Druidenherz
stand keinen Augenblick lang still. Er schien nicht zu wissen, wohin er sich wenden sollte, ebenso wie Carney, doch dieser wartete am Eingang der Kammer. Seine Finger spielten mit dem Griff des Messers an seinem Gürtel.
Dian achtete nicht weiter auf die beiden. In Gedanken rief er nach Gwyd, während er sich daranmachte, die Fremde zu untersuchen. Sie war bewusstlos und spürte daher nicht, dass er ihren Arm vorsichtig abtastete und auch das Bein bewegte. Gebrochen war nichts, und die Blutungen waren inzwischen zum Stillstand gekommen.
Vielleicht waren ihre Verletzungen doch weniger schlimm, als sie auf den ersten Blick wirkten. Doch Dians Erfahrung sagte ihm, dass er nicht sicher sein konnte, sie wirklich durchzubringen. Nun, daran wollte er jetzt nicht denken.
Gwyd erschien. Erstaunen glitt über sein jungenhaftes Gesicht, als er die Frau vor Dian erblickte, doch er sagte nichts. Er würde keine Fragen stellen, sondern darauf warten, dass Dian ihn informierte – oder eben nicht.
Dian zählte rasch auf, was er brauchte, dann jagte er Beathan und Carney fort.
Beide verschwanden sofort und schienen froh, nicht in seiner Nähe bleiben zu müssen.
»Wie bist du nur hier hereingeraten?«, murmelte er und strich der jungen Frau über die Stirn. Sie wirkte so unschuldig und hilflos. Nichts Böses strahlte von ihr aus. Nein, sie war keine Botin der Fomore. Da war er sich ganz sicher. Trotz ihrer Verletzungen und dem vielen Blut und Schmutz erschien sie ihm doch wunderschön. Sehnlichst wünschte er sich, dass sie aufwachen möge, um mit ihm zu sprechen.
Lautlos kehrte Gwyd zurück.
Dian drehte sich nicht zu ihm um. Er wollte nicht, dass der Feenmann dabei war, wenn er die Wunden behandelte. »Stell die Sachen ab und geh dann.«
»Sehr wohl, Herr.«
Dian nahm die Kalebasse mit dem Kräutersud und wusch vorsichtig die Wunden aus. Wie er befürchtet hatte, fand er eine bereits weit fortgeschrittene Entzündung vor. Das Fleisch an ihrem Arm und dem verletzten Unterschenkel war heiß und geschwollen. Dian griff nach einem Messer und schnitt ihr die fremdartige Kleidung vom Leib. Viel trug sie nicht, ihre Hose endete bereits über den aufgeschürften Knien. Zu seiner Erleichterung verbargen sich unter dem Stoff keine weiteren Wunden. Er nahm eine Decke und legte sie vorsichtig über sie, ließ dabei aber die verletzten Stellen frei.
Die Frau bewegte sich leicht und stöhnte. Dann murmelte sie Worte in einer unbekannten Sprache.
Dian griff nach einer Phiole, entkorkte sie und hielt sie ihr an die Lippen. »Trink«, befahl er sanft und hoffte, dass sie ihn verstand. Gleichzeitig stützte er ihren Nacken und beobachtete sie genau.
Sie verzog schmerzvoll das Gesicht, dann richtete sich der Blick ihrer hellgrünen Augen auf ihn. Panik stand darin. Sie versuchte auszuweichen, doch Dian hielt sie fest. Das war nicht weiter schwierig, denn sie besaß kaum noch Kraft.
»Nicht. Du musst das trinken. Es wird dir helfen.« Oder dich endgültig umbringen.
Diese Betäubungstränke waren heikel. Dian setzte sie nicht gern ein, denn zu oft war jemand aus dem tiefen Schlaf nicht mehr erwacht oder nach dem Erwachen schwachsinnig geworden. Andererseits waren mithilfe dieser Tränke auch Behandlungen möglich, die im wachen Zustand niemand auszuhalten vermochte. Und was die Verletzungen der Frau anging, so konnte er nur hoffen, dass sie bald in den Schlaf fiel und nicht mitbekam, was er gleich tun musste.
Es schien, als verstünde sie seine Worte. Schluck für Schluck leerte sie die Phiole. Ihr Kopf sank zurück, fragend sah sie zu Dian hoch. Ihr Blick wirkte bereits leicht verschleiert, doch dies war auf den Schock, den Blutverlust und ihren stark geschwächten Zustand zurückzuführen. Die Wirkung des Tranks setzte nicht sofort ein.
Dian überlegte, ob er die junge Frau fragen sollte, wie sie hierhergekommen war, aber er entschied sich dagegen. Wenn sie überlebte, konnte sie seine Fragen auch später noch beantworten. Unverwandt hielt sie den Blick auf ihn gerichtet.
»Ich werde dir helfen«, flüsterte er und hoffte, dass er das wirklich konnte. Seine eine Hand hielt er weiterhin an ihrem Hinterkopf, die andere lag auf ihrem unverletzten Arm. Vielleicht war es noch nicht zu spät.
Ihr Atem ging flach, aber gleichmäßig. Die Schmerzen schienen schon nachzulassen, denn ihre Gesichtszüge entspannten sich. Immer wieder sanken ihre Lider herab, doch sie schien gegen die Müdigkeit ankämpfen zu wollen. Kaum schlossen sich ihre
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