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Drucke zu Lebzeiten

Drucke zu Lebzeiten

Titel: Drucke zu Lebzeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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schloß
    mit einem Krach die Tür.
    Der Vater wankte mit tastenden Händen zu seinem
    Sessel und ließ sich in ihn fallen; es sah aus, als strecke er
     sich zu seinem gewöhnlichen Abendschläfchen, aber das
    starke Nicken seines wie haltlosen Kopfes zeigte, daß er
    ganz und gar nicht schlief. Gregor war die ganze Zeit
    [  ]
    still auf dem Platz gelegen, auf dem ihn die Zimmerher-
    ren ertappt hatten. Die Enttäuschung über das Mißlin-
    gen seines Planes, vielleicht aber auch die durch das viele
    Hungern verursachte Schwäche machten es ihm unmög-
    lich, sich zu bewegen. Er fürchtete mit einer gewissen 
    Bestimmtheit schon für den nächsten Augenblick einen
    allgemeinen über ihn sich entladenden Zusammensturz
    und wartete. Nicht einmal die Violine schreckte ihn auf,
    die, unter den zitternden Fingern der Mutter hervor, ihr
    vom Schöße fiel und einen hallenden Ton von sich gab.
    
    „Liebe Eltern“, sagte die Schwester und schlug zur
    Einleitung mit der Hand auf den Tisch, „so geht es nicht
    weiter. Wenn ihr das vielleicht nicht einsehet, ich sehe es
    ein. Ich will vor diesem Untier nicht den Namen meines
    Bruders aussprechen, und sage daher bloß: wir müssen 
    versuchen, es loszuwerden. Wir haben das Menschen-
    mögliche versucht, es zu pflegen und zu dulden, ich
    glaube, es kann uns niemand den geringsten Vorwurf
    machen.“
    „Sie hat tausendmal Recht“, sagte der Vater für sich. 
    Die Mutter, die noch immer nicht genug Atem finden
    konnte, fing in die vorgehaltene Hand mit einem irrsin-
    nigen Ausdruck der Augen dumpf zu husten an.
    Die Schwester eilte zur Mutter und hielt ihr die Stirn.
    Der Vater schien durch die Worte der Schwester auf 
    bestimmtere Gedanken gebracht zu sein, hatte sich auf-
    recht gesetzt, spielte mit seiner Dienermütze zwischen
    [  ]
    den Tellern, die noch vom Nachtmahl der Zimmerher-
    ren her auf dem Tische lagen, und sah bisweilen auf den
    stillen Gregor hin.
    „Wir müssen es loszuwerden suchen“, sagte die
     Schwester nun ausschließlich zum Vater, denn die Mut-
    ter horte in ihrem Husten nichts, „es bringt euch noch
    beide um, ich sehe es kommen. Wenn man schon so
    schwer arbeiten muß, wie wir alle, kann man nicht noch
    zu Hause diese ewige Quälerei ertragen. Ich kann es
     auch nicht mehr.“ Und sie brach so heig in Weinen aus,
    daß ihre Tränen auf das Gesicht der Mutter niederflos-
    sen, von dem sie sie mit mechanischen Handbewegun-
    gen wischte.
    „Kind“, sagte der Vater mitleidig und mit auffallen-
     dem Verständnis, „was sollen wir aber tun?“
    Die Schwester zuckte nur die Achseln zum Zeichen
    der Ratlosigkeit, die sie nun während des Weinens im
    Gegensatz zu ihrer früheren Sicherheit ergriffen hatte.
    „Wenn er uns verstünde“, sagte der Vater halb fra-
     gend; die Schwester schüttelte aus dem Weinen heraus
    heig die Hand zum Zeichen, daß daran nicht zu den-
    ken sei.
    „Wenn er uns verstünde“, wiederholte der Vater und
    nahm durch Schließen der Augen die Überzeugung der
     Schwester von der Unmöglichkeit dessen in sich auf,
    „dann wäre vielleicht ein Übereinkommen mit ihm mög-
    lich. Aber so – “
    [  ]
    „Weg muß es“, rief die Schwester, „das ist das einzige
    Mittel, Vater. Du mußt bloß den Gedanken loszuwerden
    suchen, daß es Gregor ist. Daß wir es solange geglaubt
    haben, das ist ja unser eigentliches Unglück. Aber wie
    kann es denn Gregor sein? Wenn es Gregor wäre, er 
    hätte längst eingesehen, daß ein Zusammenleben von
    Menschen mit einem solchen Tier nicht möglich ist, und
    wäre freiwillig fortgegangen. Wir hätten dann keinen
    Bruder, aber könnten weiter leben und sein Andenken
    in Ehren halten. So aber verfolgt uns dieses Tier, ver- 
    treibt die Zimmerherren, will offenbar die ganze Woh-
    nung einnehmen und uns auf der Gasse übernachten
    lassen. Sieh nur, Vater“, schrie sie plötzlich auf, „er fängt
    schon wieder an!“ Und in einem für Gregor gänzlich
    unverständlichen Schrecken verließ die Schwester sogar 
    die Mutter, stieß sich förmlich von ihrem Sessel ab, als
    wollte sie lieber die Mutter opfern, als in Gregors Nähe
    bleiben, und eilte hinter den Vater, der, lediglich durch
    ihr Benehmen erregt, auch aufstand und die Arme wie
    zum Schütze der Schwester vor ihr halb erhob.
    
    Aber Gregor fiel es doch gar nicht ein, irgend jeman-
    dem und gar seiner Schwester Angst machen zu

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