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Drucke zu Lebzeiten

Drucke zu Lebzeiten

Titel: Drucke zu Lebzeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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denke ich, daß sie nicht lange so erhalten
    bleiben, sondern Falten bekommen, nicht mehr gerade
    zu glätten, Staub bekommen, der, dick in der Verzie-
     rung, nicht mehr zu entfernen ist, und daß niemand so
    traurig und lächerlich sich wird machen wollen, täglich
    das gleiche kostbare Kleid früh anzulegen und abends
    auszuziehn.
    Doch sehe ich Mädchen, die wohl schön sind und
     vielfache reizende Muskeln und Knöchelchen und ge-
    spannte Haut und Massen dünner Haare zeigen, und
    doch tagtäglich in diesem einen natürlichen Maskenan-
    [  ]
    zug erscheinen, immer das gleiche Gesicht in die glei-
    chen Handflächen legen und von ihrem Spiegel Wider-
    scheinen lassen.
    Nur manchmal am Abend, wenn sie spät von einem
    Feste kommen, scheint es ihnen im Spiegel abgenützt, 
    gedunsen, verstaubt, von allen schon gesehn und kaum
    mehr tragbar.
    Die Abweisung
    Wenn ich einem schönen Mädchen begegne und sie bit-
    te: „Sei so gut, komm mit mir“ und sie stumm vorüber- 
    geht, so meint sie damit:
    „Du bist kein Herzog mit fliegendem Namen, kein
    breiter Amerikaner mit indianischem Wuchs, mit wag-
    recht ruhenden Augen, mit einer von der Lu der Ra-
    senplätze und der sie durchströmenden Flüsse massier- 
    ten Haut, Du hast keine Reisen gemacht zu den großen
    Seen und auf ihnen, die ich weiß nicht wo zu finden
    sind. Also ich bitte, warum soll ich, ein schönes Mäd-
    chen, mit Dir gehn?“
    „Du vergißt, Dich trägt kein Automobil in langen Stö- 
    ßen schaukelnd durch die Gasse; ich sehe nicht die in
    ihre Kleider gepreßten Herren Deines Gefolges, die Se-
    [  ]
    gensprüche für Dich murmelnd in genauem Halbkreis
    hinter Dir gehn; Deine Brüste sind im Mieder gut geord-
    net, aber Deine Schenkel und Hüen entschädigen sich
    für jene Enthaltsamkeit; Du trägst ein Taffetkleid mit
     plissierten Falten, wie es im vorigen Herbste uns durch-
    aus allen Freude machte, und doch lächelst Du – diese
    Lebensgefahr auf dem Leibe – bisweilen.“
    „Ja, wir haben beide recht und, um uns dessen nicht
    unwiderleglich bewußt zu werden, wollen wir, nicht
     wahr, lieber jeder allein nach Hause gehn.“
    Zum Nachdenken für Herrenreiter
    Nichts, wenn man es überlegt, kann dazu verlocken, in
    einem Wettrennen der erste sein zu wollen.
    Der Ruhm, als der beste Reiter eines Landes aner-
     kannt zu werden, freut beim Losgehn des Orchesters zu
    stark, als daß sich am Morgen danach die Reue verhin-
    dern ließe.
    Der Neid der Gegner, listiger, ziemlich einflußreicher
    Leute, muß uns in dem engen Spalier schmerzen, das wir
     nun durchreiten nach jener Ebene, die bald vor uns leer
    war bis auf einige überrundete Reiter, die klein gegen
    den Rand des Horizonts anritten.
    [  ]
    Viele unserer Freunde eilen den Gewinn zu beheben
    und nur über die Schultern weg schreien sie von den
    entlegenen Schaltern ihr Hurra zu uns; die besten
    Freunde aber haben gar nicht auf unser Pferd gesetzt, da
    sie fürchteten, käme es zum Verluste, müßten sie uns 
    böse sein, nun aber, da unser Pferd das erste war und
    sie nichts gewonnen haben, drehn sie sich um, wenn
    wir vorüberkommen und schauen lieber die Tribünen
    entlang.
    Die Konkurrenten rückwärts, fest im Sattel, suchen 
    das Unglück zu überblicken, das sie getroffen hat, und
    das Unrecht, das ihnen irgendwie zugefügt wird; sie
    nehmen ein frisches Aussehen an, als müsse ein neues
    Rennen anfangen und ein ernsthaes nach diesem Kin-
    derspiel.
    
    Vielen Damen scheint der Sieger lächerlich, weil er
    sich auläht und doch nicht weiß, was anzufangen mit
    dem ewigen Händeschütteln, Salutieren, Sich-Nieder-
    beugen und In-die-Ferne-Grüßen, während die Besieg-
    ten den Mund geschlossen haben und die Hälse ihrer 
    meist wiehernden Pferde leichthin klopfen.
    Endlich fängt es gar aus dem trüb gewordenen Him-
    mel zu regnen an.
    [  ]
    Das Gassenfenster
    Wer verlassen lebt und sich doch hie und da irgendwo
    anschließen möchte, wer mit Rücksicht auf die Verände-
    rungen der Tageszeit, der Witterung, der Berufsverhält-
     nisse und dergleichen ohne weiteres irgend einen belie-
    bigen Arm sehen will, an dem er sich halten könnte, –
    der wird es ohne ein Gassenfenster nicht lange treiben.
    Und steht es mit ihm so, daß er gar nichts sucht und nur
    als müder Mann, die Augen auf und ab zwischen Publi-
     kum und Himmel, an seine Fensterbrüstung tritt,

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