und nie wieder abgenommen. Und jetzt finde ich sie nicht mehr.«
    Seine Augen sind rot umrandet.
    »Geht schon mal was verloren«, sage ich und versuche, mich nicht in meinem Sessel zu winden.
    Er schüttelt den Kopf.
    »Nein, das Teil nicht.« Er tupft sich das Gesicht mit einem großen weißen Taschentuch ab. »Jemand war hier.«
    »Ich geh jetzt besser«, stottere ich. »Mum wird sich schon Sorgen machen, wo ich bleibe.«
    Er legt sein Taschentuch weg.
    »Guter Junge«, sagt er. »Du passt auf deine Mum auf. Schreckliche Sache, jemanden zu verlieren, der noch so jung ist.«
    Er folgt mir den Flur entlang und lässt mich hinaus. Es ist jetzt trocken draußen, trocken, dunkel und still. Ich bleibe in der Haustür stehen und suche die Gegend nach einem Zeichen von Rob ab, halb in Erwartung, dass er dort irgendwo steht. Aber er zeigt sich nicht.
    »Danke für den Tee«, sage ich.
    Ich drehe mich um und gehe den Weg hinunter. Als ich zurückschaue, steht Harry immer noch da und sieht mir nach. Er hebt kurz die Hand und schließt dann die Tür.
    Ich ziehe den Kragen der Jacke hoch und mache mich auf den Weg nach Hause. Unterwegs halte ich die ganze Zeit die Augen offen, aber Rob ist nirgends zu sehen.

ELF
    Mum ist nicht auf dem Sofa. Sie ist auf dem Küchenboden, auf Händen und Knien. Von dort, wo ich stehe, sehe ich, wie sich ihr Rücken hin und her bewegt.
    »Mum? Verd…«
    Sie scheint mich nicht zu hören. Sie scheuert das Linoleum, legt sich so mechanisch ins Zeug, dass ihr ganzer Körper hin und her ruckt.
    »Mum?«, versuche ich es noch einmal.
    Diesmal dreht sie sich um. Die Haare fallen ihr in die Augen. Sie schnaubt mit offenem Mund, was die Haare für einen Moment wegbläst, ehe sie wieder zurückfallen.
    »Gleich, Carl. Ich muss das nur eben fertigmachen.«
    Sie wischt immer wieder dasselbe Stück Boden. Mum fängt an zu weinen, dann setzt sie sich auf die Fersen und wischt sich mit dem Handrücken ein paar Haare aus dem Gesicht.
    »Wo hast du den ganzen Abend gesteckt, Carl?«, fragt sie.
    »Was spielt das für eine Rolle?«
    »Was das für eine Rolle spielt? Was das für eine Rolle spielt?! Ich bin deine Mum, falls du es noch nicht bemerkt hast. Ich sollte wissen, wo du steckst. Wenn ich neulich gewusst hätte, wo ihr wart, wäre er jetzt vielleicht … vielleicht …« Sie kann sich nicht überwinden, es auszusprechen. »Rob war doch ein guter Schwimmer. Was ist passiert, Carl?«
    Im Wasser schlinge ich die Arme um seinen Hals und halte meine Ellbogen in eisernem Griff, dass sie eine doppelte Schicht aus Knochen und Haut bilden. Ich reiße die Arme zu mir heran, ziehe an seinem Hals, drücke die Arme immer stärker zusammen.
    »Ich kann mich nicht erinnern, Mum. Das hab ich dir doch schon gesagt. Ich kann mich an so gut wie gar nichts erinnern.«
    »Aber wieso wart ihr da?«
    »Wenn ich es wüsste, würde ich es dir sagen, klar?«
    Ich schreie fast, angetrieben von der Verwirrung, dem Zweifel, den Schuldgefühlen, die sich den ganzen Tag über angestaut haben.
    Sie fängt wieder an, den Boden zu schrubben. Tränen laufen ihr übers Gesicht.
    »Den Boden putzen bringt ihn auch nicht zurück.«
    Die Worte sind raus, ehe ich sie zurückhalten kann.
    Sie stützt sich auf eine Hand, mit dem Kopf nach unten, das Gesicht verborgen. Sie wirkt erbärmlich, verletzt. Und plötzlich erinnere ich mich an das, was Harry

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