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Drucke zu Lebzeiten

Drucke zu Lebzeiten

Titel: Drucke zu Lebzeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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aufzuklären hatte er weder Zeit noch Möglich-
    keit. Und so flüchtete er sich zur Tür seines Zimmers
     und drückte sich an sie, damit der Vater beim Eintritt
    vom Vorzimmer her gleich sehen könne, daß Gregor die
    beste Absicht habe, sofort in sein Zimmer zurückzukeh-
    ren, und daß es nicht nötig sei, ihn zurückzutreiben,
    sondern daß man nur die Tür zu öffnen brauche, und
     gleich werde er verschwinden.
    Aber der Vater war nicht in der Stimmung, solche
    Feinheiten zu bemerken; „Ah!“ rief er gleich beim Ein-
    tritt in einem Tone, als sei er gleichzeitig wütend und
    froh. Gregor zog den Kopf von der Tür zurück und hob
     ihn gegen den Vater. So hatte er sich den Vater wirklich
    nicht vorgestellt, wie er jetzt dastand; allerdings hatte er
    in der letzten Zeit über dem neuartigen Herumkriechen
    versäumt, sich so wie früher um die Vorgänge in der
    übrigen Wohnung zu kümmern, und hätte eigentlich
     darauf gefaßt sein müssen, veränderte Verhältnisse anzu-
    treffen. Trotzdem, trotzdem, war das noch der Vater?
    Der gleiche Mann, der müde im Bett vergraben lag,
    [  ]
    wenn früher Gregor zu einer Geschäsreise ausgerückt
    war; der ihn an Abenden der Heimkehr im Schlafrock
    im Lehnstuhl empfangen hatte; gar nicht recht imstande
    war, aufzustehen, sondern zum Zeichen der Freude nur
    die Arme gehoben hatte, und der bei den seltenen ge- 
    meinsamen Spaziergängen an ein paar Sonntagen irn Jahr
    und an den höchsten Feiertagen zwischen Gregor und
    der Mutter, die schon an und für sich langsam gingen,
    immer noch ein wenig langsamer, in seinen alten Mantel
    eingepackt, mit stets vorsichtig aufgesetztem Krück- 
    stock sich vorwärts arbeitete und, wenn er etwas sagen
    wollte, fast immer stillstand und seine Begleitung um
    sich versammelte? Nun aber war er recht gut aufgerich-
    tet; in eine straffe blaue Uniform mit Goldknöpfen ge-
    kleidet, wie sie Diener der Bankinstitute tragen; über 
    dem hohen steifen Kragen des Rockes entwickelte sich
    sein starkes Doppelkinn; unter den buschigen Augen-
    brauen drang der Blick der schwarzen Augen frisch und
    aufmerksam hervor; das sonst zerzauste weiße Haar war
    zu einer peinlich genauen, leuchtenden Scheitelfrisur 
    niedergekämmt. Er warf seine Mütze, auf der ein Gold-
    monogramm, wahrscheinlich das einer Bank, angebracht
    war, über das ganze Zimmer im Bogen auf das Kanapee
    hin und ging, die Enden seines langen Uniformrockes
    zurückgeschlagen, die Hände in den Hosentaschen, mit 
    verbissenem Gesicht auf Gregor zu. Er wußte wohl
    selbst nicht, was er vor hatte; immerhin hob er die Füße
    [  ]
    ungewöhnlich hoch, und Gregor staunte über die Rie-
    sengröße seiner Stiefelsohlen. Doch hielt er sich dabei
    nicht auf, er wußte ja noch vom ersten Tage seines neuen
    Lebens her, daß der Vater ihm gegenüber nur die größte
     Strenge für angebracht ansah. Und so lief er vor dem
    Vater her, stockte, wenn der Vater stehen blieb, und eilte
    schon wieder vorwärts, wenn sich der Vater nur rührte.
    So machten sie mehrmals die Runde um das Zimmer,
    ohne daß sich etwas Entscheidendes ereignete, ja ohne
     daß das Ganze infolge seines langsamen Tempos den
    Anschein einer Verfolgung gehabt hätte. Deshalb blieb
    auch Gregor vorläufig auf dem Fußboden, zumal er
    fürchtete, der Vater könnte eine Flucht auf die Wände
    oder den Plafond für besondere Bosheit halten. Aller-
     dings mußte sich Gregor sagen, daß er sogar dieses Lau-
    fen nicht lange aushalten würde, denn während der Vater
    einen Schritt machte, mußte er eine Unzahl von Bewe-
    gungen ausführen. Atemnot begann sich schon bemerk-
    bar zu machen, wie er ja auch in seiner früheren Zeit
     keine ganz vertrauenswürdige Lunge besessen hatte. Als
    er nun so dahintorkelte, um alle Kräe für den Lauf zu
    sammeln, kaum die Augen offenhielt; in seiner Stumpf-
    heit an eine andere Rettung als durch Laufen gar nicht
    dachte; und fast schon vergessen hatte, daß ihm die
     Wände freistanden, die hier allerdings mit sorgfältig ge-
    schnitzten Möbeln voll Zacken und Spitzen verstellt wa-
    ren – da flog knapp neben ihm, leicht geschleudert, ir-
    [  ]
    gendetwas nieder und rollte vor ihm her. Es war ein
    Apfel; gleich flog ihm ein zweiter nach; Gregor blieb
    vor Schrecken stehen; ein Weiterlaufen war nutzlos,
    denn der Vater hatte sich entschlossen, ihn zu bombar-
    dieren. Aus der Obstschale

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