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Drucke zu Lebzeiten

Drucke zu Lebzeiten

Titel: Drucke zu Lebzeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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wollen.
    Er hatte bloß angefangen sich umzudrehen, um in sein
    Zimmer zurückzuwandern, und das nahm sich aller-
    dings auffallend aus, da er infolge seines leidenden Zu- 
    standes bei den schwierigen Umdrehungen mit seinem
    Kopfe nachhelfen mußte, den er hierbei viele Male hob
    [  ]
    und gegen den Boden schlug. Er hielt inne und sah sich
    um. Seine gute Absicht schien erkannt worden zu sein;
    es war nur ein augenblicklicher Schrecken gewesen. Nun
    sahen ihn alle schweigend und traurig an. Die Mutter
     lag, die Beine ausgestreckt und aneinandergedrückt, in
    ihrem Sessel, die Augen fielen ihr vor Ermattung fast zu;
    der Vater und die Schwester saßen nebeneinander, die
    Schwester hatte ihre Hand um des Vaters Hals gelegt.
    „Nun darf ich mich schon vielleicht umdrehen“,
     dachte Gregor und begann seine Arbeit wieder. Er
    konnte das Schnaufen der Anstrengung nicht unterdrük-
    ken und mußte auch hie und da ausruhen. Im übrigen
    drängte ihn auch niemand, es war alles ihm selbst über-
    lassen. Als er die Umdrehung vollendet hatte, fing er
     sofort an, geradeaus zurückzuwandern. Er staunte über
    die große Entfernung, die ihn von seinem Zimmer
    trennte, und begriff gar nicht, wie er bei seiner Schwäche
    vor kurzer Zeit den gleichen Weg, fast ohne es zu mer-
    ken, zurückgelegt hatte. Immerfort nur auf rasches Krie-
     chen bedacht, achtete er kaum darauf, daß kein Wort,
    kein Ausruf seiner Familie ihn störte. Erst als er schon in
    der Tür war, wendete er den Kopf, nicht vollständig,
    denn er fühlte den Hals steif werden, immerhin sah er
    noch, daß sich hinter ihm nichts verändert hatte, nur die
     Schwester war aufgestanden. Sein letzter Blick streie
    die Mutter, die nun völlig eingeschlafen war.
    Kaum war er innerhalb seines Zimmers, wurde die
    [  ]
    Tür eiligst zugedrückt, festgeriegelt und versperrt. Über
    den plötzlichen Lärm hinter sich erschrak Gregor so,
    daß ihm die Beinchen einknickten. Es war die Schwester,
    die sich so beeilt hatte. Aufrecht war sie schon da gestan-
    den und hatte gewartet, leichtfüßig war sie dann vor- 
    wärtsgesprungen, Gregor hatte sie gar nicht kommen
    hören, und ein „Endlich!“ rief sie den Eltern zu, wäh-
    rend sie den Schlüssel im Schloß umdrehte.
    „Und jetzt?“ fragte sich Gregor und sah sich im Dun-
    keln um. Er machte bald die Entdeckung, daß er sich 
    nun überhaupt nicht mehr rühren konnte. Er wunderte
    sich darüber nicht, eher kam es ihm unnatürlich vor, daß
    er sich bis jetzt tatsächlich mit diesen dünnen Beinchen
    hatte fortbewegen können. Im übrigen fühlte er sich ver-
    hältnismäßig behaglich. Er hatte zwar Schmerzen im 
    ganzen Leib, aber ihm war, als würden sie allmählich
    schwächer und schwächer und würden schließlich ganz
    vergehen. Den verfaulten Apfel in seinem Rücken und
    die entzündete Umgebung, die ganz von weichem Staub
    bedeckt waren, spürte er schon kaum. An seine Familie 
    dachte er mit Rührung und Liebe zurück. Seine Mei-
    nung darüber, daß er verschwinden müsse, war womög-
    lich noch entschiedener, als die seiner Schwester. In die-
    sem Zustand leeren und friedlichen Nachdenkens blieb
    er, bis die Turmuhr die dritte Morgenstunde schlug. Den 
    Anfang des allgemeinen Hellerwerdens draußen vor dem
    Fenster erlebte er noch. Dann sank sein Kopf ohne sei-
    [  ]
    nen Willen gänzlich nieder, und aus seinen Nüstern
    strömte sein letzter Atem schwach hervor.
    Als am frühen Morgen die Bedienerin kam – vor lauter
    Kra und Eile schlug sie, wie o man sie auch schon
     gebeten hatte, das zu vermeiden, alle Türen derartig zu,
    daß in der ganzen Wohnung von ihrem Kommen an kein
    ruhiger Schlaf mehr möglich war –, fand sie bei ihrem
    gewöhnlichen kurzen Besuch an Gregor zuerst nichts
    Besonderes. Sie dachte, er liege absichtlich so unbeweg-
     lich da und spiele den Beleidigten; sie traute ihm allen
    möglichen Verstand zu. Weil sie zufällig den langen Be-
    sen in der Hand hielt, suchte sie mit ihm Gregor von der
    Tür aus zu kitzeln. Als sich auch da kein Erfolg zeigte,
    wurde sie ärgerlich und stieß ein wenig in Gregor hinein,
     und erst als sie ihn ohne jeden Widerstand von seinem
    Platze geschoben hatte, wurde sie aufmerksam. Als sie
    bald den wahren Sachverhalt erkannte, machte sie große
    Augen, pfiff vor sich hin, hielt sich aber nicht lange auf,
    sondern riß die Tür des Schlafzimmers

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