Drucke zu Lebzeiten
bloß Wut über
die schlechte Wartung erfüllte ihn, und trotzdem er sich
nichts vorstellen konnte, worauf er Appetit gehabt hätte,
machte er doch Pläne, wie er in die Speisekammer gelan-
gen könnte, um dort zu nehmen, was ihm, auch wenn er
keinen Hunger hatte, immerhin gebührte. Ohne jetzt
mehr nachzudenken, womit man Gregor einen besonde-
ren Gefallen machen könnte, schob die Schwester eiligst,
ehe sie morgens und mittags ins Geschä lief, mit dem
Fuß irgendeine beliebige Speise in Gregors Zimmer hin-
ein, um sie am Abend, gleichgültig dagegen, ob die Spei-
se vielleicht nur verkostet oder – der häufigste Fall –
gänzlich unberührt war, mit einem Schwenken des Be-
sens hinauszukehren. Das Aufräumen des Zimmers, das
sie nun immer abends besorgte, konnte gar nicht mehr
schneller getan sein. Schmutzstreifen zogen sich die
Wände entlang, hie und da lagen Knäuel von Staub und
Unrat. In der ersten Zeit stellte sich Gregor bei der An-
kun der Schwester in derartige besonders bezeichnen-
de Winkel, um ihr durch diese Stellung gewissermaßen
einen Vorwurf zu machen. Aber er hätte wohl wochen-
lang dort bleiben können, ohne daß sich die Schwester
gebessert hätte; sie sah ja den Schmutz genau so wie er,
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aber sie hatte sich eben entschlossen, ihn zu lassen. Da-
bei wachte sie mit einer an ihr ganz neuen Empfindlich-
keit, die überhaupt die ganze Familie ergriffen hatte,
darüber, daß das Aufräumen von Gregors Zimmer ihr
vorbehalten blieb. Einmal hatte die Mutter Gregors
Zimmer einer großen Reinigung unterzogen, die ihr nur
nach Verbrauch einiger Kübel Wasser gelungen war – die
viele Feuchtigkeit kränkte allerdings Gregor auch und er
lag breit, verbittert und unbeweglich auf dem Kanapee-,
aber die Strafe blieb für die Mutter nicht aus. Denn
kaum hatte am Abend die Schwester die Veränderung in
Gregors Zimmer bemerkt, als sie, aufs höchste beleidigt,
ins Wohnzimmer lief und, trotz der beschwörend erho-
benen Hände der Mutter, in einen Weinkrampf aus-
brach, dem die Eltern – der Vater war natürlich aus sei-
nem Sessel aufgeschreckt worden – zuerst erstaunt und
hilflos zusahen, bis auch sie sich zu rühren anfingen; der
Vater rechts der Mutter Vorwürfe machte, daß sie Gre-
gors Zimmer nicht der Schwester zur Reinigung über-
ließ; links dagegen die Schwester anschrie, sie werde nie-
mals mehr Gregors Zimmer reinigen dürfen; während
die Mutter den Vater, der sich vor Erregung nicht mehr
kannte, ins Schlafzimmer zu schleppen suchte; die
Schwester, von Schluchzen geschüttelt, mit ihren kleinen
Fäusten den Tisch bearbeitete; und Gregor laut vor Wut
darüber zischte, daß es keinem einfiel, die Tür zu schlie-
ßen und ihm diesen Anblick und Lärm zu ersparen.
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Aber selbst wenn die Schwester, erschöp von ihrer
Berufsarbeit, dessen überdrüssig geworden war, für
Gregor, wie früher, zu sorgen, so hatte noch keineswegs
die Mutter für sie eintreten müssen und Gregor hätte
doch nicht vernachlässigt werden brauchen. Denn nun
war die Bedienerin da. Diese alte Witwe, die in ihrem
langen Leben mit Hilfe ihres starken Knochenbaues das
Ärgste überstanden haben mochte, hatte keinen eigentli-
chen Abscheu vor Gregor. Ohne irgendwie neugierig zu
sein, hatte sie zufällig einmal die Tür von Gregors Zim-
mer aufgemacht und war im Anblick Gregors, der,
gänzlich überrascht, trotzdem ihn niemand jagte, hin
und herzulaufen begann, die Hände im Schoß gefaltet
staunend stehen geblieben. Seitdem versäumte sie nicht,
stets flüchtig morgens und abends die Tür ein wenig zu
öffnen und zu Gregor hineinzuschauen. Anfangs rief sie
ihn auch zu sich herbei, mit Worten, die sie wahrschein-
lich für freundlich hielt, wie „Komm mal herüber, alter
Mistkäfer!“ oder „Seht mal den alten Mistkäfer!“ Auf
solche Ansprachen antwortete Gregor mit nichts, son-
dern blieb unbeweglich auf seinem Platz, als sei die Tür
gar nicht geöffnet worden. Hätte man doch dieser Be-
dienerin, statt sie nach ihrer Laune ihn nutzlos stören zu
lassen, lieber den Befehl gegeben, sein Zimmer täglich
zu reinigen! Einmal am frühen Morgen – ein heiger
Regen, vielleicht schon ein Zeichen des kommenden
Frühjahrs, schlug an die Scheiben – war Gregor, als die
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Bedienerin mit ihren Redensarten
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