Druidenherz
er doch keinen hohen Stellenwert mehr ein. Doch zumindest musste niemand mehr Verfolgung und Tod befürchten, wenn er zu Göttern betete, die nichts mit dem Christengott und seinen Geboten gemein hatten.
»Ich aber nicht! Während meines Studiums habe ich mich zwar mit den Mythen, Legenden und Sagen beschäftigt, aber damit hatte es sich dann auch. Ich meine, wir leben schließlich im 21. Jahrhundert, da ist es schon ein bisschen seltsam, noch an die alten Götter zu glauben. Oder gar ihre Feste zu feiern. Wobei ich das natürlich keinesfalls verurteilen will«, fügte sie rasch hinzu. »Ich respektiere deinen Glauben.«
Sie redete wirklich seltsames Zeug. Aber Dian wollte nicht fragen, wer sie so erzogen hatte und woher ihre Ansichten und ungewöhnlichen Erklärungen kamen. Bald schon würden sich ihre Wege trennen, und sie würden einander nie wieder begegnen.
»Habe ich dich beleidigt?« Sie klang unsicher, und er spürte die Anspannung in ihrem zierlichen Körper. »Sorry, das wollte ich wirklich nicht. Ich bin Engländerin, und an der Universität, an der ich bis vor Kurzem studiert habe, ging es sehr locker zu. Religion war bei den allermeisten kein Thema, jedenfalls nicht in der Öffentlichkeit. Und auch nicht bei mir zu Hause.«
»Du hast mich nicht beleidigt«, sagte er.
Sie stieß die Luft aus. »Da bin ich wirklich erleichtert. Deine Sprache habe ich zwar gelernt, aber es ist nicht so leicht für mich. Na ja, ich dachte zumindest, ich hätte sie gelernt, aber nun merke ich, welche Defizite ich immer noch habe.«
»Du beherrschst sie sehr gut.« Damit log er nicht. Auch wenn sie oft etwas sagte, das ihm verwirrend erschien, und Wörter benutzte, die er nie zuvor gehört hatte, so sprach sie doch fließend. Auch wenn natürlich jeder in Annwn sofort hören würde, dass sie nicht von hier stammte.
»Mag sein. Dennoch habe ich das Gefühl, wir reden laufend aneinander vorbei. Und dass du gar nicht verstehst, was ich ausdrücken möchte.«
Den gleichen Eindruck hatte er auch. Aber dafür konnte sie ja nichts. »Mach dir nicht so viele Gedanken«, sagte er freundlich und streichelte ihr über den Rücken. Er sollte es besser nicht so sehr genießen, sie in seinen Armen zu halten.
»Also willst du mich wieder in den Schlaf schicken.«
»Nein.« Dian lehnte seine Wange an ihre Schläfe. »Wenn du müde bist, dann schlaf. Und wenn du wach bleiben willst, dann bleib wach. Versuch nur nicht, durch die Gegend zu laufen.«
Sie seufzte. »Das kann ich doch sowieso nicht.«
Überrascht blickte er ihr ins Gesicht. »Das einzusehen, ist klug von dir.«
Ihre Nase krauste sich.
Wieder fühlte sich Dian von großer Zärtlichkeit zu dieser zierlichen jungen Frau übermannt. Besser, er ging sofort auf Abstand. Mit großer Anstrengung löste er sich von ihr. »Ruh dich aus. Wenn du etwas brauchst, dann schick Gwyd nach mir. Er wird in deiner Nähe bleiben. Scheue dich nicht, ihm zu sagen, was du möchtest.«
Ohne sich noch einmal nach ihr umzudrehen, verließ Dian den Raum. Imogen ging es im Moment gut genug; er musste nicht bei ihr bleiben. Zumindest versuchte er sich das einzureden, auch wenn alles in ihm danach drängte, auf der Stelle kehrtzumachen und sich an ihre Seite zu schmiegen, sie in den Armen zu halten.
Doch neben dem Entschluss, auf Abstand zu ihr zu bleiben, gab es noch einen anderen Grund für ihn zu gehen. Er musste seine Präsenz als Herrscher über diesen Teil Annwns zeigen. Gwyd hatte ihm zugetragen, dass es gut wäre, wenn er sich öfter zeigte.
Dian dachte an Dayana und die anderen Krieger. Seit dem Tod ihrer Schwester hatte er die junge Frau nicht mehr gesehen. Hätte es Komplikationen mit ihrer Verletzung gegeben, wäre er sicherlich benachrichtigt worden. Demzufolge ging es ihr körperlich wohl gut. Dennoch bot sich ihm so ein unverfänglicher Vorwand, nach ihr zu sehen.
Wie vermutet fand er sie im Quartier der Krieger. Es handelte sich um ebenes Land, ideal für Kampfübungen. Schon beim Näherkommen hörte er das Klirren aufeinandertreffender Schwerter.
Ein halbwüchsiger Junge verbeugte sich vor ihm. Dian lächelte ihm zu und ging weiter. Er hatte Dayana erspäht. Sie saß auf einem Felsen, die Arme um ein angewinkeltes Knie gelegt, und sah ihn in diesem Moment ebenfalls. Ihr Kopf wandte sich in die entgegengesetzte Richtung, ein deutliches Zeichen, dass sie kein Gespräch mit ihm wünschte.
Ein Seufzen unterdrückend, trat Dian auf sie zu und gab den beiden bei ihr sitzenden
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