Drucke zu Lebzeiten
wieder begann, derar-
tig erbittert, daß er, wie zum Angriff, allerdings langsam
und hinfällig, sich gegen sie wendete. Die Bedienerin
aber, statt sich zu fürchten, hob bloß einen in der Nähe
der Tür befindlichen Stuhl hoch empor, und wie sie mit
groß geöffnetem Munde dastand, war ihre Absicht klar,
den Mund erst zu schließen, wenn der Sessel in ihrer
Hand auf Gregors Rücken niederschlagen würde. „Also
weiter geht es nicht?“ fragte sie, als Gregor sich wieder
umdrehte, und stellte den Sessel ruhig in die Ecke
zurück.
Gregor aß nun fast gar nichts mehr. Nur wenn er
zufällig an der vorbereiteten Speise vorüberkam, nahm
er zum Spiel einen Bissen in den Mund, hielt ihn dort
stundenlang und spie ihn dann meist wieder aus. Zuerst
dachte er, es sei die Trauer über den Zustand seines Zim-
mers, die ihn vom Essen abhalte, aber gerade mit den
Veränderungen des Zimmers söhnte er sich sehr bald
aus. Man hatte sich angewöhnt, Dinge, die man anders-
wo nicht unterbringen konnte, in dieses Zimmer hinein-
zustellen, und solcher Dinge gab es nun viele, da man ein
Zimmer der Wohnung an drei Zimmerherren vermietet
hatte. Diese ernsten Herren – alle drei hatten Vollbärte,
wie Gregor einmal durch eine Türspalte feststellte – wa-
ren peinlich auf Ordnung, nicht nur in ihrem Zimmer,
sondern, da sie sich nun einmal hier eingemietet hatten,
in der ganzen Wirtscha, also insbesondere in der Kü-
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che, bedacht. Unnützen oder gar schmutzigen Kram er-
trugen sie nicht. Überdies hatten sie zum größten Teil
ihre eigenen Einrichtungsstücke mitgebracht. Aus die-
sem Grunde waren viele Dinge überflüssig geworden,
die zwar nicht verkäuflich waren, die man aber auch
nicht wegwerfen wollte. Alle diese wanderten in Gre-
gors Zimmer. Ebenso auch die Aschenkiste und die
Abfallkiste aus der Küche. Was nur im Augenblick un-
brauchbar war, schleuderte die Bedienerin, die es immer
sehr eilig hatte, einfach in Gregors Zimmer; Gregor sah
glücklicherweise meist nur den betreffenden Gegenstand
und die Hand, die ihn hielt. Die Bedienerin hatte viel-
leicht die Absicht, bei Zeit und Gelegenheit die Dinge
wieder zu holen oder alle insgesamt mit einemmal hin-
auszuwerfen, tatsächlich aber blieben sie dort liegen,
wohin sie durch den ersten Wurf gekommen waren,
wenn nicht Gregor sich durch das Rumpelzeug wand
und es in Bewegung brachte, zuerst gezwungen, weil
kein sonstiger Platz zum Kriechen frei war, später aber
mit wachsendem Vergnügen, obwohl er nach solchen
Wanderungen, zum Sterben müde und traurig, wieder
stundenlang sich nicht rührte.
Da die Zimmerherren manchmal auch ihr Abendessen
zu Hause im gemeinsamen Wohnzimmer einnahmen,
blieb die Wohnzimmertür an manchen Abenden ge-
schlossen, aber Gregor verzichtete ganz leicht auf das
Öffnen der Tür, hatte er doch schon manche Abende, an
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denen sie geöffnet war, nicht ausgenützt, sondern war,
ohne daß es die Familie merkte, im dunkelsten Winkel
seines Zimmers gelegen. Einmal aber hatte die Bediene-
rin die Tür zum Wohnzimmer ein wenig offen gelassen,
und sie blieb so offen, auch als die Zimmerherren am
Abend eintraten und Licht gemacht wurde. Sie setzten
sich oben an den Tisch, wo in früheren Zeiten der Vater,
die Mutter und Gregor gegessen hatten, entfalteten die
Servietten und nahmen Messer und Gabel in die Hand.
Sofort erschien in der Tür die Mutter mit einer Schüssel
Fleisch und knapp hinter ihr die Schwester mit einer
Schüssel hochgeschichteter Kartoffeln. Das Essen
dampe mit starkem Rauch. Die Zimmerherren beugten
sich über die vor sie hingestellten Schüsseln, als wollten
sie sie vor dem Essen prüfen, und tatsächlich zerschnitt
der, welcher in der Mitte saß und den anderen zwei als
Autorität zu gelten schien, ein Stück Fleisch noch auf
der Schüssel, offenbar um festzustellen, ob es mürbe
genug sei und ob es nicht etwa in die Küche zurückge-
schickt werden solle. Er war befriedigt, und Mutter und
Schwester, die gespannt zugesehen hatten, begannen
aufatmend zu lächeln.
Die Familie selbst aß in der Küche. Trotzdem kam der
Vater, ehe er in die Küche ging, in dieses Zimmer herein
und machte mit einer einzigen Verbeugung, die Kappe in
der Hand, einen Rundgang um den Tisch. Die Zimmer-
herren erhoben sich sämtlich und murmelten etwas in
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