Druidenherz
ihre Stärke gewesen, aber nun blieb ihr nichts anderes übrig, als abzuwarten. Doch sie sehnte sich nach Büchern, einem Fernseher oder sonstigem Zeitvertreib. Nur herumzuliegen und zu völliger Tatenlosigkeit verdammt zu sein, war schrecklich. Sie schlief viel.
»Was macht ihr hier eigentlich in eurer Freizeit?«, fragte sie Dian, als sie aufrecht saß und gerade ein karges Mahl aus heißer Brühe, etwas trockenem Brot und einem Stückchen sehr scharf schmeckendem Ziegenkäse genossen hatte. Endlich durfte sie wieder richtige Nahrung zu sich nehmen. Sie war immer noch furchtbar und das Essen gar nicht nach ihrem Geschmack. Doch sie beschwerte sich nicht, zumal Dian oftmals mit ihr zusammen aß und die rustikalen Speisen für ihn ganz selbstverständlich zu sein schienen. Das Brot schmeckte viel intensiver als das, was sie von zu Hause kannte. Es war dunkler und deutlich gröber in der Schrotung. Zuerst war es ungewohnt, doch inzwischen mochte sie es sogar halbwegs. Und dass es weder Orangenmarmelade noch Schokoladencreme dazu gab, störte sie nur ein kleines bisschen.
»Freizeit?«, wiederholte Dian. Er hatte sich einen der Hocker neben ihre Liege gestellt. Die Unterarme locker auf die leicht gespreizten Beine gestützt, saß er da und machte einen ganz entspannten Eindruck.
»Ja, Freizeit. Was sind deine Hobbys?«
»Ich verstehe nicht, was du meinst.«
Schon wieder verstand er sie nicht! Dabei war sie sicher, die richtigen Vokabeln benutzt zu haben. »Wenn du nicht arbeitest, womit verbringst du dann deine Zeit?«
»Im Moment damit, mich mit dir zu unterhalten«, antwortete er und schenkte ihr dabei ein Lächeln, das einen ganzen Schwarm Schmetterlinge durch ihren Bauch flattern ließ.
»So hab ich das nicht gemeint«, murmelte sie und fühlte, wie ihr Hitze in die Wangen stieg. Es verwirrte sie immer noch, welch unglaubliche Wirkung allein Dians Gegenwart auf sie hatte. So etwas hatte sie nie vorher erlebt – und auch gar nicht für möglich gehalten.
»Wie hast du es dann gemeint?« In seinen braunen Augen funkelte es.
Imogen wurde noch heißer. Eine Felldecke lag über ihren Beinen und reichte bis zur Taille. Da es recht kühl war und sie leicht fror, war es eigentlich angenehm, aber im Moment hätte sie die Decke am liebsten zur Seite geschleudert. »Was würdest du jetzt machen, wenn ich nicht hier wäre?«
»Das hängt davon ab, was gerade geschieht, wo ich gebraucht werde, wonach ich sehen will.«
Seltsame Antwort. Aber er war ja auch ein seltsamer Mann. »Also immer bei der Arbeit?«
»Es sind meine Aufgaben.«
»Was ist mit Urlaub?«
»Ich verstehe nicht.«
»Freie Zeit. Also eine Zeitspanne, in der du nicht hier bist und jemand anders deine Aufgaben erledigt.«
»So etwas gibt es nicht.« Er sah sie so erstaunt an, als wisse er nicht einmal, dass es anderswo sehr wohl üblich war, Urlaub zu nehmen. Ob das auch für Gwyd und alle anderen hier galt? Dian jedenfalls schien nur für seine Arbeit zu leben. »Ich habe meine Pflichten, die ich erfülle. Das endet nie. Jedenfalls nicht, solange ich lebe.«
Das mochte ja stimmen, aber dass er rund um die Uhr und sieben Tage die Woche für alles und jeden hier verantwortlich war, erschien ihr völlig abstrus. Und keinen Urlaub haben zu dürfen, war ganz bestimmt gesetzeswidrig. Okay, er war wohl sein eigener Chef, aber dennoch erschien es ihr übertrieben, dass er sich so gar keine Erholungsphasen gönnte. Noch dazu, wo er nicht den Eindruck machte, damit viel Geld zu verdienen. Bisher hatte sie ihn nur in einfachen Leinenhemden und ledernen Hosen gesehen. Meist hielt er sein langes Haar mit einem Lederband im Nacken gebändigt, und einen modernen Rasierer benutzte er wohl auch nicht, denn auf seinen Wangen zeigte sich stets ein dunkler Bartschatten. Das passte natürlich alles wunderbar zu dem Bild des geheimnisvollen Abenteurers. Verwegen, attraktiv, dazu gedacht, die Phantasie einer Frau anzuregen. Dennoch hätte Imogen liebend gern mehr über ihn und sein Leben erfahren. Wovon träumte er? Was waren seine Ziele, seine Wünsche? Woran dachte er, wenn er abends allein im Bett lag?
Dian füllte Wasser aus einer Karaffe in einen Becher und reichte ihn Imogen. »Sicher hast du Durst.«
»Danke.« Sie hätte sich das Wasser leicht selbst nehmen können, da alles in ihrer Reichweite stand.
Einen Augenblick länger als nötig ließ Dian seine Finger an dem Becher, sodass sie an den Spitzen Imogens berührten.
Es durchzuckte sie wie ein kleiner
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