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Drucke zu Lebzeiten

Drucke zu Lebzeiten

Titel: Drucke zu Lebzeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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Erhaltung dieses Verfahrens alles,
    [  ]
    selbst das möglicherweise Unzureichende zu versuchen?
    Hören Sie also meinen Plan. Zu seiner Ausführung ist es
    vor allem nötig, daß Sie heute in der Kolonie mit Ihrem
    Urteil über das Verfahren möglichst zurückhalten. Wenn
     man Sie nicht geradezu fragt, dürfen Sie sich keinesfalls
    äußern; Ihre Äußerungen aber müssen kurz und unbe-
    stimmt sein; man soll merken, daß es Ihnen schwer wird,
    darüber zu sprechen, daß Sie verbittert sind, daß Sie,
    falls Sie offen reden sollten, geradezu in Verwünschun-
     gen ausbrechen müßten. Ich verlange nicht, daß Sie lü-
    gen sollen; keineswegs; Sie sollen nur kurz antworten,
    etwa: ,Ja, ich habe die Exekution gesehen‘, oder ,Ja, ich
    habe alle Erklärungen gehört‘. Nur das, nichts weiter.
    Für die Verbitterung, die man Ihnen anmerken soll, ist ja
     genügend Anlaß, wenn auch nicht im Sinne des Kom-
    mandanten. Er natürlich wird es vollständig mißverste-
    hen und in seinem Sinne deuten. Darauf gründet sich
    mein Plan. Morgen findet in der Kommandatur unter
    dem Vorsitz des Kommandanten eine große Sitzung aller
     höheren Verwaltungsbeamten statt. Der Kommandant
    hat es natürlich verstanden, aus solchen Sitzungen eine
    Schaustellung zu machen. Es wurde eine Galerie gebaut,
    die mit Zuschauern immer besetzt ist. Ich bin gezwun-
    gen an den Beratungen teilzunehmen, aber der Wider-
     wille schüttelt mich. Nun werden Sie gewiß auf jeden
    Fall zu der Sitzung eingeladen werden; wenn Sie sich
    heute meinem Plane gemäß verhalten, wird die Einla-
    [  ]
    dung zu einer dringenden Bitte werden. Sollten Sie aber
    aus irgendeinem unerfindlichen Grunde doch nicht ein-
    geladen werden, so müßten Sie allerdings die Einladung
    verlangen; daß Sie sie dann erhalten, ist zweifellos. Nun
    sitzen Sie also morgen mit den Damen in der Loge des 

Kommandanten. Er versichert sich öers durch Blicke
    nach oben, daß Sie da sind. Nach verschiedenen gleich-
    gültigen, lächerlichen, nur für die Zuhörer berechneten
    Verhandlungsgegenständen – meistens sind es Hafen-
    bauten, immer wieder Hafenbauten! – kommt auch das 
    Gerichtsverfahren zur Sprache. Sollte es von Seiten des
    Kommandanten nicht oder nicht bald genug geschehen,
    so werde ich dafür sorgen, daß es geschieht. Ich werde
    aufstehen und die Meldung von der heutigen Exekution
    erstatten. Ganz kurz, nur diese Meldung. Eine solche 
    Meldung ist zwar dort nicht üblich, aber ich tue es doch.
    Der Kommandant dankt mir, wie immer, mit freundli-
    chem Lächeln und nun, er kann sich nicht zurückhalten,
    erfaßt er die gute Gelegenheit. ,Es wurde eben‘, so oder
    ähnlich wird er sprechen, ,die Meldung von der Exeku- 
    tion erstattet. Ich möchte dieser Meldung nur hinzufü-
    gen, daß gerade dieser Exekution der große Forscher
    beigewohnt hat, von dessen unsere Kolonie so außeror-
    dentlich ehrendem Besuch Sie alle wissen. Auch unsere
    heutige Sitzung ist durch seine Anwesenheit in ihrer Be- 
    deutung erhöht. Wollen wir nun nicht an diesen großen
    Forscher die Frage richten, wie er die Exekution nach
    [  ]
    altem Brauch und das Verfahren, das ihr vorhergeht, be-
    urteilt?‘ Natürlich überall Beifallklatschen, allgemeine
    Zustimmung, ich bin der lauteste. Der Kommandant
    verbeugt sich vor Ihnen und sagt: ,Dann stelle ich im
     Namen aller die Frage.‘ Und nun treten Sie an die Brü-
    stung. Legen Sie die Hände für alle sichtbar hin, sonst
    fassen sie die Damen und spielen mit den Fingern. – Und
    jetzt kommt endlich Ihr Wort. Ich weiß nicht, wie ich
    die Spannung der Stunden bis dahin ertragen werde. In
     Ihrer Rede müssen Sie sich keine Schranken setzen, ma-
    chen Sie mit der Wahrheit Lärm, beugen Sie sich über die
    Brüstung, brüllen Sie, aber ja, brüllen Sie dem Komman-
    danten Ihre Meinung, Ihre unerschütterliche Meinung
    zu. Aber vielleicht wollen Sie das nicht, es entspricht
     nicht Ihrem Charakter, in Ihrer Heimat verhält man sich
    vielleicht in solchen Lagen anders, auch das ist richtig,
    auch das genügt vollkommen, stehen Sie gar nicht auf,
    sagen Sie nur ein paar Worte, flüstern Sie sie, daß sie
    gerade noch die Beamten unter Ihnen hören, es genügt,
     Sie müssen gar nicht selbst von der mangelnden Teilnah-
    me an der Exekution, von dem kreischenden Rad, dem
    zerrissenen Riemen, dem widerlichen Filz reden, nein,
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