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Drucke zu Lebzeiten

Drucke zu Lebzeiten

Titel: Drucke zu Lebzeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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Denkt Euch, die schlafen nicht!“
    „Und warum denn nicht?“
    „Weil sie nicht müde werden.“
    „Und warum denn nicht?“
     „Weil sie Narren sind.“
    „Werden denn Narren nicht müde?“
    „Wie könnten Narren müde werden!“
    Entlarvung eines Bauernfängers
    Endlich gegen  Uhr abends kam ich mit einem mir von
     früher her nur flüchtig bekannten Mann, der sich mir
    diesmal unversehens wieder angeschlossen und mich
    zwei Stunden lang in den Gassen herumgezogen hatte,
    vor dem herrschalichen Hause an, in das ich zu einer
    Gesellscha geladen war.
     „So!“ sagte ich und klatschte in die Hände zum Zei-
    chen der unbedingten Notwendigkeit des Abschieds.
    Weniger bestimmte Versuche hatte ich schon einige ge-
    macht. Ich war schon ganz müde.
    „Gehn Sie gleich hinauf?“ fragte er. In seinem Munde
     hörte ich ein Geräusch wie vom Aneinanderschlagen der
    Zähne.
    „Ja.“
    [  ]
    Ich war doch eingeladen, ich hatte es ihm gleich ge-
    sagt. Aber ich war eingeladen, hinaufzukommen, wo ich
    schon so gerne gewesen wäre, und nicht hier unten vor
    dem Tor zu stehn und an den Ohren meines Gegenübers
    vorüberzuschauen. Und jetzt noch mit ihm stumm zu 
    werden, als seien wir zu einem langen Aufenthalt auf
    diesem Fleck entschlossen. Dabei nahmen an diesem
    Schweigen gleich die Häuser rings herum ihren Anteil,
    und das Dunkel über ihnen bis zu den Sternen. Und die
    Schritte unsichtbarer Spaziergänger, deren Wege zu erra- 
    ten man nicht Lust hatte, der Wind, der immer wieder
    an die gegenüberliegende Straßenseite sich drückte, ein
    Grammophon, das gegen die geschlossenen Fenster ir-
    gendeines Zimmers sang, – sie ließen aus diesem Schwei-
    gen sich hören, als sei es ihr Eigentum seit jeher und für 
    immer.
    Und mein Begleiter fügte sich in seinem und – nach
    einem Lächeln – auch in meinem Namen, streckte die
    Mauer entlang den rechten Arm aufwärts und lehnte
    sein Gesicht, die Augen schließend, an ihn.
    
    Doch dieses Lächeln sah ich nicht mehr ganz zu Ende,
    denn Scham drehte mich plötzlich herum. Erst an die-
    sem Lächeln also hatte ich erkannt, daß das ein Bauern-
    fänger war, nichts weiter. Und ich war doch schon Mo-
    nate lang in dieser Stadt, hatte geglaubt, diese Bauern- 
    fänger durch und durch zu kennen, wie sie bei Nacht aus
    Seitenstraßen, die Hände vorgestreckt, wie Gastwirte
    [  ]
    uns entgegentreten, wie sie sich um die Anschlagsäule,
    bei der wir stehen, herumdrücken, wie zum Verstecken-
    spielen und hinter der Säulenrundung hervor zumindest
    mit einem Auge spionieren, wie sie in Straßenkreuzun-
     gen, wenn wir ängstlich werden, auf einmal vor uns
    schweben auf der Kante unseres Trottoirs! Ich verstand
    sie doch so gut, sie waren ja meine ersten städtischen
    Bekannten in den kleinen Wirtshäusern gewesen, und
    ich verdankte ihnen den ersten Anblick einer Unnach-
     giebigkeit, die ich mir jetzt so wenig von der Erde weg-
    denken konnte, daß ich sie schon in mir zu fühlen be-
    gann. Wie standen sie einem noch gegenüber, selbst
    wenn man ihnen schon längst entlaufen war, wenn es
    also längst nichts mehr zu fangen gab! Wie setzten sie
     sich nicht, wie fielen sie nicht hin, sondern sahen einen
    mit Blicken an, die noch immer, wenn auch nur aus der
    Ferne, überzeugten! Und ihre Mittel waren stets die
    gleichen: Sie stellten sich vor uns hin, so breit sie konn-
    ten; suchten uns abzuhalten von dort, wohin wir streb-
     ten; bereiteten uns zum Ersatz eine Wohnung in ihrer
    eigenen Brust, und bäumte sich endlich das gesammelte
    Gefühl in uns auf, nahmen sie es als Umarmung, in die
    sie sich warfen, das Gesicht voran.
    Und diese alten Spaße hatte ich diesmal erst nach so
     langem Beisammensein erkannt. Ich zerrieb mir die Fin-
    gerspitzen an einander, um die Schande ungeschehen zu
    machen.
    [  ]
    Mein Mann aber lehnte hier noch wie früher, hielt sich
    noch immer für einen Bauernfänger, und die Zufrieden-
    heit mit seinem Schicksal rötete ihm die freie Wange.
    „Erkannt!“ sagte ich und klope ihm noch leicht auf
    die Schulter. Dann eilte ich die Treppe hinauf und die so 
    grundlos treuen Gesichter der Dienerscha oben im
    Vorzimmer freuten mich wie eine schöne Überraschung.
    Ich sah sie alle der Reihe nach an, während man mir den
    Mantel abnahm und die Stiefel abstaubte. Aufatmend
    und langgestreckt betrat ich dann den Saal.
    
    Der

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