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Drucke zu Lebzeiten

Drucke zu Lebzeiten

Titel: Drucke zu Lebzeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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trat näher heran,
    ging, gefolgt von seinen Begleitern, zwischen den unbe-
    setzten Tischen hindurch, die vor dem Teehaus auf der
     Straße standen, und atmete die kühle, dumpfige Lu ein,
    die aus dem Innern kam. „Der Alte ist hier begraben“,
    sagte der Soldat, „ein Platz auf dem Friedhof ist ihm
    vom Geistlichen verweigert worden. Man war eine Zeit-
    lang unentschlossen, wo man ihn begraben sollte,
     schließlich hat man ihn hier begraben. Davon hat Ihnen
    der Offizier gewiß nichts erzählt, denn dessen hat er sich
    natürlich am meisten geschämt. Er hat sogar einigemal in
    [  ]
    der Nacht versucht, den Alten auszugraben, er ist aber
    immer verjagt worden.“ „Wo ist das Grab?“ fragte der
    Reisende, der dem Soldaten nicht glauben konnte.
    Gleich liefen beide, der Soldat wie der Verurteilte, vor
    ihm her und zeigten mit ausgestreckten Händen dorthin, 
    wo sich das Grab befinden sollte. Sie führten den Rei-
    senden bis zur Rückwand, wo an einigen Tischen Gäste
    saßen. Es waren wahrscheinlich Hafenarbeiter, starke
    Männer mit kurzen, glänzend schwarzen Vollbärten. Al-
    le waren ohne Rock, ihre Hemden waren zerrissen, es 
    war armes, gedemütigtes Volk. Als sich der Reisende
    näherte, erhoben sich einige, drückten sich an die Wand
    und sahen ihm entgegen. „Es ist ein Fremder“, flüsterte
    es um den Reisenden herum, „er will das Grab anse-
    hen.“ Sie schoben einen der Tische beiseite, unter dem 
    sich wirklich ein Grabstein befand. Es war ein einfacher
    Stein, niedrig genug, um unter einem Tisch verborgen
    werden zu können. Er trug eine Aufschri mit sehr klei-
    nen Buchstaben, der Reisende mußte, um sie zu lesen,
    niederknien. Sie lautete: „Hier ruht der alte Komman- 
    dant. Seine Anhänger, die jetzt keinen Namen tragen
    dürfen, haben ihm das Grab gegraben und den Stein
    gesetzt. Es besteht eine Prophezeiung, daß der Kom-
    mandant nach einer bestimmten Anzahl von Jahren auf-
    erstehen und aus diesem Hause seine Anhänger zur Wie- 
    dereroberung der Kolonie führen wird. Glaubet und
    wartet!“ Als der Reisende das gelesen hatte und sich
    [  ]
    erhob, sah er rings um sich die Männer stehen und lä-
    cheln, als hätten sie mit ihm die Aufschri gelesen, sie
    lächerlich gefunden und forderten ihn auf, sich ihrer
    Meinung anzuschließen. Der Reisende tat, als merke er
     das nicht, verteilte einige Münzen unter sie, wartete
    noch, bis der Tisch über das Grab geschoben war, ver-
    ließ das Teehaus und ging zum Hafen.
    Der Soldat und der Verurteilte hatten im Teehaus Be-
    kannte gefunden, die sie zurückhielten. Sie mußten sich
     aber bald von ihnen losgerissen haben, denn der Reisen-
    de befand sich erst in der Mitte der langen Treppe, die zu
    den Booten führte, als sie ihm schon nachliefen. Sie
    wollten wahrscheinlich den Reisenden im letzten Au-
    genblick zwingen, sie mitzunehmen. Während der Rei-
     sende unten mit einem Schiffer wegen der Überfahrt
    zum Dampfer unterhandelte, rasten die zwei die Treppe
    hinab, schweigend, denn zu schreien wagten sie nicht.
    Aber als sie unten ankamen, war der Reisende schon im
    Boot, und der Schiffer löste es gerade vom Ufer. Sie
     hätten noch ins Boot springen können, aber der Reisen-
    de hob ein schweres geknotetes Tau vom Boden, drohte
    ihnen damit und hielt sie dadurch von dem Sprunge ab.
    [  ]
    Ein Landarzt
    Kleine Erzählungen
    Meinem Vater
    Der neue Advokat
    Wir haben einen neuen Advokaten, den Dr. Bucephalus.
    In seinem Äußern erinnert wenig an die Zeit, da er noch
    Streitroß Alexanders von Macedonien war. Wer aller-
    dings mit den Umständen vertraut ist, bemerkt einiges. 
    Doch sah ich letzthin auf der Freitreppe selbst einen
    ganz einfältigen Gerichtsdiener mit dem Fachblick des
    kleinen Stammgastes der Wettrennen den Advokaten be-
    staunen, als dieser, hoch die Schenkel hebend, mit auf
    dem Marmor aulingendem Schritt von Stufe zu Stufe 
    stieg.
    Im allgemeinen billigt das Barreau die Aufnahme des
    Bucephalus. Mit erstaunlicher Einsicht sagt man sich,
    daß Bucephalus bei der heutigen Gesellschasordnung
    in einer schwierigen Lage ist und daß er deshalb, sowie 
    auch wegen seiner weltgeschichtlichen Bedeutung, je-
    denfalls Entgegenkommen verdient. Heute – das kann
    niemand leugnen – gibt es keinen großen Alexander. Zu
    morden verstehen zwar manche; auch an der Geschick-
    lichkeit, mit der Lanze über den

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