Drucke zu Lebzeiten
auf und rief mit
lauter Stimme in das Dunkel hinein: „Sehen Sie nur mal
an, es ist krepiert; da liegt es, ganz und gar krepiert!“
Das Ehepaar Samsa saß im Ehebett aufrecht da und
hatte zu tun, den Schrecken über die Bedienerin zu ver-
winden, ehe es dazu kam, ihre Meldung aufzufassen.
Dann aber stiegen Herr und Frau Samsa, jeder auf seiner
Seite, eiligst aus dem Bett, Herr Samsa warf die Decke
über seine Schultern, Frau Samsa kam nur im Nacht-
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hemd hervor; so traten sie in Gregors Zimmer. Inzwi-
schen hatte sich auch die Tür des Wohnzimmers geöff-
net, in dem Grete seit dem Einzug der Zimmerherren
schlief; sie war völlig angezogen, als hätte sie gar nicht
geschlafen, auch ihr bleiches Gesicht schien das zu be-
weisen. „Tot?“ sagte Frau Samsa und sah fragend zur
Bedienerin auf, trotzdem sie doch alles selbst prüfen und
sogar ohne Prüfung erkennen konnte. „Das will ich mei-
nen“, sagte die Bedienerin und stieß zum Beweis Gre-
gors Leiche mit dem Besen noch ein großes Stück seit-
wärts. Frau Samsa machte eine Bewegung, als wolle sie
den Besen zurückhalten, tat es aber nicht. „Nun“, sagte
Herr Samsa, „jetzt können wir Gott danken.“ Er be-
kreuzte sich, und die drei Frauen folgten seinem Bei-
spiel. Grete, die kein Auge von der Leiche wendete,
sagte: „Seht nur, wie mager er war. Er hat ja auch schon
so lange Zeit nichts gegessen. So wie die Speisen herein-
kamen, sind sie wieder hinausgekommen.“ Tatsächlich
war Gregors Körper vollständig flach und trocken, man
erkannte das eigentlich erst jetzt, da er nicht mehr von
den Beinchen gehoben war und auch sonst nichts den
Blick ablenkte.
„Komm, Grete, auf ein Weilchen zu uns herein“, sagte
Frau Samsa mit einem wehmütigen Lächeln, und Grete
ging, nicht ohne nach der Leiche zurückzusehen, hinter
den Eltern in das Schlafzimmer. Die Bedienerin schloß
die Tür und öffnete gänzlich das Fenster. Trotz des frü-
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hen Morgens war der frischen Lu schon etwas Lauig-
keit beigemischt. Es war eben schon Ende März.
Aus ihrem Zimmer traten die drei Zimmerherren und
sahen sich erstaunt nach ihrem Frühstück um; man hatte
sie vergessen. „Wo ist das Frühstück?“ fragte der mittle-
re der Herren mürrisch die Bedienerin. Diese aber legte
den Finger an den Mund und winkte dann hastig und
schweigend den Herren zu, sie möchten in Gregors
Zimmer kommen. Sie kamen auch und standen dann, die
Hände in den Taschen ihrer etwas abgenützten Röck-
chen, in dem nun schon ganz hellen Zimmer um Gregors
Leiche herum.
Da öffnete sich die Tür des Schlafzimmers, und Herr
Samsa erschien in seiner Livree an einem Arm seine
Frau, am anderen seine Tochter. Alle waren ein wenig
verweint; Grete drückte bisweilen ihr Gesicht an den
Arm des Vaters.
„Verlassen Sie sofort meine Wohnung!“ sagte Herr
Samsa und zeigte auf die Tür, ohne die Frauen von sich
zu lassen. „Wie meinen Sie das?“ sagte der mittlere der
Herren etwas bestürzt und lächelte süßlich. Die zwei
anderen hielten die Hände auf dem Rücken und rieben
sie ununterbrochen aneinander, wie in freudiger Erwar-
tung eines großen Streites, der aber für sie günstig aus-
fallen mußte. „Ich meine es genau so, wie ich es sage“,
antwortete Herr Samsa und ging in einer Linie mit sei-
nen zwei Begleiterinnen auf den Zimmerherrn zu. Die-
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ser stand zuerst still da und sah zu Boden, als ob sich die
Dinge in seinem Kopf zu einer neuen Ordnung zusam-
menstellten. „Dann gehen wir also“, sagte er dann und
sah zu Herrn Samsa auf, als verlange er in einer plötzlich
ihn überkommenden Demut sogar für diesen Entschluß
eine neue Genehmigung. Herr Samsa nickte ihm bloß
mehrmals kurz mit großen Augen zu. Darauin ging
der Herr tatsächlich sofort mit langen Schritten ins Vor-
zimmer; seine beiden Freunde hatten schon ein Weil-
chen lang mit ganz ruhigen Händen aufgehorcht und
hüpen ihm jetzt geradezu nach, wie in Angst, Herr
Samsa könnte vor ihnen ins Vorzimmer eintreten und
die Verbindung mit ihrem Führer stören. Im Vorzimmer
nahmen alle drei die Hüte vom Kleiderrechen, zogen
ihre Stöcke aus dem Stockbehälter, verbeugten sich
stumm und verließen die Wohnung. In einem, wie sich
zeigte, gänzlich unbegründeten Mißtrauen trat Herr
Samsa mit den zwei Frauen auf den
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