Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Titel: Drowning - Tödliches Element (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
Vom Netzwerk:
Penner. Unsere Wohnung sieht aus wie die letzte Absteige.
    Ich will mich davonschleichen, aber Mum hat mich gesehen und die leichte Bewegung der Augen alarmiert Neisha. Sie dreht sich um und für einen kurzen Moment leuchtet ein etwas verkniffenes kleines Lächeln auf.
    »Okay«, sage ich, halb in, halb vor der Tür.
    »Hi«, sagt sie. Das Weiß in den Augen blitzt auf, als sie mich ansieht, dann schnell wieder wegschaut und sich weiter mit Mum unterhält. Sie tut nur so, versucht vorzutäuschen, dass sie hier sein will, doch selbst das, die Vortäuschung, diese halbe Sekunde Blickkontakt, reicht aus, um mich dahinschmelzen, mich wachsweich werden zu lassen.
    »Ich wollte nur sagen … nur sagen, wie leid es mir tut. Das mit Rob«, erklärt sie.
    Was? Ich muss an gestern Abend im Regen vor ihrem Haus denken.
    »Danke«, sagt Mum. Sie sieht etwas besser aus nach dem Bad. Ihre Haare sind gewaschen und hinten zu einem ordentlichen Pferdeschwanz zusammengebunden, doch ihr Gesicht ist immer noch zerknittert, die Augen sind immer noch geschwollen. »Ich weiß das zu schätzen. Ich weiß das zu schätzen, dass du gekommen bist. Wie geht es dir? Es muss doch schwer für dich sein.«
    »O, ich hab … Sie wissen schon.«
    Angst? Angst vor Ihren Söhnen! Was will sie hier?
    »Ich hab Glück gehabt, schätze ich, denn ich hatte ihn immerhin siebzehn Jahre. Ihr dagegen wart ja gerade erst frisch zusammen. Ihr beide hattet noch euer ganzes Leben vor euch. Das ist so grausam!«
    Eine kleine Pause entsteht, in der Neisha wahrscheinlich versucht, die richtigen Worte zu finden, und ich denke: Bitte sag jetzt nichts Schlimmes, nicht zu Mum. Dann sagt sie gepresst: »Wir hatten ein paar Augenblicke. Ich werde sie nie vergessen. Ihn nie vergessen.«
    Sie wirft mir einen nervösen Blick zu, als Mum auf sie zutritt und den Arm um sie legt. Sie legt sogar beide Arme um Neisha und ich frage mich, wie Neisha das schafft, sich von dieser Frau in die Arme nehmen zu lassen, dieser Frau, deren Söhne versucht haben sie umzubringen. Es ist auch eigenartig, Mum so zu sehen. Ich kann mich nicht erinnern, dass sie mich je in den Arm genommen hat.
    Hinter ihnen tropft der Hahn in die Spüle, ein stetiges Tropfen, fast schon ein Rinnen.
    Als Mum zurücktritt, haben beide Tränen in den Augen. »Magst du was trinken? Eine Cola oder eine Tasse Tee?«, fragt Mum.
    Neisha schaut sich mit einem fragenden Blick zu mir um. Ich zucke die Schultern. Ich weiß nicht, wieso sie hier ist, wie lange sie vorhat zu bleiben.
    »Ähm …«
    »Schon gut«, sagt Mum. »Ich verzieh mich dann mal.«
    Neisha lächelt wieder, ein kurzes kühles Lächeln, das ihre Nervosität verrät.
    »Okay«, sagt sie. »Ich nehm einfach nur ein Glas Wasser.«
    Mum holt ein Glas und füllt es an der Spüle. Sie stellt den Hahn wieder ab, doch er tropft weiter.
    »Ich lass euch dann mal allein«, sagt sie. »Ich bin oben.« Als sie an mir vorbeigeht, zischt sie: »Wie du aussiehst. Heute badest du aber.«
    Neisha und ich stehen verlegen um den Küchentisch.
    »Setz dich«, sage ich in dem Versuch, höflich zu sein, doch es klingt wie ein Befehl. Ich zucke zusammen wegen meiner Tollpatschigkeit, renne um den Tisch, um ihr einen Stuhl hervorzuziehen. Instinktiv weicht sie einen Schritt zurück. »Bitte«, sage ich und gehe wieder auf meine Seite. Widerwillig lässt sie sich nieder und hockt nervös auf der Stuhlkante.
    Ich setze mich ihr gegenüber. Der Haufen Prospekte liegt immer noch da. Ich wünschte, er wäre weg, aber wenn ich ihn jetzt fortnehme, fällt die Aufmerksamkeit erst recht drauf. Ist sowieso zu spät. Neisha hat die Prospekte bereits gesehen, ihr Blick wandert über die Titel.
    Ich versuche mir zu überlegen, was ich sagen könnte, irgendetwas, um sie abzulenken.
    »Du warst nett, gerade eben, zu meiner Mum.«
    »Wieso denn nicht? Ist doch nicht ihre Schuld. Das Ganze ist doch …«
    Nicht ihre Schuld. Sondern meine Schuld. Ist sie gekommen, um noch einmal davon anzufangen?
    »Neisha –«, sage ich.
    »Was?« Ihre Augen springen nervös auf und ab.
    »Es tut mir leid. Alles. Ich erinnere mich zwar nicht an viel, aber das, woran ich mich erinnere, ist …« Ich verstumme, dann sage ich, was ich wirklich denke. »Wieso bist du hier? Du hasst mich doch? Ich hab versucht … Rob und ich haben versucht …«
    Auf einmal tut sie etwas, das mir den Atem verschlägt. Sie fasst mit der Hand über den Tisch, legt sie auf mein Handgelenk. Die Berührung ist leicht und ihre

Weitere Kostenlose Bücher