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Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Titel: Drowning - Tödliches Element (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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Seite aus. Ich komme auf die Füße, trete auf den Rücken des andern und springe hinunter.
    Mein Sprungbrett fällt mit einem Schwall von Flüchen nach vorn, die andern brüllen alle gleichzeitig los.
    »Achtung, haltet ihn auf!«
    »Da läuft er. Schnappt ihn!«
    Es sind mehrere. Den ersten beiden weiche ich aus. Einer erwischt meine Jacke, doch ich schüttle sie ab und renne weiter. Dann packt mich einer an den Beinen und plötzlich falle ich hin, mein Gesicht scharrt über den Asphalt.
    Um mich herum ein Kreis von Füßen. Schließlich zieht mich jemand hoch. Ich schaue in die Gesichter um mich herum. Es sind sechs oder sieben Männer, alle in Overalls.
    »Wie heißt du? Was machst du hier?«
    »Bist du Engländer? Sprichst du Englisch?«
    Sie bombardieren mich mit Fragen. Zu vielen Fragen, um sie zu beantworten. Aber ich warte eh nur, dass sich irgendwo eine Lücke auftut und ich abhauen kann. Einer der Männer sieht mich lange mit starrem Blick an. Er ist fast so blass im Gesicht wie Rob, seine Lippen sind blutleer.
    »Warst du das? Hast du dich hier rumgetrieben und bist mir vor den Wagen gelaufen?«
    Ich antworte nicht.
    »Hier.« Jemand streckt mir meine Jacke entgegen. »Zieh sie wieder an.«
    »Danke«, sage ich und die Männer um mich herum entspannen sich sichtlich.
    »Dann bist du also Engländer, Junge. Bist du hier aus der Gegend?«
    Der Fahrer hat noch immer keinen Muskel gerührt. Er starrt mich immer noch an.
    »Warte mal, ich kenn dich doch. Du bist doch der aus der Zeitung. Der, dessen Bruder …«
    Er braucht den Satz nicht zu Ende zu sprechen – sie wissen es alle. Ein beklommenes Schweigen breitet sich aus. Die beiden Männer, die den Lastwagen untersucht haben, sind fertig. Einer von ihnen ruft zu uns rüber. »Alles klar.« Plötzlich merkt er, dass sich etwas verändert hat. »Was ist denn?«, ruft er. »Was ist los?«
    Die anderen geben ihm Zeichen zu schweigen.
    Niemand hält mich mehr fest.
    Ich muss hier weg, schiebe mich zwischen dem Fahrer und seinem Nachbarn hindurch. Als ich an ihm vorbeigehe, fasse ich nach seiner Schulter und da ist überhaupt kein Widerstand. Die Berührung dreht ihn zur Seite – eine schlaffe Marionette, deren Fäden zerschnitten wurden, aber seine Kumpel reagieren schnell. Starke Hände halten mich zurück und ich weiß, dass ich nirgendwo hingehen werde.
    »Keine Sorge, Junge«, sagt einer. »Du musst nicht weglaufen. Kein Problem. Wir bringen dich jetzt nach Hause, heil und gesund.«
    Hinter ihm, von den anderen ungesehen, steht ein Schatten, ein bleicher Schatten, der den Ausgang des Dramas beobachtet. Er hebt eine Hand vor sein Gesicht und malt eine eins in die Luft.
    Ein weiterer Sieg.
    Eins zu null für Rob.

ZWEIUNDZWANZIG
    Neisha und ich sitzen nebeneinander auf den Kinderschaukeln im Park, schwingen leicht vor und zurück und lassen die Füße über den weichen Boden unter uns schleifen.
    »Ich dachte … ich dachte, du hättest dich vielleicht … du weißt schon.«
    »Was?«
    »Du weißt, was ich meine.«
    Neisha mag mich nicht ansehen.
    »Mich umgebracht?«, frage ich.
    Ein kurzes Aufblicken, dann geht ihr Kopf gleich wieder runter.
    »Ja. Deine Mum hat mir deinen Zettel heute Morgen um halb sechs am Telefon vorgelesen. Sie war total fertig.«
    »Ich wollte ihr doch nur sagen, dass sie nicht nach mir suchen soll.«
    »Sie dachte, es hieß: ›Such nicht, denn ich will nicht, dass du meine Leiche findest.‹«
    »Scheiße.«
    »Ja.«
    Neisha hat angerufen, kurz nachdem sie mich zurückgebracht hatten. Sie wollte mich treffen und duldete kein Nein. In der Zwischenzeit überstand ich eine Standpauke von Mum und Debbie, danach einen Tränenausbruch und schließlich noch eine Gardinenpredigt. Als Neisha kam, drohten wieder die Tränen zu fließen, und plötzlich war ich hin- und hergerissen zwischen der absoluten, reinen Freude, sie wiederzusehen, und dem deutlichen Gefühl meines Scheiterns. Ich hatte es nicht geschafft wegzukommen und Rob von ihr fernzuhalten.
    Und es ist noch etwas anderes. Die Last der Schuld – die übelkeiterregende Last zu wissen, dass ich Rob angestiftet hatte sie umzubringen. Es war alles meine Schuld.
    Mum war nur einverstanden, dass ich mit Neisha rausging, wenn wir in Sichtweite unserer Wohnung blieben. Es regnet jetzt nicht mehr, aber jede Kuhle und jedes Schlagloch auf dem Weg steht voller Wasser und ein scharfer Wind kräuselt die Oberfläche.
    Eingewickelt in ihren Anorak, die Kapuze über dem Kopf, sieht mich

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