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Drucke zu Lebzeiten

Drucke zu Lebzeiten

Titel: Drucke zu Lebzeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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Ungeduld einige kleine Rißwunden auf dem
    Rücken.
    Von jetzt ab kümmerte sich aber der Offizier kaum
    mehr um ihn. Er ging auf den Reisenden zu, zog wieder 
    die kleine Ledermappe hervor, blätterte in ihr, fand
    schließlich das Blatt, das er suchte, und zeigte es dem
    [  ]
    Reisenden. „Lesen Sie“, sagte er. „Ich kann nicht“, sagte
    der Reisende, „ich sagte schon, ich kann diese Blätter
    nicht lesen.“ „Sehen Sie das Blatt doch genau an“, sagte
    der Offizier und trat neben den Reisenden, um mit ihm
     zu lesen. Als auch das nichts half, fuhr er mit dem klei-
    nen Finger in großer Höhe, als dürfe das Blatt auf keinen
    Fall berührt werden, über das Papier hin, um auf diese
    Weise dem Reisenden das Lesen zu erleichtern. Der Rei-
    sende gab sich auch Mühe, um wenigstens darin dem
     Offizier gefällig sein zu können, aber es war ihm un-
    möglich. Nun begann der Offizier die Aufschri zu
    buchstabieren und dann las er sie noch einmal im Zu-
    sammenhang. „ ,Sei gerecht!‘ – heißt es“, sagte er, „jetzt
    können Sie es doch lesen.“ Der Reisende beugte sich so
     tief über das Papier, daß der Offizier aus Angst vor einer
    Berührung es weiter entfernte; nun sagte der Reisende
    zwar nichts mehr, aber es war klar, daß er es noch immer
    nicht hatte lesen können. „,Sei gerecht!‘ – heißt es“,
    sagte der Offizier nochmals. „Mag sein“, sagte der Rei-
     sende, „ich glaube es, daß es dort steht.“ „Nun gut“,
    sagte der Offizier, wenigstens teilweise befriedigt, und
    stieg mit dem Blatt auf die Leiter; er bettete das Blatt mit
    großer Vorsicht im Zeichner und ordnete das Räderwerk
    scheinbar gänzlich um; es war eine sehr mühselige Ar-
     beit, es mußte sich auch um ganz kleine Räder handeln,
    manchmal verschwand der Kopf des Offiziers völlig im
    Zeichner, so genau mußte er das Räderwerk untersuchen.
    [  ]
    Der Reisende verfolgte von unten diese Arbeit unun-
    terbrochen, der Hals wurde ihm steif, und die Augen
    schmerzten ihn von dem mit Sonnenlicht überschütteten
    Himmel. Der Soldat und der Verurteilte waren nur mit-
    einander beschäigt. Das Hemd und die Hose des Ver- 
    urteilten, die schon in der Grube lagen, wurden vom
    Soldaten mit der Bajonettspitze herausgezogen. Das
    Hemd war entsetzlich schmutzig, und der Verurteilte
    wusch es in dem Wasserkübel. Als er dann Hemd und
    Hose anzog, mußte der Soldat wie der Verurteilte laut 
    lachen, denn die Kleidungsstücke waren doch hinten
    entzweigeschnitten. Vielleicht glaubte der Verurteilte
    verpflichtet zu sein, den Soldaten zu unterhalten, er
    drehte sich in der zerschnittenen Kleidung im Kreise vor
    dem Soldaten, der auf dem Boden hockte und lachend 
    auf seine Knie schlug. Immerhin bezwangen sie sich
    noch mit Rücksicht auf die Anwesenheit der Herren.
    Als der Offizier oben endlich fertiggeworden war,
    überblickte er noch einmal lächelnd das Ganze in allen
    seinen Teilen, schlug diesmal den Deckel des Zeichners 
    zu, der bisher offen gewesen war, stieg hinunter, sah in
    die Grube und dann auf den Verurteilten, merkte befrie-
    digt, daß dieser seine Kleidung herausgenommen hatte,
    ging dann zu dem Wasserkübel, um die Hände zu wa-
    schen, erkannte zu spät den widerlichen Schmutz, war 
    traurig darüber, daß er nun die Hände nicht waschen
    konnte, tauchte sie schließlich – dieser Ersatz genügte
    [  ]
    ihm nicht, aber er mußte sich fügen – in den Sand, stand
    dann auf und begann seinen Uniformrock aufzuknöp-
    fen. Hiebei fielen ihm zunächst die zwei Damentaschen-
    tücher, die er hinter den Kragen gezwängt hatte, in die
     Hände. „Hier hast du deine Taschentücher“, sagte er
    und warf sie dem Verurteilten zu. Und zum Reisenden
    sagte er erklärend: „Geschenke der Damen.“
    Trotz der offenbaren Eile, mit der er den Uniformrock
    auszog und sich dann vollständig entkleidete, behandelte
     er doch jedes Kleidungsstück sehr sorgfältig, über die
    Silberschnüre an seinem Waffenrock strich er sogar ei-
    gens mit den Fingern hin und schüttelte eine Troddel
    zurecht. Wenig paßte es allerdings zu dieser Sorgfalt, daß
    er, sobald er mit der Behandlung eines Stückes fertig
     war, es dann sofort mit einem unwilligen Ruck in die
    Grube warf. Das letzte, was ihm übrig blieb, war sein
    kurzer Degen mit dem Tragriemen. Er zog den Degen
    aus der Scheide, zerbrach ihn, faßte dann alles

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