Dryadenliebe (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)
Wisbuns!“
Ein Wisbunpärchen, winzig und bewaffnet, ging in den Kreis. Etwas
irritiert schaute Simon Fehr auf sein Pergament, dann hob er den Blick
und fügte hinzu:
“und seine Begleitung.“
Vereinzelt hörte man leises Gekicher. Wo die Wächterswinkler nur
wenige Schritte benötigt hatten, tippelten die kleinen
menschenähnlichen Gestalten eine ganze Weile durch den Kreis, bis sie
vor Daan und Ria standen. Selbst zu einem Bundschluss waren die
schüchternen Wesen misstrauisch genug, um sich nach allen Seiten
sichernd umzusehen, bevor der männliche Wisbun sich räusperte und
dann an Daan und Ria wandte.
„Chrm, du hast unsere Zustimmung. Die der Wisbuns, meine ich.“ Er
sah zu dem Weibchen; seine Gefährtin nickte. „Also, alles Gute und
gesunde Würfe.“
Daan lächelte freundlich, und Ria sagte zum ersten Mal etwas.
„Danke!“ flüsterte sie sacht, als wolle sie die Wisbuns nicht erschrecken.
Hastig drehten die kleinen Wesen ab und rannten beinah aus dem Kreis,
jedoch nicht, ohne dass der Wisbun einen der noch grauen Steine
berührt hätte.
„Warum berührt nur das Männchen den Stein?“ flüsterte Julie Mathys
zu.
Mathys Stimme blieb vollkommen ernst, er hatte sein ganzes Leben mit
den schüchternen Geschöpfen zu tun gehabt.
„Das Männchen ist alleine der Herrscher der Wisbuns- aber ohne seine
Frau hätte er sich nicht in den Kreis getraut…“
Julies Schultern bebten verhalten. Doch sie wurde sofort wieder ernst,
denn jetzt wurde der König der Minuiten aufgerufen und trat in den
Kreis. Sein Umhang war zu weit, deshalb rutschte der schwere Stoff
immer wieder nach vorne und verdeckte das prächtige goldene Zepter.
Langsam stolzierte Jornes Minuit auf das Pärchen zu und warf alle paar
Schritte seinen prächtigen Umhang erneut über die Schulter. Schließlich
blieb der Minuit stehen und zerrte fluchend am Umhang, bis er schief
saß und so das Zepter frei ließ. Doch der schiefe Kragen des Umhangs
bot nun keinen genügenden Widerstand mehr für die zu groß geratene
Krone, die zu rutschen begann. Endlich stand der Minuitenkönig vor
Daan, eine Hand unköniglich an der schiefen Krone. Er schien die
Spannung zu genießen, die sein Auftritt auslöste, denn er ließ sich Zeit
mit seiner Zustimmung.
„Wir sind ja nicht gerade als Freunde der Elfen bekannt“, er machte eine
Pause, „deshalb ist es uns eigentlich egal, welches Spitzohr wann mit
wem den Bund eingehen will.“
Daans sonst so glatte Stirn zog sich in vielen Falten zusammen.
„Andererseits habe ich mit einigen von ihnen“ - sein Blick huschte zu
Bamoth, der dunkel und drohend am Rand des Kreises stand und IyelAton bewachte- „schon gute Geschäfte gemacht. Was soll´s, unsere
Zustimmung habt ihr.“ Er verbeugte sich tief, doch nicht vor Daan und
Ria, sondern vor der Menge um den Kreis herum, als spiele er für ein
Publikum. Jornes Minuit war noch nicht am Ende seines Auftrittes. Eine
Hand an der Krone, die andere auf dem Zepter, ging er zügig bis an den
Rand des Kreises ohne den Stein anzufassen. Sein Bein hing schon in der
Luft über der Linie. Die Menge stöhnte leise auf.
„Ach, hätte ich fast vergessen…“
Der König der Minuiten griff gelangweilt hinter sich und berührte den
Stein zumindest mit den Fingerspitzen, bevor er seinen Fuß auf den
Boden außerhalb des Kreises aufsetzte. Julie war nicht die Einzige, die
die Luft angehalten hatte und nun erleichtert ausatmete.
„Die Hüterin Anouk, Vertreterin der Menschen!“ rief Simon Fehr.
Anouk trat in den Kreis. Raschelnd bauschte sich die Seide ihres Rockes
um die Beine der Hüterin; inzwischen waren genügend Steine
erleuchtet, dass man das tiefe, dunkle Rot des Kleides wieder
schimmern sehen konnte. Anmutig neigte sie zur Begrüßung den Kopf
vor Daan und Ria. Obwohl sie leise sprach, trug Anouks Stimme
weithin, wie üblich.
„Ihr habt die Zustimmung der Menschen zu diesem Bund, möge er ewig
halten!“
Mit der linken Hand führte Anouk eine knappe Bewegung aus und
feiner Nebel perlte aus dem Gras auf dem Boden des Kreises. Die
kleinen Tröpfchen schwebten in der Luft, als hätten sie ein Eigenleben
und bildeten Muster und Linien. Anouk betrachtete die Muster eine
Weile, kein Laut durchbrach die Stille. Dann strahlte sie die beiden an.
„Ich freue mich schon auf eure Kinder, wir dürfen großes von ihnen
erwarten.“
Bamoth zischte verächtlich; Julie war verwirrt. Hatte Anouk ihr nicht
immer wieder gesagt, die Weissagung mittels des Nebels
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