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Druidenherz

Druidenherz

Titel: Druidenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Ness
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konnte. Etwas Ähnliches war Beathan selbst passiert. Sollte das der Fall sein, hätten sie wohl fortan einen zweiten Halbgeist in Annwn. Keine angenehme Vorstellung – aber vielleicht hatte sie ja einen anderen Charakter als Beathan. Das blieb zu hoffen, denn es gab keine Möglichkeit, diesen Zustand zu ändern – es sei denn, man entschied sich, die Person vollständig zu vernichten. Und das war etwas, das niemand Beathan antun wollte.
    Manchmal kam es dazu, dass dieser Gedanke durch die Luft schwebte, gedacht von Wesen, die sich entsetzlich über den Halbgeist geärgert hatten. Beathan wusste das, denn obwohl seine Fähigkeiten begrenzt waren und er keine Telepathie beherrschte, so hatte er doch gelernt, sehr genau in Gesichtern zu lesen und Stimmlagen zu deuten.
    »Sicherheitshalber haben wir sie in einen Käfig gesperrt«, erklärte der Halbgeist, während er vor Dian durch die langen Gänge schritt. Inzwischen hätten sie hier Platz genug gehabt, um nebeneinander gehen zu können, doch Beathan schien darauf bedacht, so viel Abstand wie möglich zu Dian zu halten. »Sie hatte eine verzauberte Tasche bei sich. Aber hab keine Sorge, Herr, ich warf sie ins Feuer. Also – die Tasche. Und dann war es aus mit dem Zauber.«
    Diese Frau sollte eine Tasche, also einen toten Gegenstand verzaubert haben? Dian konnte sich nicht vorstellen, wie das funktionieren sollte. Man konnte Magie nur an sich selbst oder etwas Lebendigem wirken oder allenfalls noch an einem Werkzeug, das man bei sich führte. Es war möglich, ein Messer so zu verzaubern, dass es besonders viel Schaden anrichtete. Des Weiteren konnte man mit Magie Illusionen heraufbeschwören, etwa eine Nebelwand oder einen Wasserwirbel. Aber auch dazu bedurfte es großer Kräfte. Und ins Feuer werfen konnte man etwas so Gezaubertes schon gar nicht, da es eben nicht real war.
    Beathan öffnete eine Tür und ließ Dian vorangehen. Hier hielten sich der Halbgeist und Carney meistens auf.
    Der bittere Geruch des Feuers hing in der Luft. Das Holz glimmte nur noch, doch es war auch so recht warm. Talglichte warfen einen gleichmäßigen Schein auf den Käfig und die darin liegende Gestalt.
    Mit wenigen Schritten war Dian bei ihr. Es handelte sich tatsächlich um eine Frau. Eine menschliche Frau, jung, zierlich – und in einem katastrophalen Zustand. Getrocknetes Blut klebte an ihrem Arm und Bein und bildete dunkle Flecken auf ihrer Kleidung. Weiterer Schmutz befand sich auf den Stoffen, und überhaupt wirkte die Frau, als sei sie einem Dämon in die Hände gefallen. Sie lag völlig reglos da, die Augen geschlossen, das Gesicht verschmiert mit Blut und Schmutz. Um sie herum breitete sich ihr langes blondes Haar aus. Ein Teil davon war noch geflochten, die meisten der Strähnen hatten sich jedoch gelöst. Ihr Gesicht war von milchweißer Blässe, ebenso waren die Lippen zu hell und ihre Körpertemperatur zu niedrig. Dennoch besaß sie etwas Faszinierendes, Geheimnisvolles. So krank und bedauernswert sie im Moment auch aussah, strahlte dennoch noch etwas anderes von ihr aus.
    Sie nur anzusehen, berührte etwas tief in Dian. Er konnte es sich nicht erklären, und jetzt war keine Zeit, es näher zu ergründen, daher schob er diese Empfindungen zur Seite und konzentrierte sich ganz auf die Frau. Er spürte ihren Lebensfunken. Er war schwach, aber noch flackerte er und gab ihr die Chance, zu leben – auch wenn diese sehr gering war und nicht nur davon abhing, dass ihre Wunden korrekt versorgt wurden. Vieles lag auch an ihrem Willen.
    Abermals sammelte Dian seine Konzentration und riss die Holzstangen aus dem Boden. Achtlos warf er sie beiseite, überhörte die protestierenden Rufe von Beathan und Carney und beugte sich über die Verletzte. Sie brauchte dringend Hilfe, wenn es nicht sowieso schon zu spät war. Der Blutverlust schien groß zu sein, und die Wunden sahen schrecklich aus. Wenn es ihm nicht gelang, die Entzündung aufzuhalten, würde sie den Arm und das Bein verlieren – und vermutlich auch ihr Leben. Sie musste unverzüglich behandelt werden.
    Zorn auf Beathan regte sich in ihm. Warum hatte der Halbgeist ihn nicht sofort geholt? Nun, darum würde er sich später kümmern. Im Augenblick war die Frau wichtiger als alles andere.
    Ohne zu zögern, hob er sie auf seine Arme, trug sie in eine ungenutzte Kammer und legte sie vorsichtig auf einen leeren Tisch. Er spürte Beathans Anwesenheit. Der Halbgeist war ihm gefolgt, hielt sich jedoch einige Schritte entfernt und

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