Drucke zu Lebzeiten
zusam-
men, die Degenstücke, die Scheide und den Riemen und
warf es so heig weg, daß es unten in der Grube anein-
ander klang.
Nun stand er nackt da. Der Reisende biß sich auf die
Lippen und sagte nichts. Er wußte zwar, was geschehen
würde, aber er hatte kein Recht, den Offizier an irgend
etwas zu hindern. War das Gerichtsverfahren, an dem
der Offizier hing, wirklich so nahe daran behoben zu
werden – möglicherweise infolge des Einschreitens des
[ ]
Reisenden, zu dem sich dieser seinerseits verpflichtet
fühlte – dann handelte jetzt der Offizier vollständig rich-
tig; der Reisende hätte an seiner Stelle nicht anders ge-
handelt.
Der Soldat und der Verurteilte verstanden zuerst
nichts, sie sahen anfangs nicht einmal zu. Der Verurteilte
war sehr erfreut darüber, die Taschentücher zurücker-
halten zu haben, aber er dure sich nicht lange an ihnen
freuen, denn der Soldat nahm sie ihm mit einem raschen,
nicht vorherzusehenden Griff. Nun versuchte wieder
der Verurteilte dem Soldaten die Tücher hinter dem
Gürtel, hinter dem er sie verwahrt hatte, hervorzu-
ziehen, aber der Soldat war wachsam. So stritten sie in
halbem Scherz. Erst als der Offizier vollständig nackt
war, wurden sie aufmerksam. Besonders der Verurteil-
te schien von der Ahnung irgendeines großen Um-
schwungs getroffen zu sein. Was ihm geschehen war,
geschah nun dem Offizier. Vielleicht würde es so bis
zum Äußersten gehen. Wahrscheinlich hatte der fremde
Reisende den Befehl dazu gegeben. Das war also Rache.
Ohne selbst bis zum Ende gelitten zu haben, wurde er
doch bis zum Ende gerächt. Ein breites, lautloses La-
chen erschien nun auf seinem Gesicht und verschwand
nicht mehr.
Der Offizier aber hatte sich der Maschine zugewen-
det. Wenn es schon früher deutlich gewesen war, daß er
die Maschine gut verstand, so konnte es jetzt einen fast
[ ]
bestürzt machen, wie er mit ihr umging und wie sie
gehorchte. Er hatte die Hand der Egge nur genähert,
und sie hob und senkte sich mehrmals, bis sie die richti-
ge Lage erreicht hatte um ihn zu empfangen; er faßte das
Bett nur am Rande, und es fing schon zu zittern an; der
Filzstumpf kam seinem Mund entgegen, man sah, wie
der Offizier ihn eigentlich nicht haben wollte, aber das
Zögern dauerte nur einen Augenblick, gleich fügte er
sich und nahm ihn auf. Alles war bereit, nur die Riemen
hingen noch an den Seiten hinunter, aber sie waren of-
fenbar unnötig, der Offizier mußte nicht angeschnallt
sein. Da bemerkte der Verurteilte die losen Riemen, sei-
ner Meinung nach war die Exekution nicht vollkommen,
wenn die Riemen nicht festgeschnallt waren, er winkte
eifrig dem Soldaten, und sie liefen hin, den Offizier an-
zuschnallen. Dieser hatte schon den einen Fuß ausge-
streckt, um in die Kurbel zu stoßen, die den Zeichner in
Gang bringen sollte; da sah er, daß die zwei gekommen
waren; er zog daher den Fuß zurück und ließ sich an-
schnallen. Nun konnte er allerdings die Kurbel nicht
mehr erreichen; weder der Soldat noch der Verurteilte
würden sie auffinden, und der Reisende war entschlos-
sen, sich nicht zu rühren. Es war nicht nötig; kaum
waren die Riemen angebracht, fing auch schon die Ma-
schine zu arbeiten an; das Bett zitterte, die Nadeln tanz-
ten auf der Haut, die Egge schwebte auf und ab. Der
Reisende hatte schon eine Weile hingestarrt, ehe er sich
[ ]
erinnerte, daß ein Rad im Zeichner hätte kreischen sol-
len; aber alles war still, nicht das geringste Surren war zu
hören.
Durch diese stille Arbeit entschwand die Maschine
förmlich der Aufmerksamkeit. Der Reisende sah zu dem
Soldaten und dem Verurteilten hinüber. Der Verurteilte
war der lebhaere, alles an der Maschine interessierte
ihn, bald beugte er sich nieder, bald streckte er sich,
immerfort hatte er den Zeigefinger ausgestreckt, um dem
Soldaten etwas zu zeigen. Dem Reisenden war es pein-
lich. Er war entschlossen, hier bis zum Ende zu bleiben,
aber den Anblick der zwei hätte er nicht lange ertragen.
„Geht nach Hause“, sagte er. Der Soldat wäre dazu viel-
leicht bereit gewesen, aber der Verurteilte empfand den
Befehl geradezu als Strafe. Er bat flehentlich mit gefalte-
ten Händen ihn hier zu lassen, und als der Reisende
kopfschüttelnd nicht nachgeben wollte, kniete er sogar
nieder. Der Reisende sah, daß
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