Druidenherz
Schwester oder den Fomoren. Und auch nichts darüber, was ich getan habe, um ihr Leben zu retten.« Zumindest nicht bewusst, denn dass sie ihn davon abgehalten hatte, in den Abgrund des Vergessens zu geraten, war, wenn sie sich überhaupt daran erinnerte, für sie sicher nur ein Traum.
»Wie kannst du da so sicher sein? Hat sie dich mit ihren goldenen Haaren und dem schönen fremden Gesicht verzaubert? Ich hörte, sie hat Augen wie grüne Edelsteine.«
»Sie ist verletzt und sehr krank. Und ich bin Heiler. Das ist alles.« Er wusste selbst, wie wenig überzeugend das klang. Dennoch war es wichtig, Dayana von ihrer Wut auf Imogen abzubringen. Gegen die Kriegerin hätte sie nicht die geringste Chance.
»Ich will Gerechtigkeit für meine Schwester!«
»Du bringst Elaya nicht dadurch zurück, dass du eine unschuldige Frau tötest«, sagte Dian ruhig.
Sie öffnete den Mund, schloss ihn dann aber, ohne etwas zu sagen. Doch in ihrem Gesicht stand weiterhin deutlich Zorn.
»Die Fomore haben Elaya getötet«, fuhr Dian fort. »Und du weißt, wie gefährlich, heimtückisch und hinterhältig sie sind.«
»Ja, weil ich nicht genug aufgepasst habe.« Sie wandte den Kopf ab. Ein kaum merkliches Zittern überlief ihren schlanken Körper.
Dian begriff, dass sie sich selbst die Schuld gab. Sie wollte gern auf jemand anderen zornig sein. Auf die Fomore, auf ihn, auf Imogen – um von ihrer eigenen Schuld befreit zu werden. »Elaya war eine Kriegerin. Und sie war sehr gut.«
»Nein.« Nun sah Dayana ihn direkt an. »Weder war sie gut, noch besaß sie das Herz einer Kriegerin. Sie wollte kämpfen, weil ich eine Kriegerin bin und sie sein wollte wie ich. Die Ausbildung bereitete ihr Schwierigkeiten. Sowohl die Disziplin als auch die Kampfkunst. Ich dachte, das würde sich eines Tages bessern. Oder sie würde einsehen, dass sie nicht zur Kriegerin geboren ist und einen anderen Weg einschlagen sollte. Aber sie wollte bei mir bleiben. Und ich glaubte, dass es funktionieren würde. Dass ich sie schon beschützen könnte, wenn es zu echten Kämpfen käme. Sie blieb ja für gewöhnlich hinter mir, gab mir Rückendeckung. Das ging sehr gut und stärkte ihr Selbstbewusstsein. Sie war nicht besonders geschickt im Umgang mit dem Messer, aber aufmerksam. Das ist eine gute und wichtige Fähigkeit für eine Kriegerin.«
»Sie hat dich wirklich geliebt und bewundert«, sagte Dian behutsam. »Und sie wäre niemals bei dir geblieben, wenn du ihr nicht so wichtig gewesen wärst. Bevor sie starb, hat Elaya noch darüber gesprochen, wie ihr Seite an Seite gegen die Fomore gekämpft habt. Es war ihr Weg und das, was sie wirklich wollte.«
Dayana schwieg.
»Sei nicht zu streng mit dir.« Leicht berührte Dian sie an der Schulter.
Sie presste die Lippen fest zusammen.
Dian beschloss, es damit gut sein zu lassen, jedenfalls für heute. Dayana war keine Frau, die über Gefühle sprach. Dass sie ihm diesen kurzen Einblick in ihr Seelenleben gewährt hatte, war ihrer eigenen Gefühlsverwirrung zuzuschreiben. Er hoffte nur, dass sie wirklich keine Gefahr für Imogen darstellte.
7
Am nächsten Tag – zumindest nahm Imogen an, dass eine Nacht dazwischen liegen musste – kam Dian und brachte sie in einen größeren Raum. Er schien zentraler zu liegen, denn hier bekam sie Geräusche mit, hörte Stimmen, Gemurmel, Schritte, Lachen. Das gefiel ihr. Die Abgeschiedenheit hatte etwas Beklemmendes und Beängstigendes an sich gehabt. Nun konnte sie sich leicht vorstellen, dass sie einfach nur in einer Art unterirdisch liegender Firma gelandet war. Auch wenn sie nach wie vor keine Ahnung hatte, an was hier gearbeitet wurde und warum das Personal so seltsam war.
Die Einrichtung unterschied sich allerdings nicht von der in dem ersten Zimmer. Ihre Liege befand sich jetzt an der hinteren Wand, und dazu gab es einen Tisch und zwei dreibeinige Hocker aus Holz. Gegenüber stand ein weiterer Tisch mit einer kleinen Waschschüssel. Nicht gerade luxuriös, aber sie würde sich nicht beschweren. Schließlich handelte es sich nicht um ein bezahltes Hotelzimmer.
Außerdem ging es ihr inzwischen besser. Zwar konnte sie noch nicht allein laufen, aber das Gefühl der totalen Erschöpfung und Schwäche war fast vollständig verschwunden. Nur wenn sie sehr lange aufrecht saß oder mit Gwyds oder Dians Hilfe zu der kleinen Waschschüssel humpelte, um eine notdürftige Katzenwäsche vorzunehmen, spürte sie noch, dass sie sich nicht überanstrengen durfte.
Geduld war nie
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