Drucke zu Lebzeiten
Erhaltung dieses Verfahrens alles,
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selbst das möglicherweise Unzureichende zu versuchen?
Hören Sie also meinen Plan. Zu seiner Ausführung ist es
vor allem nötig, daß Sie heute in der Kolonie mit Ihrem
Urteil über das Verfahren möglichst zurückhalten. Wenn
man Sie nicht geradezu fragt, dürfen Sie sich keinesfalls
äußern; Ihre Äußerungen aber müssen kurz und unbe-
stimmt sein; man soll merken, daß es Ihnen schwer wird,
darüber zu sprechen, daß Sie verbittert sind, daß Sie,
falls Sie offen reden sollten, geradezu in Verwünschun-
gen ausbrechen müßten. Ich verlange nicht, daß Sie lü-
gen sollen; keineswegs; Sie sollen nur kurz antworten,
etwa: ,Ja, ich habe die Exekution gesehen‘, oder ,Ja, ich
habe alle Erklärungen gehört‘. Nur das, nichts weiter.
Für die Verbitterung, die man Ihnen anmerken soll, ist ja
genügend Anlaß, wenn auch nicht im Sinne des Kom-
mandanten. Er natürlich wird es vollständig mißverste-
hen und in seinem Sinne deuten. Darauf gründet sich
mein Plan. Morgen findet in der Kommandatur unter
dem Vorsitz des Kommandanten eine große Sitzung aller
höheren Verwaltungsbeamten statt. Der Kommandant
hat es natürlich verstanden, aus solchen Sitzungen eine
Schaustellung zu machen. Es wurde eine Galerie gebaut,
die mit Zuschauern immer besetzt ist. Ich bin gezwun-
gen an den Beratungen teilzunehmen, aber der Wider-
wille schüttelt mich. Nun werden Sie gewiß auf jeden
Fall zu der Sitzung eingeladen werden; wenn Sie sich
heute meinem Plane gemäß verhalten, wird die Einla-
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dung zu einer dringenden Bitte werden. Sollten Sie aber
aus irgendeinem unerfindlichen Grunde doch nicht ein-
geladen werden, so müßten Sie allerdings die Einladung
verlangen; daß Sie sie dann erhalten, ist zweifellos. Nun
sitzen Sie also morgen mit den Damen in der Loge des
Kommandanten. Er versichert sich öers durch Blicke
nach oben, daß Sie da sind. Nach verschiedenen gleich-
gültigen, lächerlichen, nur für die Zuhörer berechneten
Verhandlungsgegenständen – meistens sind es Hafen-
bauten, immer wieder Hafenbauten! – kommt auch das
Gerichtsverfahren zur Sprache. Sollte es von Seiten des
Kommandanten nicht oder nicht bald genug geschehen,
so werde ich dafür sorgen, daß es geschieht. Ich werde
aufstehen und die Meldung von der heutigen Exekution
erstatten. Ganz kurz, nur diese Meldung. Eine solche
Meldung ist zwar dort nicht üblich, aber ich tue es doch.
Der Kommandant dankt mir, wie immer, mit freundli-
chem Lächeln und nun, er kann sich nicht zurückhalten,
erfaßt er die gute Gelegenheit. ,Es wurde eben‘, so oder
ähnlich wird er sprechen, ,die Meldung von der Exeku-
tion erstattet. Ich möchte dieser Meldung nur hinzufü-
gen, daß gerade dieser Exekution der große Forscher
beigewohnt hat, von dessen unsere Kolonie so außeror-
dentlich ehrendem Besuch Sie alle wissen. Auch unsere
heutige Sitzung ist durch seine Anwesenheit in ihrer Be-
deutung erhöht. Wollen wir nun nicht an diesen großen
Forscher die Frage richten, wie er die Exekution nach
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altem Brauch und das Verfahren, das ihr vorhergeht, be-
urteilt?‘ Natürlich überall Beifallklatschen, allgemeine
Zustimmung, ich bin der lauteste. Der Kommandant
verbeugt sich vor Ihnen und sagt: ,Dann stelle ich im
Namen aller die Frage.‘ Und nun treten Sie an die Brü-
stung. Legen Sie die Hände für alle sichtbar hin, sonst
fassen sie die Damen und spielen mit den Fingern. – Und
jetzt kommt endlich Ihr Wort. Ich weiß nicht, wie ich
die Spannung der Stunden bis dahin ertragen werde. In
Ihrer Rede müssen Sie sich keine Schranken setzen, ma-
chen Sie mit der Wahrheit Lärm, beugen Sie sich über die
Brüstung, brüllen Sie, aber ja, brüllen Sie dem Komman-
danten Ihre Meinung, Ihre unerschütterliche Meinung
zu. Aber vielleicht wollen Sie das nicht, es entspricht
nicht Ihrem Charakter, in Ihrer Heimat verhält man sich
vielleicht in solchen Lagen anders, auch das ist richtig,
auch das genügt vollkommen, stehen Sie gar nicht auf,
sagen Sie nur ein paar Worte, flüstern Sie sie, daß sie
gerade noch die Beamten unter Ihnen hören, es genügt,
Sie müssen gar nicht selbst von der mangelnden Teilnah-
me an der Exekution, von dem kreischenden Rad, dem
zerrissenen Riemen, dem widerlichen Filz reden, nein,
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